Der Zweite Weltkrieg
standen nur noch zu einem Drittel, vierzig Prozent aller Wohnungen waren total zerstört oder nicht mehr wiederaufbaubar. In den Industrierevieren Schlesiens und des Ruhrgebiets rauchten nicht mehr die Schlote, sondern die Ruinen. Alle 33 Eisenbahnbrücken über Rhein und Weser, 22 der 34 über die Donau lagen in den Flüssen, ein Drittel des Reichsbahnnetzes war unbefahrbar, 1500 Schiffswracks blockierten den Rhein, 3455 die Seehäfen. Die Strom- und Wasserversorgung funktionierte nur stellen- und zeitweise.
Durch diese Wüstenei irrten Millionen von Menschen auf der Suche nach einer Bleibe, nach Nahrung, nach Freunden, Kindern, Eltern. Es waren Ausgebombte und Flüchtlinge aus dem Osten, befreite Zwangsarbeiter und einstige Häftlinge. Und es waren vor allem Frauen und Kinder, Alte, Kranke und Krüppel, denn über vier Millionen Männer waren gefallen, zwölf Millionen in Gefangenschaft. Und es waren allesamt Entwurzelte, die auf die eine oder andere Weise Heimat verloren hatten. Die Zukunft schien allen finster, viele zweifelten, ob es überhaupt noch eine geben könne – die Selbstmordraten schnellten in die Höhe, vor allem dort, wo zum Elend auch noch Übergriffe der Besatzer kamen.
Rechte der Besiegten? Man fragte sich in der Welt ja schon, ob für diese Deutschen auch nur die Menschenrechte gelten sollten. Ob Gegner, Mitläufer oder Mittäter des NS-Systems – sie alle standen als Deutsche am Pranger, ausgespieen von der Völkerfamilie, die sich entsetzte über die in den KZs zutage kommenden Verbrechen und über die vollends unfassbaren Meldungen aus den Todesfabriken im Osten. Nichts gewusst? Das ließ sich niemandem weismachen, schon gar nicht den Menschen, die unter dem deutschen Terror gelitten hatten.
Opferbilanz
Nach vorsichtigen Schätzungen hatte der Krieg insgesamt 60 Millionen Menschenleben vernichtet. Allein Russland beklagte 27 Millionen Tote, darunter 3 Millionen in deutschem Gewahrsam verhungerte, zu Tode geschundene, erschossene Rotarmisten. Polen hatte über 5 Millionen Einwohner verloren, Deutschland etwas mehr, wozu noch 2,5 Millionen Tote durch Flucht und Vertreibung kamen. 1 Million Jugoslawen, 800 000 Franzosen und fast 400 000 Briten waren Kampfhandlungen zum Opfer gefallen. Während des Bombenkriegs der Alliierten waren 600 000 Einwohner deutscher Städte gestorben, was die angloamerikanischen Luftwaffen mit 100 000 Mann Besatzungen bezahlt hatten. Den wohl entsetzlichsten „Posten“ bildeten die 6,5 Millionen wehrlosen Opfer der deutschen „Endlösung der Judenfrage“, des systematischen Völkermords, der neben Juden auch 500 000 andere rassisch Verfolgte verschlungen hatte
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US-Soldat vor der Silhouette des Kölner Doms. Deutschland lag in Trümmern, materiell wie moralisch. Seine Kathedralen waren ausgeglüht, doch die Türme standen noch. Ein Zeichen der Hoffnung? 1945 nur schwer zu glauben
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(c) akg, Berlin
Görings Luftwaffe probt den Ernstfall
Spanischer Bürgerkrieg (1936-1939)
Weder die Militärdiktatur unter Primo de Rivera (1923-1930), noch die zweite Republik seit 1931 hatte die anhaltende Staats- und Gesellschaftskrise im sozial zerklüfteten Königreich Spanien zu entschärfen und die verfeindeten Lager anzunähern, geschweige denn zu versöhnen vermocht. Als sich im Frühjahr 1936 eine Volksfrontregierung aus Linksrepublikanern, Sozialisten und Kommunisten gebildet hatte, putschten nach Ermordung des Monarchistenführers Calvo Sotelo am 13.7. Truppen im spanischen Nordafrika unter General Francisco Franco und setzten zum Vormarsch auf Madrid an. Der dadurch entbrennende Bürgerkrieg zog Sympathisanten beider Seiten nach Spanien. Für die Republik engagierten sich Tausende von Freiwilligen aus zahlreichen demokratischen Staaten in Internationalen Brigaden, und auch die Sowjetunion sowie Mexiko unterstützten die Volksfront.
Schulterschluss mit Mussolini
Franco dagegen fand Hilfe bei Italien, das 20 000 reguläre Soldaten und 27 000 Freiwillige („Milicia volontaria“) schickte, und beim Deutschen Reich, das den Luftwaffenverband „Legion Condor“ entsandte, um sowohl Waffensysteme wie die politische Reaktion der europäischen Staaten zu testen. Zunächst leistete die Legion im Juli 1936 Transporthilfe beim Übersetzen von Franco-Truppen aus Marokko auf die Iberische Halbinsel. Dann griff sie mit Kampfflugzeugen direkt ein und trug mit Nachrichten-, Transport- und Panzereinheiten insgesamt etwa 6000 immer wieder ausgetauschte Kämpfer stark, oft
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