Der zweite Weltkrieg
See- und Luftkriegführung. Außenpolitisch besaß das Sicherstellen der lebensnotwendigen Unterstützung durch die Vereinigten Staaten Vorrang, und diesbezüglich tauchte im vierten Quartal 1940 ein Problem auf: Großbritannien, das die in den Vereinigten Staaten gekauften Waren und Güter größtenteils bar bezahlen musste, drohte Zahlungsunfähigkeit. Churchill sandte daher Roosevelt – nach dessen Wiederwahl am 5. November 1940 – eine ungeschminkte Lagebeschreibung. Diese brachte Gespräche in Gang, die zum Leih-Pacht-Gesetz führten, das am 11. März 1941 in Kraft trat. Es ermächtigte den Präsidenten, Ländern, deren Verteidigung ihm für die nationale Sicherheit wichtig erschien, praktisch unentgeltlich Kriegsmaterial und Versorgungsgüter zur Verfügung zu stellen. Bis 1945 bekamen 38 Regierungen Hilfeleistungen, die sich – auf die Kaufkraft im Jahr 1995 bezogen – auf 42 bis 50 Billionen US-Dollar beliefen. London vermochte nun umfangreiche Bestellungen aller Art aufzugeben, ohne sofort über die Bezahlung nachdenken zu müssen. Allerdings drängte Washington auf handelspolitische Zugeständnisse, etwa die uneingeschränkte Öffnung der Märkte. Hinzu kamen ein Technologietransfer und Rohstofflieferungenaus britischen und französischen Kolonien in die Vereinigten Staaten im Wert von circa acht Billionen US-Dollar.
1. Deutschlands Wendung nach Osten
Churchills diplomatischer Erfolg erlangte für den Kriegsverlauf unschätzbare Bedeutung. Gleichwohl gilt, dass die deutsche Strategie, die von isolierten Feldzügen ausging, schon im Juni 1940 scheiterte, als die Briten, trotz ihrer schweren Niederlage auf dem Kontinent, ganz allein weiterkämpften.
Um aus dem entstandenen Dilemma herauszukommen, beschloss Hitler am 31. Juli 1940, die Sowjetunion programmgemäß, wenn auch vorzeitig, im Frühjahr 1941 anzugreifen. Er wollte also nötigenfalls sogar einen Zweifrontenkrieg in Kauf nehmen. Ohne sich zeitlich festzulegen, hatte Hitler im Juni 1940 erstmals die Rede auf den Ostkrieg gebracht, obwohl er damals noch ein deutsch-britisches Übereinkommen erwartete. Und der mit dem NS-Lebensraumprogramm bestens vertraute General der Artillerie Franz Halder, Generalstabschef des Heeres, ließ seit dem 19. Juni unaufgefordert die Planstudie „Otto“ erstellen. Diese untersuchte zwar einen Angriff mit begrenztem Ziel, aber dennoch konnte der Oberbefehlshaber des Heeres, Generalfeldmarschall v. Brauchitsch, als ihn der „Führer“ am 21. Juli mit Planungen für die Lösung des „russischen Problems“ beauftragte, auf Halders Vorarbeiten zurückgreifen. Auf der Grundlage von „Plan Otto“ fußte die operative Planung des Ostkriegs – „Fall Barbarossa“. Der Diktator unterschrieb die entsprechende Weisung am 18. Dezember 1940. Das bedeutet, dass seit dem 31. Juli der nicht mehr angehaltene
Countdown
für seinen Hauptkrieg lief.
Hier ist anzumerken, dass die Schweiz sowie Liechtenstein von Hitlers Entschluss profitiert haben dürften. Denn der Generalstab des Heeres prüfte ab dem 25. Juni auch die Erfordernisse einer überfallartigen Besetzung der beiden Länder. Obwohl die Deutschen das Vorhaben wegen der veränderten strategischen Lage am 11. November 1940 auf unbestimmteZeit zurückstellten, blieb die Inbesitznahme Liechtensteins und der Schweiz bis zum Herbst 1944 eine ernsthafte Eventualität. Als ähnlich gefährdet galt Schweden. Selbst Portugal, Spanien sowie die Türkei erschienen zeitweise bedroht.
Die genannten neutralen oder nichtkriegführenden Mächte, die im Übrigen nicht nur den deutschen Markt bedienten, hatten Druck aus Berlin in der Regel nachzugeben. Wahr ist aber ebenfalls, dass ihnen das nicht besonders schwer fiel, brachte doch der Export ins Reich enorme Gewinne.
Im Hinblick auf die Ende Juli getroffene Entscheidung beweisen die „Monologe im Führerhauptquartier“ und andere Quellen, dass diese ideologisch, imperialistisch sowie situativ motiviert war. 1940 begründete Hitler den Entschluss, die Sowjetunion anzugreifen, mit der Annahme, dass Churchill nur deshalb nicht klein beigebe, weil er das Eingreifen Roosevelts und Stalins erwarte. Jene Hoffnung werde
Downing Street
nach dem Sieg im Osten begraben müssen, da der mit der sowjetischen Niederlage einhergehende Machtzuwachs der Japaner die Amerikaner vom militärischen Engagement in Europa abhalten würde. Am 4. Februar 1945 diktierte der „Führer“ Bormann ins Protokoll, sein „unerschütterlicher
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