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Der zerbrochene Kelch

Der zerbrochene Kelch

Titel: Der zerbrochene Kelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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einem Satz bei dem Apparat und nahm den Hörer ab.
    »Wie sieht’s aus, Jarvis?«
    »Es gibt schlechte Nachrichten, Sir. Unser Mann in Delphi ist tot.«
    »Na und? Dann schick einen von deinen Männern hin, der die Kylix holt.«
    Rigby zögerte. Er hatte Angst, Fenton die Wahrheit zu sagen. »Das geht nicht. Die … die Kylix wurde zerstört«, erwiderte er schließlich.
    »Sie wurde was?«, schrie Fenton ins Telefon.
    »Sie liegt zerschellt in der Kastalischen Schlucht.«
    »Verdammt! Wie konnte das passieren!«
    »Es war nicht unsere Schuld, Sir. Die Frau und der Grieche haben uns dazwischengefunkt.«
    »Natürlich war es eure Schuld! Wenn deine Affen sich nicht so blöd angestellt und die Kylix rechtzeitig gestohlen hätten, hätten wir jetzt kein Problem. Idioten!« Er knallte den Hörer aufs Telefon und stieß wütend mit dem Fuß gegen einen schmalen Ziertisch, der krachend unter seinem Tritt zusammenbrach.
    Wie sollte er das Lord Durnham erklären? Fenton warf sich in einen der schweren Damastpolstersessel und starrte wütend auf den zerbrochenen Tisch vor seinen Füßen. Seine Finger krallten sich in die weiche Armlehne, als wäre es der Hals von Karen Alexander. Sie war ihm also schon wieder in die Quere gekommen. Das würde sie ihm eines Tages büßen. Da war er sich ganz sicher.

66
    Hamburg
    Obwohl es schon Abend war, stand die Sonne noch hoch über dem silbern glänzenden Wasser der Außenalster, als Julius Reinhold an einem der großen Fenster seines Büros stand und mit einem Glas von Artois’ Lieblingschampagner die erfolgreiche Mission seines Patenkindes feierte. Vor wenigen Minuten hatte er noch mit seinem französischen Freund telefoniert und über Karens Reise nach Athen und Delphi gesprochen.
    »Sie hat es also wieder geschafft, Julius?«
    »Oui, Apollons Kylix ist zerstört. Niemand wird mehr auf die Idee kommen, sie nochmals zusammenzusetzen. Sie ruht für immer in der Kastalischen Schlucht.«
    »Excellent, Julius, excellent. Sagte ich dir nicht, dass wir uns auf Karen verlassen können?«
    »Nun, ich erinnere mich aber, dass du am Anfang ziemliche Bedenken hattest, ob sie es schaffen würde.«
    »Ja, das stimmt. Ich hatte befürchtet, dass wir sie diesmal überfordern würden.«
    »Aber wir hatten keine andere Wahl. Es war ihre Aufgabe. Sie musste sich ihr stellen.«
    »Oui. Wann sehen wir uns mal wieder, mein alter Freund?«
    »Ich weiß nicht? Bei dir in Frankreich fangen doch bald die Sommerferien an. Vielleicht komme ich dann mal bei dir vorbei, Étienne.«
    »Bon. Grüß dein Patenkind von mir, und sag ihr, dass sie die Chose in Delphi gut gemacht hat.«
    Julius lachte. »Das wird sie nicht verstehen, da ihre Arbeit mit dem Delphi-Manuskript ja jetzt erst beginnt. Dass sie ihre richtige Arbeit bereits erledigt hat, weiß sie ja nicht.«
    Artois stöhnte leise. »Selig sind die Unwissenden, denn ihnen gehört das Himmelreich. Tut mir leid, Julius, aber ich muss das Telefonat leider beenden. Bis zu den Sommerferien muss ich hier noch einiges erledigen, und Monsieur Escard steht schon in der Tür und gibt mir Handzeichen, dass mein nächster Gast auf mich wartet. Also, au revoir, mon ami.«
    »Au revoir, Étienne.«
    Das Telefonat hatte nur wenige Minuten gedauert, aber es hatte beiden eine schwere Last von ihren Seelen genommen. Karen hatte es tatsächlich wieder geschafft. Sehr gut.
    Julius nippte an dem Champagner und ließ den Blick über die grüne Spitze des Hamburger Rathausturms gleiten, die ihm auf der gegenüberliegenden Seite der Alster den Weg zum Himmel zu weisen schien. Er prostete der patinierten Kuppel zu, als hinter ihm ein Klopfen ertönte und Karen die schwere Eichentür seines Büros öffnete. Julius begrüßte sie mit einem Lächeln, das durch den Champagner noch etwas herzlicher ausfiel, und umarmte sie.
    »Karen, meine Liebe! Komm, setz dich.«
    Karen nahm wie immer in dem alten Ledersessel vor Julius’ Schreibtisch Platz, während er sich auf seinen Lehndrehstuhl hinter den Tisch setzte.
    »Wie geht es dir? Wo ist Michael? Ist er nicht nach Hamburg mitgekommen?«
    »Doch, aber ich wollte allein mit dir reden.«
    »Soso. Und warum?«
    »Weil ich wissen will, warum du mich nach Delphi geschickt hast.«
    Julius wurde vorsichtig. »Nun, es ist ein wichtiger Ort der Menschheitsgeschichte. Ich wollte, dass du mit deinem Buch einen Teil dazu beiträgst, dass die Erinnerung an Delphi bestehen bleibt.«
    »Mehr Gründe hattest du nicht?«
    »Nein. Welche hätten das denn

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