Septembersturm...: Gayromaze! (German Edition)
Septembersturm
Fröstelnd zog ich den Kragen meiner Jacke höher. Der Wind fegte mit Macht um die Ecke und ich senkte den Kopf, um nicht voll erwischt zu werden. Blätter wirbelten umher und das dunkle Grau der Wolken hob meine Stimmung nicht wirklich.
Das Handy klingelte und umständlich fischte ich es aus der Jackentasche. Julia! Was wollte die denn noch? Reichte es nicht, dass sie mir heute Morgen eine riesige Eifersuchtsszene gemacht hatte? Unbegründet, mal wieder!
Ihre Worte prasselten wie ein Gewitter auf mich nieder und der leicht hysterische Tonfall ließ mein Trommelfell beinahe platzen.
Ich hörte ihr gar nicht mehr richtig zu. In ein Ohr hinein und zum anderen wieder hinaus. Als sie mich jedoch als Schwein titulierte, drückte ich sie einfach weg. Alle fünf folgenden Anrufe von ihr ebenfalls ignorierend.
Ja, jetzt konnte sie mich mal wirklich da lecken, wo die Sonne nicht hin schien.
Mit dem Handy beschäftigt, sah ich den Mann nicht, der um die Ecke kam. In der Hand hatte er einen "Coffee to go "und diesen schüttete er sich, dank mir, über seine helle Cordjacke. Ich prallte voll mit ihm zusammen und das heiße Getränk ergoss sich über ihn und auch ich bekam noch meinen Teil ab.
"Was zum Henker ... können sie nicht aufpassen?" ertönte es gereizt.
Beschwichtigend hob ich die Hände.
"Es tut mir leid, ich hab sie nicht gesehen!", stammelte ich und verstaute das Handy schnell wieder in der Jackentasche.
"Ne ist klar, wenn man auf das Handy stiert, statt auf den Weg zu achten, dann passieren solche Sachen!", schimpfte der Mann vor sich hin.
Ich sah ihn mir jetzt genauer an. Etwa auf Augenhöhe musterte mich ein im Moment giftgrünes Augenpaar. Braune, wilde Locken fielen meinem Gegenüber ins Gesicht. Ein Gesicht, das zur Hälfte von einem Bart bedeckt war, der aber nicht an allen Stellen dicht war. Unregelmäßig wuchsen die Haare an seinen Wangen. Wenn man genau hinsah, war er wohl doch um einiges Jünger, als ich angenommen hatte, denn nur der Bart machte aus dem Milchgesicht einen Mann. Höchstens Zwanzig war er und trotzdem schienen in seinem Blick die Erfahrungen von viel mehr Jahren ansässig zu sein.
Ein großer Rucksack war auf seinen Rücken geschnallt. Isomatte und Schlafsack waren oben auf festgemacht.
Unter der Jacke trug er noch eine weitere und die abgetragene Jeans hatte gewiss schon bessere Tage gesehen. Seine Füße steckten in dicken, schwarzen Armeestiefeln.
Jetzt ertönte ein Knurren hinter ihm, und ein kleiner Jack Russel Terrier, der böse die Zähne fletschte, lugte feige hinter seinen Beinen hervor.
"Aus Boy, aus!", der Befehlston erlaubte keinen Widerspruch und der kleine Kläffer verzog sich wieder hinter seinen Herrn.
"Was soll ich sagen, ich hab halt nicht aufgepasst. Kann ja mal passieren", rechtfertigte ich mich etwas lahm.
Er hatte ja recht.
"Und wie soll ich das jetzt wieder sauber und trocken bekommen?", fragend sah er mich an.
Immer noch blitzten seine Augen mehr als giftig in meine Richtung. Gut, er sah nicht aus, als würde er eine Waschmaschine parat haben. Ich schob unwirsch den Ärmel meiner Jacke nach oben und schaute auf meine Armbanduhr. Viertel vor neun!
Dann fischte ich mein Smartphone erneut aus der Tasche und durchsuchte meinen Terminkalender. Als selbstständiger Innenarchitekt konnte ich meine Termine auch mal umlegen und rief darum meine Sekretärin an und bat sie, die ersten beiden Termine zu verschieben. Es waren Banktermine, wobei die Finanzierung einiger Projekte besprochen werden sollte und das konnte warten. Der nächste wichtige Termin wartete erst am Nachmittag auf mich.
"Was hältst du davon, wenn wir die Jacke waschen und in den Trockner werfen? Bei mir?" Ins "Du" übergehend sah ich den jungen Mann fragend an.
Er schien zu überlegen. Der Hund sprang um ihn herum und er kniete sich hin und kraulte den lausigen kleinen Köter hinterm Ohr.
"Boy was meist du, sollen wir mitgehen?" Mehr mit sich selbst als mit dem Flohzirkus sprechend erhob er sich. "Ok, was bleibt mir anderes!"
Fragend sah er mich an. Ich reichte ihm die Hand und stellte mich erst mal vor.
"Tom Burkhart ist mein Name. Und wer bist du?"
Er schien zu überlegen, ganz so als hätte er mehrere Namen zur Auswahl oder als würde er überlegen, ob ich vertrauenswürdig wäre.
"Jasper, nenn mich Jasper!"
Fest griff der Fremde nach meiner Hand, die ich ihm gereicht hatte, und schüttelte sie.
"Ok, dann müssen wir umdrehen. Ich wohne in der anderen Richtung", erklärte ich
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