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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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alten Hangafau, dem eine vielversprechende Zukunft vorausgesagt worden war. Wahrscheinlich hatten sich die Dinge anders entwickelt, und jetzt hatte er einen triftigen Grund für sein ungehöriges Verhalten.
    Also wartete Honakura, bis die Grußformel vollends zu Ende gebracht war, und gab dann die Antwort, die das Ritual erforderte: »Ich bin Honakura, Priester der Siebten Stufe …« Eins der Statussymbole in Jannarlu Gesicht war noch leicht gerötet, was darauf hinwies, daß er ein sehr frischgebackener Drittstufler war. Er war groß – viel größer als der eher klein geratene Honakura – mit einem knochigen, ungelenken Körperbau und einer Hakennase. Er sah lächerlich jung aus, doch das taten heutzutage alle.
    Ganz in ihrer Nähe ließ ein altes Weib ein Goldstück in die Schale fallen und flehte die Göttin an, das peinigende Grimmen in ihren Eingeweiden zu lindern. Daneben betete ein junges Paar, daß Sie ihnen keine Kinder mehr bescheren möge, wenigstens für die nächsten paar Jahre.
    Sobald Honakura geendet hatte, sprudelten die Worte aus Jannarlu: »Mein Lord, da ist ein Schwertkämpfer – ein Siebentstufler!«
    Sie hatte geantwortet!
    »Habt Ihr ihn dort draußen stehenlassen?« fragte Honakura aufgebracht; es gelang ihm nur mit Mühe, seine Stimme ruhig klingen zu lassen und seine Erregung vor eventuellen Beobachtern zu verbergen.
    Der Drittstufler zuckte zusammen, nickte jedoch. »Er ist ein Namenloser, mein Lord!«
    Honakura gab ein erstauntes Zischen von sich. Unglaublich! Mit verdeckter Stirn und vollkommen in Schwarz gekleidet, wie ein Bettler, konnte jeder zu einem Namenlosen werden. Nach dem Gesetz durften solche Personen keinerlei Güter besitzen und mußten in den Dienst der Göttin treten. Viele betrachteten das als besonderen Akt der Buße, deshalb war ein solches Vorgehen unter den Pilgern, die den Tempel besuchten, nicht ungewöhnlich. Doch für einen Lord der Siebten Stufe war es in höchstem Maße absonderlich, seinen Status auf diese Weise herabzusetzen. Schon für einen Schwertkämpfer jedweden Rangs war es undenkbar. Doch für einen Schwertkämpfer der Siebten Stufe – unglaublich!
    Das erklärte, wie er lebend hierhergelangt war.
    Würde er am Leben gehalten werden können?
    »Ich habe ihm empfohlen, sich weiterhin zu verbergen, mein Lord«, sagte Jannarlu unsicher. »Er … er schien von diesem Vorschlag ziemlich angetan zu sein.«
    In seinem Ton schwang ein Hauch von Übermut mit, und Honakura warf ihm einen warnenden Blick zu, während er nachdachte. Jannarlus häßliches braunes Gesicht schien leicht gerötet.
    »Ihr habt keine übermäßige Eile an den Tag gelegt, hoffe ich?«
    Der Drittstufler schüttelte den Kopf. »Nein, mein Lord. Ich folgte …« Er deutete mit einer Handbewegung auf das kranke alte Weib, dem jetzt von ihrem zuständigen Priester beim Aufstehen geholfen wurde.
    »Gut gemacht, Priester!« sagte Honakura besänftigt. »Laßt uns gehen und dieses Wunder, das Ihr da aufgetan habt, betrachten. Wir werden uns langsam bewegen und uns über heilige Angelegenheiten unterhalten … und nicht genau in die richtige Richtung, wenn Ihr so gut sein wollt!«
    Der junge Mann errötete vor Freude über das Lob und ging im Gleichschritt neben ihm her.
    Der große Tempel der Göttin zu Hann war nicht nur das prächtigste und älteste Gebäude der Welt, es war zweifellos auch das größte. Als sich Honakura von dem Sockel abwandte, blickte er über eine endlos erscheinende Fläche eines glänzenden, vielfarbigen Bodens, der sich bis zu den sieben gewaltigen Bogen erstreckte, die die Fassade bildeten. Viele Menschen bewegten sich dort – kamen oder gingen –, Pilger und deren Führer aus der Priesterschaft –, doch der Raum war so gigantisch, daß menschliche Gestalten kaum größer als Mäusekot wirkten. Jenseits der Bogengänge, im strahlenden Sonnenlicht, bot sich dem Auge der Anblick einer Schlucht und des Flusses, dessen gurgelndes Tosen den Tempel schon seit der vielen Jahrtausende seines Bestehens mit seinem Lärm erfüllte, und des Göttlichen Gerichts. Entlang der Seiten des geräumigen Mittelschiffs waren die Schreine geringerer Götter und Göttinnen aufgereiht, und darüber warfen die Fenster mit den bunten Glasscheiben Strahlen aus Rubin, Smaragd, Amethyst und Gold herein.
    Honakuras Gebet war erhört worden. Nein … die Gebete so vieler. Er war sicher nicht der einzige Ihrer Diener hier, der täglich dieses Gebet aussandte, doch ihm war die Antwort zuteil

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