Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
und die Waffe pfiff an ihrem Gesicht vorbei.
Der zweite Gegner nutzte den Augenblick und trat hinter sie. Ohne zu zögern, warf die junge Frau sich herum, fiel auf ein Knie. Der Rückhandschlag ihres Feindes glitt harmlos über sie hinweg, und sie parierte den Angriff des Zweiten mit dem linken Schwert und zielte mit dem rechten auf seine Brust. Noch während er zurücktaumelte, sprang sie auf, fing einen weiteren Angriff ihres ersten Gegners mit beiden Waffen ab und trat ihm so gegen den Oberschenkel, dass er einknickte. Mit erhobenen Waffen sah sie ihn fragend an.
»Schon gut, schon gut«, erklärte Berophan und ließ sein Übungsschwert fallen. Sie riskierte einen Blick über die Schulter, wo sich Narqan die schmerzende Brust rieb.
»Das gibt blaue Flecken. Kannst du dich nicht wenigstens bei den Übungen ein wenig zurückhalten?«
Das ließ Ana schnauben, aber sie senkte die Holzklingen.
»Im Gefecht nimmt sich auch niemand zurück. Wenn ihr Schmerz nicht ertragen könnt, solltet ihr vielleicht das Gewerbe wechseln. Ich hörte, dass immer Bedarf an guten Gerbern besteht. Oder sind eure Nasen so empfindlich wie eure Haut?«
Seufzend schob sich Narqan den leichten Helm in die Stirn und sah sie an. Beide wussten natürlich, dass Ana bei den Übungen niemals zurückstecken würde. Wenn sie allein war, bewegte sie sich in den tradierten Formen und arbeitete mit den effektiven Tricks und Kniffen, die Flores ihr beigebracht
hatte. Aber im Übungskampf mit anderen galt das alles nichts; vorgegebene Bewegungen machten vorhersehbar, und Zurückhaltung konnte tödlich sein; wer sich daran gewöhnte, nur gegen zurückhaltende Gegner zu kämpfen, war für den Kampf auf Leben und Tod schlecht vorbereitet.
»Und schon wieder auf die Brust«, beklagte sich Narqan. »Man könnte meinen, dass du sie besonders magst.«
»Eine Brustwunde schaltet den Feind aus und ist häufig tödlich. Und bei Feinden, die eine so schlechte Deckung wie du haben, bietet es sich doch geradezu an, oder?«, fragte Ana zuckersüß und setzte ebenfalls ihren Helm ab. Schweiß lief ihr über die Schläfe, den Hals hinab. In den Handschuhen waren ihre Hände feucht, und sie spürte die Anstrengung des Morgens am ganzen Leib.
»Du hattest ja auch zwei Waffen«, erwiderte Narqan und verzog das Gesicht, als er sein gepolstertes Wams öffnete und eine Hand darunterschob.
»Als wenn es daran läge«, warf Berophan ein. Der große Mann trat zu Narqan und packte ihn am Nacken. »Sei lieber ruhig, sonst verdrischt sie dich noch mit nur einem Holzschwert.«
Die beiden Söldner sahen sich an. Einen Herzschlag lang war sich Ana unsicher, ob sie noch scherzten oder ob Narqan tatsächlich ungehalten war. Der Largote hatte ein aufbrausendes Temperament, so wie die See, von der er stammte, und seine Stimmung konnte sich innerhalb weniger Worte verdunkeln. Aber jetzt lachte er und packte Berophan ebenfalls am Nacken. Mit einem dumpfen Laut schlugen ihre Stirnen gegeneinander. Dann hob Narqan sein Übungsschwert wieder auf.
»Ich gehe mich waschen. Genug blaue Flecken für einen Tag. Morgen gerne wieder. Ana?«
»Morgen«, entgegnete sie nickend und hob ihre Holzschwerter ebenfalls auf. Gemeinsam mit Berophan sah sie dem Largoten nach.
»Er ist zu hitzig«, stellte die junge Söldnerin fest, als er außer Hörweite war. »Er hätte nur warten müssen: du hattest mich in der Defensive. Dein nächster Angriff hätte mich ihm direkt in die Arme getrieben.«
»Möglich«, brummte Berophan. Seine Stimme war dunkel, ebenso wie sein Haar und seine Haut. Alles an dem großen Mann war dunkel, sogar seine Stimmung, in der stets eine Ahnung von Melancholie mitschwang. Bislang war Ana noch nicht durch diesen Panzer hindurchgedrungen, doch es machte ihr nichts aus; Berophan war ein außergewöhnlicher Krieger und guter Anführer, dem die Söldner vertrauten.
Gemeinsam verließen sie das Übungsgelände, das sich zwischen den Zelten befand, und gingen zu einem niedrigen Tisch, auf dem sie ihre Habe abgelegt hatten.
»Wir haben ihn andererseits gelehrt, den Todesstoß so schnell wie möglich zu setzen«, fuhr Berophan fort. »Er weiß, wie gefährlich du bist, und er hat eine Gelegenheit gesehen, dich auszuschalten. Es war ein guter Angriff.«
»Ich konnte ihn parieren«, widersprach Ana und nahm einen Schluck Wasser aus einem Krug, der auf dem Tisch stand. Das Wasser war warm von der Sonne, aber die junge Söldnerin kümmerte sich nicht darum. Ihr Begleiter wartete
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