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Der Zwerg reinigt den Kittel

Der Zwerg reinigt den Kittel

Titel: Der Zwerg reinigt den Kittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Augustin
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verschwitzte Kostüme in die Reinigung bringt oder selbst durchschrubbt.«
    Â»Und ist das eigentlich wahr«, würde Suzanna sagen und kichern, »ist das wahr, dass Schauspieler manchmal in ihre Kostüme pissen vor lauter Aufregung?«
    Leider wahr.
    Oft habe ich Kotspuren gefunden.
    Ankleiderin.
    Ich war dreißig Jahre lang Ankleiderin in einem Theater, noch dazu in einem schlechten, noch dazu am Stadtrand. Jeden Tag eine Stunde im Bus hin und eine Stunde wieder zurück, früher war das Gebäude ein Schlachthof, dann haben sich irgendwelche bekifften Aktionskünstler einquartiert. Politisches Theater und so, aber da war ich noch nicht dabei. Nach dem politischen Theater ist ein Musicalschuppen daraus geworden, und ich habe angeheuert.
    Das Phantom der Oper, Die Schöne und das Biest, Cinderella. Knöpfe annähen, Hemden bügeln, reinhelfen, raushelfen. Bei Dracula, das Grusical habe ich nach jeder Vorstellung stundenlang falsche Zähne gereinigt. Chor der Vampire. Ein paar von den Choristen wollten kein Gebiss tragen, und da habe ich ihnen vor jeder Vorstellung Eckzähne aufkleben müssen.
    Schlechter Atem. Belegte Zungen.
    Zur hundertsten Vorstellung haben sie mir eine Flasche Sekt geschenkt.
    Nette Geste.
    Die Armeejacke hat mir keiner geschenkt, die habe ich geklaut, zum Abschied sozusagen. An meinem letzten Arbeitstag bin ich ins Kostümlager gegangen, und ich weiß bis heute nicht, warum ich ausgerechnet dieses hässliche alte Ding genommen habe. Gerochen hat es auch. Du kannst so ein altes Ding waschen, sooft du willst, den Geruch kriegst du nicht mehr weg, das liegt an den Männern. Jahrzehntelang haben da irgendwelche Männer reingeschwitzt, keine Ahnung, wie viele, aber die historische Reihenfolge ist klar: Nazis, Neonazis, Faschingsnazis, Schauspieler.
    Jetzt trägt Karlotta die Jacke, und vielleicht habe ich das damals im Kostümlager ja schon geahnt. Vielleicht war da so eine Ahnung, dass ich Karlotta bald wiedersehen werde, und wenn du deine beste Freundin nach vielen Jahren wiedersiehst, dann ist es ganz gut, du hast ein Geschenk dabei.
    Etwas, über das sie sich freut.
    Das sie inspiriert.
    Zum Beispiel zu der einen oder anderen guten Idee.
    Wir machen dieses Miststück fertig. Wir schlagen sie nieder, und dann machen wir sie fertig.
    Die Idee mit dem Altenheim war übrigens auch von Karlotta. »Wir gehen auf Urlaub«, hat sie damals zu uns gesagt, »alle vier, gemeinsam. So eine Seniorenresidenz ist wie ein Hotel: Wäschedienst, Zimmerservice, Vollpension. Kleine organisierte Ausflüge ins Grüne oder sonst wohin. Dampferfahrt, Kaffeefahrt, super Sache.«
    Mein Gott ja, warum nicht. Du kannst deinen Lebensabend mit einer Gummipalme verbringen oder mit ein paar abgenutzten Möbeln, also warum nicht mit deinen besten Freundinnen.
    Rückspultaste. Start.
    Â»Willkommen, Herr Doktor! Wie schön, dass Sie endlich da sind, wir haben schon auf Sie gewartet!« Karlotta steht vor Doktor Klupp stramm, gleich wird sie ihm die Hand geben, und mir wird schlagartig klar, was sie vorhat. Sie will mich ausliefern. Als Opfertier zur gerichtspsychiatrischen Schlachtung durch diesen Doktor Klupp.
    Karlotta, du hinterfotziges kleines Luder!
    Â»Ich war’s nicht!«, sage ich laut, es klingt wie ein Schrei. »Ich war’s nicht!«
    Karlotta stoppt ab, Doktor Klupp glotzt mich an.
    Â» Sie war’s!«, sage ich und zeige auf Karlotta. » Sie ist schuld, nicht ich! Und durchgeknallt ist sie auch! Sieht man doch gleich, schon an der Jacke! Siebzig Jahre auf dem Buckel und trägt eine Armeejacke, die spinnt ja, die Alte!«
    Doktor Klupp glotzt, Karlotta auch. Verdammt, erwischt, denkt sie, ich kann es sehen. Bei Doktor Klupp kann ich nicht sehen, was er gerade denkt, das kann ich nur bei meinen besten Freundinnen, die ich fast so gut kenne wie mich selbst und fast so lange, und deswegen weiß ich auch ganz genau, was jetzt passieren wird.
    Und da passiert es auch schon.
    Â»Glauben Sie ihr kein Wort, Herr Doktor.« Karlotta ballt ihre widerliche kleine Pfote zur Faust, dann streckt sie einen verschrumpelten Finger aus und zeigt auf mich. » Sie ist schuld.«
    Â»Blödsinn.« Marlen hebt lässig den Arm und zeigt auf Karlotta. » Sie ist schuld, Herr Doktor.«
    Â»Find ich nicht«, sagt Suzanna fröhlich, » ich finde, sie ist schuld.« Suzanna zeigt auf Marlen. »Oder vielleicht doch nicht

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