Der zögernde Schwertkämpfer
Zweitstufler einen Arm um die Schulter und führte ihn zurück zum Schuppen, wobei er nicht ganz genau wußte, wer wen stützte. Direkt vor der Tür lag die Leiche eines weiteren Zweitstuflers, den er niedergestreckt hatte. Das war schlimm, sehr schlimm. Das war das Schlimmste, was an diesem ganzen schrecklichen Tag passiert war, denn der Junge war keine Bedrohung gewesen. Selbst Janghiuki war eine Bedrohung gewesen, aber dieser hier hatte weglaufen wollen. Er war dem berserkerhaften Irren zum Opfer gefallen, über den Wallie nicht rechtzeitig die Beherrschung wiedererlangt hatte. Fast hatte er den Eindruck, als ob das Ganze nicht gerechtfertigt gewesen wäre, wenn er das hier getan hatte.
Im Innern lagen fünf weitere Leichen, doch die belasteten Wallie nicht so sehr – schon gar nicht Ghaniri und der andere Viertstufler, den Nnanji getötet hatte, denn ihr Tod bedeutete, daß mit Nnanji alles stimmte. Der Killerwurm war nicht zurückgekehrt. Und Nnanji hatte das nicht als Vasall ausgeführt, er hatte es für seinen Freund Shonsu getan. Das war ein schönes Gefühl.
Er entdeckte Jja und Kuhi und den alten Mann, die am Boden saßen, mit den Rücken an die Wand gelehnt, und er lächelte ihnen zu. Sein Lächeln wurde nicht erwidert. Honakura hatte die Augen geschlossen und war allem Anschein nach bewußtlos. Kuhis Gesichtsausdruck war wie immer leer. Jja sah ihn eindringlich mit einer Miene an, die deutlich als Warnung gemeint war.
Er blickte sich erschöpft um. Er war einigermaßen überrascht, daß noch so viele Männer da waren, doch sie standen im Gegenlicht vor der Tür an der gegenüberliegenden Seite, so daß er sie im ersten Moment nicht klar ausmachen konnte. Dann erkannte er Nnanji.
Nnanji stand zwischen zwei Schwertkämpfern, ohne Zweifel gefangengenommen.
»Ich bin Imperkanni, Schwertkämpfer der Siebten Stufe, und ich danke der Allerhöchsten, daß Sie mir diese Gelegenheit beschert hat, Euch zu versichern, daß Euer Wohlergehen und Gedeih und Glück stets mein oberstes Anliegen und Gegenstand meiner Gebete sein werden.«
»Ich bin Shonsu, Schwertkämpfer der Siebten Stufe; ich fühle mich geehrt durch Eure Liebenswürdigkeit und wünsche, daß dasselbe Wohlergehen Eurer edlen Person beschieden sein möge.«
Er war ein großer Mann, breit und stattlich, schätzungsweise Ende Vierzig. Erfahrung und Leistung hatten sein ledriges, markantes Gesicht zu einer Maske aus Arroganz und Autorität geformt. Er hatte buschige, von Grau durchzogene Augenbrauen, doch seine Haare waren mit Kalk gebleicht, was ihm einen herrlichen weißen Pferdeschwanz beschert hatte, den er länger trug als die meisten Männer. Das einzige andere Merkmal an ihm, das auf seine Eitelkeit hinwies, war seine Armut – sein blauer Kilt war geflickt und fadenscheinig, seine Stiefel abgetreten, sein Harnisch mehr als schäbig. Armut war ein beliebtes Mittel der Selbstdarstellung bei den Freien, um ihre Ehrlichkeit zu zeigen. Doch sein Schwert war hell und strahlend, die muskulösen Arme wiesen viele Narben auf, und der rechte Schulterriemen hatte mindestens ein Dutzend Kerben.
Hier handelte es sich um einen echten Schwertkämpfer, einen Veteranen, einen Professionellen. Verglichen damit war Tarru ein kleiner Fisch gewesen. Der Befehlshaber einer eigenständigen Armee, niemandes Untertan, nur seinem eigenen Gewissen und der Göttin verpflichtet, war Imperkanni eine der Mächte dieser Welt.
Seine Augen waren von der blassesten Farbe, die Wallie je bei den Leuten hier gesehen hatte, blasser noch als Nnanjis. Diese bernsteinhellen Augen musterten das Siebte Schwert und die Haarspange mit dem Saphir und verengten sich voller Mißbilligung. Es waren kalte Augen, ohne Sinn für Unsinn.
»Erweist Ihr mir die Ehre mir zu erlauben, Euch, edler Lord Shonsu, meinen Schützling, den Ehrenwerten Yoningu der Sechsten Stufe vorzustellen?«
Yoningu war etwas jünger und schlanker, mit lockigem dunklen Haar und wachen Augen. Sein Gesicht war eigenartig unsymmetrisch, was den Eindruck vermittelte, als könnte er in Gesellschaft der große Spaßmacher sein. Die spaßhafte Seite an ihm, sofern es sie wirklich gab, war zur Zeit offenbar unterdrückt, denn er hatte eine so abweisende Miene wie sein Herr aufgesetzt. Auch er war sichtlich ein erfahrener Kämpfer, mit Schrammen wie eine alte Schlachtbank.
Wallie nahm den Gruß entgegen und warf einen Blick hinüber zu seinem früheren Gefolgsmann, der mit gesenktem Kopf dastand und geschlagen und vernichtet
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