Der zögernde Schwertkämpfer
Düsternis, bis er an den Rand einer Lichtung gelangte, wo sich ein Teppich von blühenden Bodengewächsen in der Sonne ausbreitete. Es boten sich ihm jetzt immer wieder Durchblicke auf das Wachhaus, doch er wandte sich stromaufwärts und hastete in Richtung Wasser, wobei seine Füße immer wieder schmatzend im nassen Laub versanken. Die Seite stromabwärts hatte keine Fenster, hatte Nnanji gesagt, es war also eher zu vermuten, daß dort ein Wachtposten aufgestellt war.
Dann hatte er das Ufer erreicht und blieb stehen, um Luft zu schöpfen, und bei jedem japsenden Atemzug drang ihm die stechende Hitze in die Lunge. Abermillionen von Insekten entdeckten ihn zur gleichen Zeit und brachten Freunde mit. Ohne auf sie zu achten, spähte er zwischen den Blättern hindurch hinaus.
Die Wiese war, wie Nnanji gesagt hatte, flach, grasbewachsen und offen. Sie fiel ganz leicht zum Fluß hin ab und endete in einem Ufer, das so flach wie eine Türschwelle war. Es gab keinen Unterstand darauf, nur einen baufälligen Pferch am Ende des Pfades. Die Farben waren so strahlend wie auf einem Kindergemälde – Gras und Wald von schillerndem Grün, das Wasser von einem unwahrscheinlich glitzernden Blau.
Lediglich das Wachhaus war schäbig, die Bretter ausgelaugt, silbergrau verwittert und in mehreren Schichten ausgebessert. Größer, als er erwartet hatte, erstreckte es sich breit über die brüchigen roten Steine der Anlegestelle hinaus nach beiden Seiten am Ufer entlang. Im Augenblick lag die Anlegestelle verlassen da, doch ein weiteres Schiff näherte sich bereits. Seine Freunde waren abgesessen und überquerten langsam die Wiese auf das Gebäude zu.
Es waren keine Wachen zu sehen, niemand außer seinen Begleitern und dem Maultiertreiber. Eine Falle?
Nnanji und sein Bruder trugen ihre Schwerter wieder. Sie führten Honakura stützend zwischen sich und kamen nur langsam voran. Vixini weinte laut in seinem Tragetuch auf Jjas Rücken. Kuhi ging mit einem verführerischen, hüftschwingenden Tänzelschritt hinter Nnanji her.
Wallie wartete, bis sie in dem Gebäude verschwunden waren, sonst hätten sie ihn vielleicht gesehen und womöglich durch ihr Verhalten Beobachter auf ihn aufmerksam gemacht. Er maß im Geist die Zeit bis zu dem Moment, in dem die Ablenkung am größten sein würde … Sie würden einen leeren Schuppen betreten, weitergehen … und wenn der letzte drin wäre, würde die Falle hinter ihnen zuschnappen. Tarru würde auf sie zukommen. Nach einer kurzen Weile würde Nnanji erklären, daß er nicht mehr Shonsus Gefolgsmann sei … Überraschung und erneutes Nachdenken …
Zeit zum Losstürmen!
Wallie stürzte durch die Dornenbüsche und Zweige, dann rannte er am Ufer entlang. Der Maultiertreiber hatte seine Tiere auf die andere Seite des Gebäudes getrieben und schwenkte einen Eimer an einer Stange, mit dem er Wasser in einen Trog schöpfte. Wallie erreichte das Gebäude und blieb keuchend stehen.
Nichts geschah. Kein Alarm, kein aufgeregtes Gebrüll, kein Kampf. Niemand war zwischen den Bäumen postiert gewesen, niemand an den Fenstern. Damit hatte er nicht gerechnet. Was nun?
Zwei Tore gingen in den Bootsschuppen hinaus, und das landseitig gelegene war bestimmt bewacht. Er trat vorsichtig ins Wasser. Es war voller Gewächse, doch es reichte ihm nur bis zur halben Stiefelhöhe, und der Grund war fest. Er watete seitlich am Wachhaus entlang weiter hinaus und versuchte dabei, nicht zu platschen; langsam wurde es tiefer. Seine Stiefel füllten sich mit einem kühlen Schwall, und von da an hatte er bei jedem Schritt Mühe zu verhindern, daß sie ihm von den Füßen rutschten. Als er am anderen Ende des Gebäudes angelangt war, reichte ihm das Wasser gut über die Knie, tränkte seinen Kilt, spendete wundervoll angenehme Kühle.
Das rote Mauerwerk des Steges bestand aus groben Steinen, die unterhalb der Wasserlinie von Algen überzogen waren. Die Laufplanken waren auf einer Höhe mit seinen Schultern. Entlang der Wand des Gebäudes, zu beiden Seiten des Eingangsbogens, lag allerlei Gerumpel herum – zerbrochene Steuerräder und Stücke von Bohlen, zerrissene Fischernetze und alte Körbe. Seine Finger fanden zwischen den dicken Steinen einen Halt, und er hievte sich hoch; dann beugte er die Knie, um das Wasser aus seinen Stiefeln laufen zu lassen.
Eine Weile blieb er verstört so knien. Er hatte die Wachtposten umgangen. Und das war verdächtig einfach gegangen.
Dann hörte er Stimmen, Gelächter – das Rasseln von
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