Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
den Grenzmarken, und so hatte der Marczeg seine Truppen dazu nutzen können, im Inneren seines Landes für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Die Straßen in Ardoly waren sicher. Das war stets Tamárs Anliegen gewesen, denn seit es wieder vermehrt Handel mit dem Dyrischen Imperium und dem Kleinen Volk gab, war die Sicherheit der Handelzüge wichtig geworden. Manches Mal hatte er mit fester Hand durchgreifen müssen, um Überfällen und Straßenraub ein Ende zu setzen, und
er wusste, dass ihm dies bei den Masriden den Ruf eingebracht hatte, ein harter Herrscher zu sein. Aber ein guter Teil der Einnahmen des Landes kamen aus den Zöllen, und er wusste, dass er gut daran tat, den Händlern ihr Leben so leicht wie möglich zu machen.
»Es gibt nur einen Weg, herauszufinden, wer da draußen ist«, stellte Flores lapidar fest und hob ihr Schwert. »Nach dir?«
Grimmig nickte Tamár, schob den Helm herab, blinzelte durch den Sehschlitz, um sich an die beschränkte Sicht zu gewöhnen, und packte den Schild fester. Dann wies er mit dem Streithammer auf die Tür. Vorsichtig trat die Wlachakin heran und legte die freie Hand auf den Riegel. Noch einmal blickte sie Tamár an, dann zog sie den Riegel zurück und öffnete die Tür.
Durch den Spalt wehte kalte Luft herein. Das Unwetter hatte für Abkühlung gesorgt. Nur ein schmaler Streifen Licht fiel aus der Hütte, die Wolken verdeckten den Himmel und färbten die Nacht tintenschwarz. Der Regen verschlang alle Geräusche bis auf sein eigenes beständiges Rauschen. Mit erhobenem Schild trat Tamár durch die Tür. Die Anspannung hielt seinen Leib gefangen, doch sein Geist war klar. Regentropfen fielen mit metallischem Klang auf Schild, Helm und Rüstung. Nichts geschah.
Gerade, als er Flores ein Zeichen geben wollte, sprang von rechts eine dunkle Gestalt auf ihn zu. Ein Schwerthieb kratzte über den Schild. Ein von der Seite geführter Schlag, dem kaum auszuweichen war. Ohne den Schild wäre der Marczeg schwer verletzt, wenn nicht gar tot gewesen. Nicht nur einfache Straßenräuber, schoss es ihm durch den Kopf. Sondern einer, der das Kriegshandwerk beherrscht.
Doch mit solchen Überlegungen konnte sich Tamár nicht aufhalten. Sein Gegner führte einen Überkopfschlag aus, der den Masriden zwang, sich unter den Schild zu ducken. Wieder schlug die Klinge auf Metall. Aus dem Augenwinkel
sah Tamár eine Gestalt, die sich von links näherte. Ein Speer zuckte auf sein Gesicht zu, und er wich verzweifelt nach hinten aus. Mit einem Fuß stolperte er über die Türschwelle. Er ging in die Knie, konnte aber gerade noch einen weiteren Schwerthieb blocken.
Da war Flores heran. Während Tamár sein Gleichgewicht wiederfand, parierte sie den Speerstoß, drehte sich mit einer tänzelnden Bewegung durch die Tür, duckte sich unter dem Schwert hinweg und drang auf den Speerträger ein. Der Schwertkämpfer setzte ihr nach, doch dann war Tamár bereit, stürzte vor und blockierte seinen Weg. Hinter sich hörte der Masride, wie Flores und der Speerträger sich durch den Regen entfernten, hörte, wie Stahl auf Holz traf, lautes Atmen, einen leisen Fluch, dessen Worte er nicht verstehen konnte.
Dann war sein Feind schon bei ihm. Das Schwert wurde hoch geführt, zwang Tamár in die Defensive. Sein eigener Hieb verschaffte ihm nur ein wenig Platz, aber genug, um festen Stand zu finden und sein Gegenüber zu mustern. Der schwache Lichtschein aus der Hütte zeigte einen Mann in dicker Lederrüstung, auf die tropfenförmige Metallplatten genietet waren, die im Regen nass glänzten. Sein Gesicht wurde von einem schmucklosen Helm verdeckt, und er trug keinerlei Wappen oder Abzeichen. Einzig sein Schwert, das leicht gekrümmt war, bot einen Hinweis auf seine Herkunft, aber Tamár hatte kaum genug Gelegenheit, darüber nachzudenken.
»Zurück, du Hund«, brüllte er. »Weißt du nicht, wem du gegenübertrittst?«
Zur Antwort griff der Mann wieder an. Den Schlag fing Tamár mit dem Schild ab, hieb dann nach den Beinen des Feindes, der sich nur mit einem Sprung rückwärts retten konnte. Unwillig, ihn davonkommen zu lassen, stürmte Tamár hinter ihm her.
Doch sein Feind wich seinen Angriffen geschickt aus,
nutzte den Raum, um den schweren Streithammer ins Leere gehen zu lassen, und begann sofort einen Gegenangriff. Seine Klinge war schnell, und er wechselte gewandt die Seiten, hieb mal von rechts, mal von links auf Tamár ein. Dabei hielt er genug Abstand, um gegen den Hammer gewappnet zu sein. Jeder Schlag
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