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Der Zwerg reinigt den Kittel

Der Zwerg reinigt den Kittel

Titel: Der Zwerg reinigt den Kittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Augustin
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›Herrdoktorherrdoktor, bitte helfen Sie mir!‹ Kennen Sie den?«
    Â»Gutenmorgengutenmorgen meine Lieben alles fit im Schritt wie ich sehe sehrgutsehrgut höhö.« Kurt Schwochow steht in der Tür und brüllt seinen Morgengruß in den Speisesaal. Frau Schnalke macht ein Häkchen, Frau Fitz macht ein Häkchen, Frau Sonne zuckt zusammen und zieht den Kopf ein.
    Â»Wollen wir wetten?«, sagt Marlen zu Suzanna.
    Â»Oh ja! Klatschklatsch. Wir wetten! Um die Nutella!«
    Â»Aber …«, Frau Schnalke setzt an, Marlen macht eine scharfe Handbewegung, Attila faucht und springt von Frau Schnalkes Schoß. »Liebling!«, sagt sie und bückt sich nach Attila, der unterm Tisch verschwunden ist.
    Â»Abgemacht. Um die Nutella«, sagt Marlen. » Ich wette, dass er den mit dem Opa im Puff als Erstes erzählt.«
    Suzanna kichert. »Der ist ja sowas von blöd, der mit dem Opa im Puff.«
    Kurt Schwochow hat sich in Bewegung gesetzt und trabt durch den Speisesaal auf uns zu. Kleine Laufschritte, betont federnd. Frau Fitz trabt im Sitzen und murmelt: »Eins, zwei, eins, zwei, Bewegung ist Leben, Bewegung ist Leben, eins, zwei …«
    Â»Schnell«, sagt Marlen, »gleich ist er da. Welchen erzählt er zuerst?«
    Â»Den mit dem achtzig Jahre alten Arsch«, kichert Suzanna.
    Â»Ich tippe auf den, in dem Almut vorkommt«, sagt Karlotta und löst sich zum ersten Mal an diesem Morgen aus ihrer Konzentrationsstarre. »Ihr wisst schon, der mit dem Pimmel und den zittrigen Händen.«
    Sehr witzig, sage ich. Dass ich nicht mitmache, muss ich nicht sagen, ich mache nie mit bei der Wetten-Welcher-Witz-Wette, weil das keine richtige Wette ist. Egal, wer gewinnt, Suzanna bekommt die Nutella. Marlen hasst das Zeug, und Karlotta weiß, dass es nur zwei Dinge gibt, die Suzanna daran hindern, die R ESIDENZ auf der Stelle zu verlassen. Eines davon ist die Nutella.
    Schwochow federt die letzten zwei Meter auf uns zu, »Hüpfhüpf«, sagt Frau Fitz, und vielleicht meint sie den Turnbeutel, den sich Schwochow immer umschnallt wie einen Rucksack, vielleicht aber auch nicht, dann meint sie etwas anderes.
    Schwochow ist übrigens gar nicht nackt, also nicht ganz, das sieht nur so aus, und nur von weitem. Wenn du ihn aus dem vierten Stock bei der Morgengymnastik im Käfig beobachtest zum Beispiel, dann sieht das so aus. Liegt an der Hose. So eine nussbraune kurze Sporthose aus glänzendem Material, eng anliegend. Die Haut von Schwochow ist auch nussbraun, weil er sich den ganzen Tag in seiner Sporthose draußen herumtreibt. Gymnastik vor dem Frühstück, Joggen nach dem Frühstück, zwischen Mittagessen und Kaffee Seilspringen, außerdem Krafttraining mit Kurzhanteln, das macht Schwochow immer auf der schmalen Zufahrtsstraße zur R ESIDENZ . In den Käfig traut er sich dann nicht mehr, weil der Heimleiter ab zwölf im Haus ist und von seinem Büro aus die ganze Grünanlage überblickt.
    Duschen.
    Oder Baden.
    Das wäre so eine Wette, bei der ich sofort mitmachen würde.
    Ob Schwochow es tut. Und wenn ja, wann.
    Vielleicht nach der Abendgymnastik, die macht er immer im Speisesaal, wenn alle fertig sind mit dem Essen. Die Küchenhilfe räumt das Geschirr ab, ein paar von den Alten sitzen noch herum und sehen zu, und ich wette, da läuft die eine oder andere Wette.
    Wie viele Sit-ups er diesmal schafft.
    Wie viele Liegestütze.
    Ob er sich duscht danach oder gleich ins Bett fällt in seiner nussbraunen Sporthose, von der Karlotta sagt, dass sie eher kackbraun ist.
    Jetzt trabt er um unseren Tisch, das macht er jeden Morgen. Immer eine Runde um den ganzen Tisch, und erst dann setzt er sich auf seinen Platz zwischen Frau Sonne und Marlen.
    Â»Eins, zwei, eins, zwei«, schnauft Schwochow, Karlotta atmet durch den Mund, Suzanna auch, Marlen hält die Luft an. »Eins, zwei, eins, zwei, Bewegung ist Leben, Bewegung ist Leben.«
    Â»Hüpfhüpf«, sagt Frau Fitz und trabt im Sitzen.
    Â»Komm her, Süßer, komm zu Frauchen.« Frau Schnalke beugt sich weit unter den Tisch, Frau Sonne zuckt zusammen, obwohl keiner etwas zu ihr gesagt hat, jetzt stöhnt sie leise und klammert sich fester an den Teller mit dem Album.
    Ich will gar nicht wissen, was Attila da gerade unterm Tisch treibt, ich atme flach.
    Schwochow geht in die Kurve.
    Ich atme flacher.
    Schwochow trabt hinter meinem Klappstuhl vorbei.
    Mein Atem ist

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