Der Zweite Weltkrieg
fürchtete, die Polen könnten sich womöglich den anrückenden Russen ergeben. Andererseits scheuten die Befehlshaber den verlustreichen Straßenkampf, gegen den sich vor allem der Stabschef der Heeresgruppe, General Manstein, wandte. Daher zogen seine 8. und 10. Armee den Ring um die Stadt nur so eng wie möglich und ließen auch keine Zivilisten heraus. Man hoffte, dass Rómmel und Bürgermeister Starzynski unter dem Druck der Bewohner vielleicht doch noch die Waffen strecken würden.
Blitzkrieg
Schon vor dem Krieg war in militärischen Fachpublikation vereinzelt von „Blitzkrieg“ als strategischer Option die Rede. Sie bot sich für die Wehrmacht an, die nur über eine unzureichende Tiefenrüstung verfügte und einen Abnutzungskrieg nicht lange hätte durchstehen können. In Polen wurde das Konzept dank der Vorteile in der Motorisierung erfolgreich umgesetzt; und der Begriff fand daher rasch weite Verbreitung, sogar in englischen Blättern stand das deutsche Wort. Man verstand darunter: Geballter Angriff mit schnellen gepanzerten Verbänden unter dichtem Luftschirm, Durchbrechen der gegnerischen Linien, Vorstoßen in die Tiefe des Raumes, Abschneiden der rückwärtigen Verbindungen des Feindes, Zerstörung der Befehlsstränge, entschlossenes Ausnutzen der Verwirrung zum Aufrollen des gegnerischen Aufmarsches durch Frontalangriff mit Infanterie und Artillerie sowie schließlich der Stoß in den Rücken durch Eindrehen der Panzerspitzen
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Brände in allen Stadtteilen
Die Rechnung ging nicht auf. Nach mehreren Flugblattaktionen, die den Warschauern die Sinnlosigkeit des Widerstands vor Augen führen sollten, mussten die Generäle Hitlers Drängen auf Beschießung der Stadt nachgeben. Am 24. September begann ein gnadenloses Bombardement durch die gesamte deutsche Artillerie, dem Luftangriffe der Fliegerdivision z.b.V. (zur besonderen Verwendung) am 25. folgten. 450 Maschinen warfen bei 1176 Einsätzen 72 Tonnen Brand- und 486 Tonnen Sprengbomben ab. Die geschundene Stadt brannte an allen Enden. Doch sie hielt.
Die Hoffnungen der Eingeschlossenen auf Entlastung durch eine Offensive der Westmächte schwanden von Stunde zu Stunde. Am 26. meldete sich über Radio Warschau noch einmal der Bürgermeister: „Zum letzten Mal appelliere ich an unsere Bundesgenossen. Ich bitte nicht um Hilfe. Ich fordere Vergeltung. Für die eingeäscherten Kirchen, für die zerstörten Baudenkmäler, für die Tränen und das Blut der unschuldig Ermordeten, für die Qualen derjenigen, die, von Bomben zerrissen, vom Feuer der Phosphorgeschosse verbrannt, in den eingestürzten Schutzräumen und Kellern erstickt sind.“ Und trotz dieses Infernos schloss Starzynski seinen Appell mit den hochgemuten Worten: „Warschau kämpft. Noch ist Polen nicht verloren!“ Tags darauf aber mussten auch er und der harte General Rómmel die Aussichtslosigkeit weiteren Kämpfens einsehen. Am 28.9.1939 unterzeichneten beide Seiten die Kapitulation der Hauptstadt, 120 000 Mann ergaben sich den Deutschen.
Abkippen zum Angriff. Der Sturzkampfbomber (Stuka) Junkers Ju 87 eignete sich besonders zur Bekämpfung von Punktzielen, weil er seine Bomben erst unmittelbar davor ausklinkte, ehe der Pilot die Maschine wieder abfing
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(c) akg, Berlin
Von der Landkarte getilgt
Das Ende des Feldzugs in Polen (6.10.1939) und die Folgen
Nach dem Fall Warschaus am 28.9.1939 und der Kapitulation von Modlin einen Tag später gab es nur noch wenige Widerstandsnester. Mit der Kapitulation von 16 857 polnischen Soldaten bei Kock (östlich Deblin) am 6.10. erlosch der letzte Widerstand. Die polnische Armee hatte gegen Deutschland (geschätzt) 70 000 Tote, 133 000 Verwundete und 700 000 Gefangene verloren, die Rote Armee meldete zudem 217 000 gefangene Polen bei 737 eigenen Toten und 1859 Verwundeten. Die Wehrmacht hatte an Verlusten: 10 572 Tote, 3409 Vermisste und 30 322 Verwundete.
Die Sowjetunion annektierte die von ihren Truppen besetzten Gebiete. Hitler erwog dagegen zeitweilig das Bestehenlassen einer gewissen polnischen Staatlichkeit. Seine Maßnahmen aber liefen dann doch auf eine defacto-Annexion hinaus: Ehemals preußische Gebiete (rund 90 000 Quadratkilometer mit 10 Millionen Einwohnern) wurden als Gau Danzig-Westpreußen und Wartheland dem Reich angegliedert. Weitere 98 000 Quadratkilometer mit den Bezirken Warschau, Radom, Krakau und Lublin mit noch einmal 12 Millionen Einwohnern wurden zum sogenannten Generalgouvernement, einem „Nebenland“ des Reiches,
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