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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Zorn erfasste Kerr. Er spürte die Finsternis des Dunkelgeists in sich aufsteigen, ließ sie gewähren. Die lächerlichen Stiche der Menschen waren egal, ihre angsterfüllten Schreie fachten seine Wut nur weiter an. Er tötete ohne Gnade, bis auch der letzte Feind am Boden lag.
    Schwer atmend kam Kerr langsam wieder zur Besinnung. Die Wunden schmerzten nun, und das warme Blut, das über seine Haut lief, erinnerte ihn daran, dass auch er sterben konnte. Wrag kniete neben einem sterbenden
Dyrier und brach dessen Genick mit einem Griff seiner Pranken. Kerrs Blick wanderte zu Zran, der tot inmitten seiner Feinde lag. Der große Jäger war allein gefallen, im Kampf, mutig zwar, aber doch sinnlos. Wieder sah Kerr zu Wrag, der gerade breit grinsend Blut von seinem Mund abwischte. Nein, er ist wirklich nicht wie Pard. Er ist kein Troll. Ein Troll hätte Zran nicht alleingelassen. Pard hätte niemals einen Troll im Stich gelassen. Andas Kinder sind nicht wie wir.
    Es war ruhig geworden, doch irgendwo in der Ferne erklang ein Hornstoß. Auf der Straße war niemand außer ihnen zu sehen, aber es würde nicht lange dauern, bis Menschen kamen.
    »Warum haben sie uns angegriffen?«, fragte Kerr.
    Natiole, der neben einem gefallenen Wlachaken kniete und mit gesenktem Haupt dessen Augen schloss, murmelte: »Sichere Wege. Mögen die Geister auf den Dunklen Pfaden über dich wachen.« Dann richtete er sich auf und sah Kerr an. »Ich weiß es nicht. Aber wir müssen hier weg. Es werden mehr kommen.«
    »Können wir nicht mit Sargan reden? Oder mit ihrem Anführer? Sie haben uns angegriffen!«
    »Und die?«, fragte Natiole und wies auf die goldgerüsteten Krieger der Garde. Kopfschüttelnd wandte der junge Mensch sich ab. »Nein. Was sollen wir sagen? Wie es erklären? Wir haben ihre Männer getötet. In ihrer Stadt. Wir sind Fremde … Monster.«
    »Aber …«
    »Kein Aber«, herrschte Natiole den Troll an. In seiner Stimme lag Bitterkeit. Und eine tiefe Wut, die Kerr nur erahnen konnte. »Wir müssen von hier verschwinden. Aus der Stadt, aus dem Imperium. Verschwinden und hoffen, dass sie uns vergessen.«
    Der Mensch stand inmitten der überlebenden Wlachaken. Nur vier Krieger waren halbwegs unverletzt, und
sie stützten zwei weitere, die kaum noch gehen konnten. Ihre Kleidung war zerrissen und schmutzig, von Blut befleckt.
    »Der Speer«, knurrte Kerr. »Wir sind bis hierher gezogen. Ich kehre nicht mit leeren Händen um.«
    »Dann komm«, erwiderte Natiole düster und wies mit dem Schwert die Straße hinab. »Dort ist das Mausoleum. In welche Richtung wir fliehen, ist ohnehin egal. Wir sollten uns einen Ort suchen, an dem wir sterben wollen. Das Mausoleum ist dafür so gut oder schlecht wie jeder andere.«
    »Sterben?«, fragte Wrag, der sich zu Kerr gesellte. »Hier sterben nur unsere Feinde!«
    »Ach?«, entgegnete Natiole und sah zu Zrans Leichnam. »Hier sterben wir alle, du dummer Troll!«
    Wütend tat Wrag einen Schritt vor, aber Kerr legte ihm die Hand auf die Brust und hielt ihn zurück.
    »Wir sind mitten in der Stadt, und irgendwann wird die Sonne aufgehen. Selbst wenn wir es aus den Mauern hinaus schaffen, sind wir von diesem Land umgeben. Wir können nicht fliehen, denn die Sonne wird uns aufhalten. Und wir können nicht kämpfen, denn wir sind neun gegen Abertausende!«
    Bislang hatte sich Kerr noch keine Gedanken über ihr weiteres Vorgehen gemacht, aber er erkannte, dass Natiole recht hatte. Sie saßen in der Falle, und ihre Feinde mussten nur warten, bis die Sonne aufging. Spätestens dann waren sie hilflos, und die sieben Menschen würden sie nicht beschützen können. Wie Pard und Druan in Teremi, dachte er. Kaum Freunde in den Höhlen der Feinde.
    »Brechen wir auf!«, befahl Natiole. »Holen wir den dreimal verfluchten Speer aus dem Mausoleum. Und dann lassen wir uns zu Tode hetzen wie Hasen von einem Rudel Vrasya!«
    Grübelnd blickte Kerr die leere Straße hinunter und dann
hinauf zu den Hügeln. Sein Blick wanderte über die Häuser und Paläste. Er fürchtete den Tod nicht, aber er hatte noch nicht vor zu sterben.
    »Holen wir den Speer«, bekräftigte er. »Und dann folgt mir.«

43
    Der Herbst hatte endgültig in Wlachkis Einzug gehalten. Ein kalter Wind pfiff um die Feste Remis, und ein steter Regen trommelte auf die Dächer und gegen die Fenster. Ohne die zahlreichen Kamine, in denen Holz verbrannt wurde, wäre es bereits empfindlich kühl innerhalb der Mauern der Festung gewesen. Selbst so waren es eher

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