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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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gegeben hatte.
    Ihr Vetter hatte sich verändert, seit sie ihn zuletzt in Wlachkis gesehen hatte. Dies war wenig verwunderlich, waren inzwischen doch einige Jahre vergangen. Natiole war in die Höhe geschossen und nun vermutlich noch ein Stück größer als sein Vater. Das schwarze Haar trug er lang, wie es bei den Wlachaken Sitte war, und er hatte es zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Man konnte ihm ansehen, dass er mit dem Schwert an seiner Seite umzugehen verstand; er war schlank, aber er hatte die Muskeln an den richtigen Stellen, und er bewegte sich selbstbewusst. Besonders interessant war jedoch sein Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den dunklen Augen. Er war von der Sonne gebräunt und bot alles in allem eine ganz andere Erscheinung als der Jüngling, an den sie sich von ihrem letzten Besuch in Wlachkis erinnerte.
    Er bemerkte ihr Kommen und löste sich aus dem Schatten des Vordachs, um sie zu begrüßen. Zwei Außenseiter mitten im Herzen des Imperiums, umgeben von Prunk und Protz eines fremden Reiches.
    »Sei gegrüßt, Ana«, sagte er steif.
    »Natiole. Lass uns ein Stück gehen«, erwiderte sie mit Blick auf die Wachen. Hier mochten Mitglieder der Goldenen Garden postiert worden sein, die Wlachkisch verstanden, doch an den meisten anderen Orten in Colchas würden sie sich ungestört und unverstanden unterhalten können.
    »Du warst gestern schnell wieder verschwunden«, stellte Natiole mit einem Hauch von Vorwurf in der Stimme fest.
    »Geschäfte. Außerdem denke ich, dass es besser ist, wenn wir uns allein unterhalten.«

    Natiole blieb stehen und sah sie erstaunt an. »Gibt es irgendwelche Schwierigkeiten?«
    »Nein, ich meinte, ohne die Trolle. Und ohne Sargan. Und erst recht ohne die neugierigen Ohren der Gardisten.«
    »Ah, vor denen hat Sargan uns auch gewarnt. Aber was ist mit ihm? Er ist doch ein Freund der Familie. Wenn man Vater reden hört, könnte man fast denken, er gehöre dazu.«
    »In Wlachkis vielleicht. Aber wir sind hier in Colchas«, gab Ana zu bedenken. »Sargan ist ein hohes Tier, auch wenn er gerne so tut, als sei er nur ein harmloser, alter Mann. Selbst ohne offiziellen Posten hat er seine Finger in vielen Töpfen.«
    »Aber er hat uns geholfen. Er ist unser Freund!«
    »Zumindest hat er das beste Netzwerk von Spionen und Zuträgern im Land zwischen den Bergen, das stimmt. Er verdient gut am Handel. Kaum eine Kaffeebohne verlässt dieses Land, von deren Verkauf er nicht einen Teil abbekommt.«
    Jetzt wirkte Natiole nachdenklich. Der junge Mann strich sich über die Haare und schwieg einen Moment.
    Die Bewohner der Stadt machten einen Bogen um das fremdländische Paar, und Ana konnte es ihnen nicht verübeln. Beide waren auf den ersten Blick als Ausländer zu erkennen, barbarisch gekleidet und noch dazu bewaffnet. Man warf ihnen neugierige Blicke zu, senkte aber das Haupt, wenn Ana auffordernd zurückstarrte.
    »Wie steht es um Ionnis?«, fragte sie. Ihrem anderen Vetter war sie in der Vergangenheit öfter begegnet. Sein Aufenthalt im Imperium als Gast in Sargans Haushalt hatte dafür gesorgt, dass ihre Wege sich einige Male gekreuzt hatten. Anders als Natiole war Ionnis aufgeschlossen und weniger grüblerisch, und sie hatte sich recht gut mit ihm verstanden. Wenn man von den Übungskämpfen absah, die er nach einiger Zeit nur noch geschwänzt hatte. Deswegen betrübte es sie, dass er verletzt worden war.

    »Ich habe gestern schon alles gesagt, was ich weiß. Als wir abgereist sind, war er noch nicht aufgewacht. Aber seine Wunden sind versorgt worden, er war in guten Händen. Ich hoffe, dass es ihm schon besser geht.«
    »Ich bin sicher, dein Vater wird dir Nachricht senden, sobald sich etwas verändert«, versicherte sie ihm. »Dabei fällt mir ein: meine Jungs und ich üben jeden Morgen. Wenn du mitmachen magst …«
    »Üben?«
    »Den Kampf.«
    »Ich muss gestehen, dass ich keine guten Erinnerungen an die Duelle mit dir habe«, erwiderte Natiole vorsichtig. »Vater sagte immer, dass du in diesen Dingen wie Tante Flores seiest.«
    »Pah! Wer austeilen will, muss auch einstecken können. Du trägst ein Schwert an der Seite. Du solltest den Umgang damit immer üben. Eine Klinge ist nur so scharf wie derjenige, der sie führt.«
    »Wo übt ihr denn?«, versuchte ihr Vetter abzulenken. Sie sah ihm das Unbehagen an. Tatsächlich hatte sie vor vielen Jahren einige Zusammenstöße mit ihren Vettern gehabt, und ihre Duelle waren unter den Soldaten der Feste Remis wohlbekannt

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