Der Zirkulationsprozess des Kapitals
in der »Misère de la Philosophie« schon unabsichtlich mit kritisiert; was sonst noch darüber zu sagen, habe ich in der Vorrede zur deutschen Übersetzung jener Schrift gesagt. Seine Erklärung der Handelskrisen aus der Unterkonsumtion der Arbeiterklasse findet sich bereits in Sismondis »Nouveaux Principes de l'Économie Politique«, liv. IV, ch. IV. 3 Nur daß Sismondi dabei stets den Weltmarkt vor Augen hatte, während Rodbertus Horizont nicht über die preußische Grenze hinausgeht. Seine Spekulationen darüber, ob der Arbeitslohn aus Kapital oder Einkommen stamme, gehören der Scholastik an und erledigen sich endgültig durch den dritten Abschnitt dieses zweiten Buchs des »Kapital«. Seine Rententheorie ist sein ausschließliches Eigentum geblieben und kann fortschlummern, bis das sie kritisierende Manuskript von Marx erscheint. Endlich seine Vorschläge zur Emanzipation des altpreußischen Grundbesitzes vom Druck des Kapitals sind wieder durchaus utopistisch; sie vermeiden nämlich die einzige praktische Frage, um die es sich dabei handelt – die Frage: Wie kann der altpreußische Landjunker jahraus, jahrein sage 20000 Mark einnehmen und sage 30000 Mark ausgeben, und doch keine Schulden machen?
Die Ricardosche Schule scheiterte gegen 1830 am Mehrwert. Was sie nicht lösen konnte, blieb erst recht unlösbar für ihre Nachfolgerin, die Vulgärökonomie. Die beiden Punkte, an denen sie zugrunde ging, waren diese:
Erstens. Die Arbeit ist das Maß des Werts. Nun hat aber die lebendige Arbeit im Austausch mit dem Kapital einen geringern Wert als die vergegenständlichte Arbeit, gegen die sie ausgetauscht wird. Der Arbeitslohn, der Wert eines bestimmten Quantums lebendiger Arbeit, ist stets geringer als der Wert des Produkts, das von diesem selben Quantum lebendiger Arbeit erzeugt wird, oder worin dieses sich darstellt. Die Frage ist in dieser Fassung in der Tat unlöslich. Sie ist von Marx richtig gestellt und damit beantwortet worden. Es ist nicht die Arbeit, die einen Wert hat. Als wertschaffende Tätigkeit kann sie ebensowenig einen besondren Wert haben, wie die Schwere ein besondres Gewicht, die Wärme eine besondre Temperatur, die Elektrizität eine besondre Stromstärke. Es ist nicht die Arbeit, die als Ware gekauft und verkauft wird, sondern die Arbeits kraft. Sobald sie Ware wird, richtet sich ihr Wert nach der in ihr, als einem gesellschaftlichen Produkt, verkörperten Arbeit, ist er gleich der zu ihrer Produktion und Reproduktion gesellschaftlich nötigen Arbeit. Der Kauf und Verkauf der Arbeitskraft auf Grund dieses ihres Werts widerspricht also keineswegs dem ökonomischen Wertgesetz.
Zweitens. Nach dem Ricardoschen Wertgesetz produzieren zwei Kapitale, die gleich viel und gleich hoch bezahlte lebendige Arbeit anwenden, alle andern Umstände gleichgesetzt, in gleichen Zeiten Produkte von gleichem Wert und ebenfalls Mehrwert oder Profit von gleicher Höhe. Wenden sie aber ungleiche Mengen lebendiger Arbeit an, so können sie nicht Mehrwert oder, wie die Ricardianer sagen, Profit von gleicher Höhe produzieren. Nun ist aber das Gegenteil der Fall. Tatsächlich produzieren gleiche Kapitale, einerlei wie viel oder wie wenig lebendige Arbeit sie anwenden, in gleichen Zeiten durchschnittlich gleiche Profite. Hier liegt also ein Widerspruch gegen das Wertgesetz vor, den schon Ricardo fand, und den seine Schule ebenfalls zu lösen unfähig war. Auch Rodbertus konnte nicht umhin, diesen Widerspruch zu sehn; statt ihn zu lösen, macht er ihn zu einem der Ausgangspunkte seiner Utopie. (»Zur Erk.«, S. 131.) Diesen Widerspruch hatte Marx bereits im Manuskript »Zur Kritik« gelöst; die Lösung erfolgt nach dem Plan des »Kapital« in Buch III. Bis zu seiner Veröffentlichung werden noch Monate verstreichen. Die Ökonomen also, die in Rodbertus die geheime Quelle und einen überlegnen Vorgänger von Marx entdecken wollen, haben hier eine Gelegenheit zu zeigen, was die Rodbertussche Ökonomie leisten kann. Wenn sie nachweisen, wie nicht nur ohne Verletzung des Wertgesetzes, sondern vielmehr auf Grundlage desselben eine gleiche Durchschnittsprofitrate sich bilden kann und muß, dann wollen wir weiter miteinander sprechen. Inzwischen mögen sie sich gefälligst beeilen. Die brillanten Untersuchungen dieses Buch II und ihre ganz neuen Ergebnisse auf bisher fast unbetretenen Gebieten sind nur Vordersätze zum Inhalt des Buch III, das die Schlußergebnisse der Marxschen Darstellung des gesellschaftlichen
Weitere Kostenlose Bücher