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Der Zimmerspringbrunnen

Der Zimmerspringbrunnen

Titel: Der Zimmerspringbrunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Sparschuh
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Zeichentrickfilm konzentrieren.
    Im Hobbyraum las ich wieder und wieder Julias Karte. Lange überlegte ich, ohne zu einem Schluß zu kommen. Dann riß ich die Vorderseite ab, kniffte die beschriebene Seite in der Mitte durch und riß sie ebenfalls auseinander. Die obere Hälfte verwahrte ich im Dokumentenfach (linke Schreibtischhälfte, mittleres Schubfach), die untere steckte ich mir in die Hosentasche.
    Das werden wir ja sehen!
    Dieser Satz, der da auf einmal in mir laut geworden war, trieb mich jetzt an, trieb mich durch die Wohnung – »Das werden wir ja sehen!« Im raschen Vorbeigehen klickte ich den Fernseher aus. Zu dem verwundert aufblickenden Freitag aber sagte ich: »Los, auf! Es wird Zeit, mein Lieber, daß wir unseren hübschen kleinen Robinson-Club hier auflösen. Marsch!«
    Im Schlafzimmer hatte ich den Rucksack aufs Bett gestellt. Ich packte alles, was mir wichtig war, ein. Es war nicht viel. Ich sah mich um. Jetzt kam das Wichtigste: Unter Julias Kopfkissen zog ich – sie hatte es damals vergessen – das lindgrüne Nachthemd hervor. Ich preßte mein Gesicht hinein. Julias Duft stieg mir zu Kopf. Er brachte mich um den Verstand.
    Danach, als es wieder ging, ging ich in die Küche und holte einen Tiefkühlgefrierbeutel. Darin verstaute ich das Nachthemd. Den Beutel verschloß ich luftdicht und stopfte ihn in meine Manteltasche.
    Den Kühlschrank räumte ich leer. Auch die zwei Brote, die ich für die Feiertage gekauft hatte, schob ich in den Rucksack. Zwischendurch mußte ich immer wieder lachen: Das wäre ja gelacht!
    Ein letzter Kontrollgang durch die Wohnung – dann zog ich mir meine gefütterten Winterstiefel an.
    Ich pfiff Freitag zu mir heran.
    Unschlüssig näherte er sich. Da packte ich ihn mir am Halsband, hielt ihn fest; mit der anderen Hand holte ich die aromageschützte Verpackung aus meiner Manteltasche, öffnete sie ein Stück und ließ Freitag am Nachthemd schnuppern.
    Er begann zu winseln, dann bellte er. Er hatte, im Unterschied zu mir, seine Sprache wiedergefunden.
    »Brav, Freitag, brav! Bist ein guter Hund!« Ich verpackte das Nachthemd wieder luftdicht und gab Freitag einen leichten Klaps: »Such, Freitag! Such! Such unser Frauchen! Such!«
    Die Hundeleine straffte sich. Freitag hatte schnell begriffen, daß es nun hinausgehen würde – in die weite, weite Welt!
    Ich mußte ihn nur noch einmal kurz an der Türklinke festmachen; ich hatte etwas vergessen. Aus dem Hobbyraum holte ich mir meine neue chemiegrüne Strickmütze. Vor dem Flurspiegel setzte ich sie mir auf – als Erkennungszeichen!
    Unten im Treppenhaus hielt ich inne. Ich sah nach oben. Ganz so sang- und klanglos wollte ich denn doch nicht verschwinden.
    »Kommt doch endlich raus aus euern Höhlen!«
    Mein Ruf hallte durch den Treppenhausschacht.
    »Bitte! Ihr Idioten!« (Freitag bellte zur Bekräftigung.) Ich wollte die Haustür krachend ins Schloß werfen, aber die Pneumatik dämpfte schnaufend den wütenden Schwung.
    Draußen war es kalt, aber nicht sehr.
    Von fern die Geräusche rangierender Züge. Schneeregen. Die Müllcontainer glänzten. In den Fenstervierecken blinkten elektrische Schwibbögen. Oben kein Himmel, nur undurchsichtiges Grau.
    Ich zog mir die Mütze tief ins Gesicht und – »Los geht’s, komm, Freitag, die Nacht ist noch lang.«
    Unterwegs die Straßen waren leer.
    Erst auf dem S-Bahnhof wieder Menschen, mit großen Taschen und Beuteln, bunten Weihnachtspäckchen, glänzenden Schachteln.
    Ich sah auf die Bahnhofsuhr. 18 Uhr 12.
    »Aber der Weihnachtsmann da, der hat ja gar keinen richtigen Bart!« hörte ich ein Kind streng zu seinen Eltern sagen. Es zeigte mit dem Finger auf mich. »Das ist ein Onkel«, erklärten die Eltern weihnachtlich sanft.
    Verlegen fuhr ich mir mit der Hand über die Stoppeln meines Fünf-Tage-Bartes, ich versuchte zu lächeln …
    »Aber der Onkel weint ja …«
    Schnell wandte ich mich ab und vertiefte mich interessiert in den Streckennetzplan der U- und S-Bahn. Doch das änderte nichts. Mein Plan stand fest. Schon lange. Schon seit ich die Wohnung verlassen hatte. Und – er war teuflisch gut!
    Julia saß in der Falle.

– Seid getrost, ich bin’s;
fürchtet euch nicht! –
    Gegen 20 Uhr betrat ich den »Zapfhahn«.
    Sofort, als er meiner ansichtig wurde, eilte der Kellner herbei: »Wir sind hier aber nich die Bahnhofsmission!«
    »Ich gelte als Fernreisender«, gab ich dem flotten Bacchus-Jünger bescheiden zurück und wies mit einem Kopfruck auf

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