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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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diesen Worten drehte sie sich um und verließ den Raum.
    Sie könnte die Wahrheit sagen, dachte er. Alle, die das wollen, könnten damit richtigb liegen. Solange Tamár am Leben war, hatten wir einen guten Grund, den Frieden zu wahren. Aber mit seinem und Flores’ Tod sind auch meine Verpflichtungen ihm gegenüber gestorben. Es ist unser Land.
    Doch Viçinia hat so hart dafür gearbeitet, dass endlich
Frieden herrscht. Nach all den Verlusten wollte sie, dass unsere Kinder in Frieden leben. Und solange das noch möglich scheint, fällt es mir schwer, einen Feldzug zu beginnen.
    Andererseits ist der Krieg vielleicht jetzt schon unausweichlich ...
    Seine Gedanken wanderten im Kreis, und er konnte keinen endgültigen Entschluss fassen.
    Also machte er sich auf den Weg in die unteren Stockwerke der Feste, wo der gefangene Sylke eingekerkert war.
    Als er bei den Kerkern ankam, beschlich Şten ein altvertrautes Gefühl der Beklemmung. Da die Festung auf einem künstlichen Hügel erbaut worden war, hatte sie mehrere Untergeschosse, die ganz oder teilweise unterirdisch lagen. In den meisten dieser stets kühlen und trockenen Räume lagerten Nahrungsmittel und Brennholz, aber auch die Zellen für die Gefangenen waren hier untergebracht.
    Vor zwanzig Jahren war der Voivode selbst hier Gefangener des Marczegs Zorpad Dîmminu gewesen. Und während Zorpads Männer Şten im Keller geschlagen hatten, war ihm die ganze Zeit bewusst gewesen, dass Viçinia sich nur wenige Stockwerke über ihm befand, als Zorpads Geisel, unerreichbar für ihn. Das alles war lange vorbei, und Zorpad selbst hatte die große Trollschlacht nicht überlebt. Aber Şten vermied es üblicherweise noch immer, die Keller und damit seine furchtbaren Erinnerungen zu betreten, wenn es nicht sein musste.
    Vor dem niedrigen Eingang warteten schon Vintila, Cornel, Ionnis und Riclea auf Şten. Eine Wache, eine junge Frau in lederner Rüstung, stand vor der Holztür, und mehrere Talglampen spendeten unruhiges Licht.
    »Keine langen Worte, Herr«, forderte der alte Geistseher. »Ich will gar nicht hören, was seine lügnerische Zunge vorbringen mag. Übergeben wir ihn dem Wald, wie es althergebrachter Brauch ist.«

    »Einige Fragen sollten wir ihm auf jeden Fall noch stellen«, widersprach der Sonnenpriester dem alten Mann. »Immerhin ist er im Moment unsere einzige Möglichkeit, herauszufinden, was diese Sylken hier getrieben haben.«
    Bestätigend nickte der Voivode. »Der Meinung bin ich auch. Fragen wir ihn, was sie hier wollten.«
    Die Wache öffnete die Tür und führte sie in einen Gang, der gerade hoch genug war, dass Şten aufrecht gehen konnte.
    Vor der zweiten Tür auf der linken Seite hielt ihr kleiner Trupp an, und die Wache öffnete die Pforte. In dem engen Gelass dahinter konnte der Voivode einen Mann auf einer Strohmatratze erkennen. Die Matratze war neben einem Krug und einem Eimer das einzige Einrichtungsstück der Zelle, und der winzige Raum stank ebenso erbärmlich wie sein Insasse.
    »Steh auf, Mann!«, herrschte ihn die Wache an, und der Gefangene erhob sich langsam und blinzelte in das Licht der mitgebrachten Lampe. Er war mittleren Alters, klein und drahtig und hatte einen ungepflegten Bart. Nach vier Tagen im Kerker stand ihm die Angst deutlich ins Gesicht geschrieben.
    »Darf ich, Herr?«, fragte Cornel vorsichtig, und der Voivode gab ihm durch ein Nicken sein Einverständnis.
    »Wenn du darauf bestehst«, knurrte Vintila ärgerlich.
    Die Feindschaft dieser beiden ist nicht sehr förderlich für den Frieden in meinem Rat, grübelte Şten. Wenn ich nur wüsste, wie ich das ändern könnte. Die Geistseher und der Albus Sunaş blieben wie Hund und Katze; jeder beanspruchte für sich, die einzige Wahrheit zu verkünden. Und auch wenn Şten sein Leben lang den Geistsehern gelauscht hatte, wusste er, dass das Wohlwollen der Sonnenpriester für den Frieden unerlässlich war – ohne das wären sie in Ardoly immer Kräfte, die gegen die Wlachaken arbeiteten.

    »Also«, begann Cornel mit drohender Stimme. »Was habt ihr hier gemacht?«
    »Iche … wir nichte wissen.«
    Bei den unbeholfenen Worten des Sylken wurde Şten klar, dass er die wlachkische Sprache höchstens gebrochen sprach. Hilfe suchend wandte er sich an Ionnis: »Kannst du die Frage des Priesters übersetzen?«
    »Ja, natürlich.«
    Er sprach den Mann in der wohlklingenden Zunge der Dyrier an, der daraufhin vor Ionnis zurückwich, als ob es ihn erschrecken würde, seine eigene Sprache aus

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