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Der Zwerg reinigt den Kittel

Der Zwerg reinigt den Kittel

Titel: Der Zwerg reinigt den Kittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Augustin
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höhö«, mein Atem ist die flachste Flunder aller Zeiten. Wenn er nicht bald aufhört mit dem Kreisen und sich hinsetzt, dann mache ich es wie die alte Kropp zu Lebzeiten: Dann garantiere ich für nichts.
    Â»Frau Wimmer kommt nimmer und Frau Kropp Frau Kropp ja wo ist sie denn und was seh ich denn da kein Tellerchen kein Löffelchen Frau Kropp ist hop oderwieoderwas schadeschade höhö«, labert Schwochow und lässt sich auf seinen Klappstuhl fallen.
    Â»Uffa«, sagt Frau Fitz.
    Ich lasse die letzte Welle Altmännerschweiß über mir zusammenschlagen und zähle einundzwanzig, zweiundzwanzig, dann atme ich tief durch.
    Karlotta: Sie atmet tief durch.
    Suzanna: tief.
    Marlen: nicht. Atmet nicht seit zwanzig Sekunden, und das kann jeder, aber sie wird auch die nächsten zwanzig Sekunden nicht atmen. Sie wird auf Nummer sicher gehen.
    Kann auch jeder, vierzig Sekunden?
    Mag sein. Aber vor zwei Tagen hat Marlen drei Minuten lang nicht geatmet, weil Schwochow einfach nicht aufgehört hat mit dem Armkreisen. Die Legende sagt, dass Hexen bis zu einer Stunde durchhalten können, das haben sie im Mittelalter gelernt, wo man sie ständig ertränken wollte.
    Â»Liebling! Nicht! Nicht fressen!« Frau Schnalke ist kaum noch zu sehen, ihr Oberkörper steckt unter dem Tisch, ihr breiter Hintern ruckelt auf dem Klappstuhl hin und her, sie versucht gerade, Attila zu erwischen, zumindest sieht ihr Hintern danach aus. Frau Sonne stöhnt leise, Frau Fitz auch, beide umklammern ihre Teller wie einen Rettungsring. Frau Schnalkes Hintern ruckelt hysterisch, jetzt wird er ruhig. Zwei Paar Hände erschlaffen synchron und lösen sich vom Rettungsring.
    Â»Tausendmal«, keift die Schnalke und taucht mit rotem Kopf unter dem Tisch auf, »tausendmal habe ich Ihnen gesagt: nicht die blauen mit der PVC -Sohle!«
    Attila hängt schlaff in ihrem Arm, er sieht aus wie ein monströses Stofftier, das irgendwelche Leute entworfen haben, die keine Kinder mögen. Für einen Moment denke ich, er ist tot.
    Attila ist tot.
    Ermordet von einem blauen Hauspantoffel und seiner hochgiftigen Sohle aus Polyvinylchlorid.
    Â»Wenn er krank wird, sind Sie schuld, Sie dummes Stück Mist! Ich werde das melden! Bei Schwester Terese!«
    Attila reißt sein Maul auf und gähnt. An seinem oberen Reißzahn hängt ein kleiner blauer Fetzen. Zum Glück sitze ich weit genug weg und kann es nicht riechen, aber ich kann es hören: das leise Wimmern der halbverdauten Lämmer in Attilas Magen. Die Schmerzenslaute der Küken, die gerade von Attilas Magensäure zersetzt werden. Das stumme Weh der Stofffetzen, die Attila aus Frau Sonnes Hauspantoffeln gerissen und verschlungen hat, und wer weiß: Vielleicht seufzt da auch ein winziges Stück Frau Sonne tief unten im Reich der Finsternis. Ein bisschen Haut. Ein bisschen Fleisch.
    Â»Ist ja gut, mein Süßer«, Frau Schnalke drückt ihr Gesicht in Attilas Fell, »ist ja gut, mein erschöpfter kleiner Liebling. Die böse Frau kann dir nichts tun, wir werden das der netten Schwester melden, und sie wird die böse Frau bestrafen, die dich vergiften will.«
    Â»Höhö nette Schwester köstlichköstlich Schwester Terese und von wegen nett der ist gut nicht wahr mein Täubchen«, sagt Schwochow und kneift Frau Sonne in die Wange, tief hinein in das Kinderpflaster mit den kleinen Enten.
    Frau Sonne reagiert kaum. Kein Stöhnen, kein Zucken, nur die Hände zittern leicht, und nur für ein paar Sekunden, dann liegen sie wieder ruhig da. Auf dem Album. Schützend.
    Â»Wirklich gut«, sagt Schwochow und nimmt seine Finger aus Frau Sonnes Gesicht. »Ein wirklich guter Witz und da fällt mir auch einer ein der ist noch viel besser und der geht so: Kommt ein …«
    Opa!, sagt Marlen.
    Arsch!, sagt Suzanna.
    Pimmel!, sagt Karlotta.
    Ich sage nichts. Ich wette ja auch nicht mit, ich fühle mich gerade wie in einem Heim für alte Frauen mit infantiler Regression oder mit Tourette-Syndrom, und so fühle ich mich jeden Morgen um diese Zeit.
    Frau Fitz sagt: »Arschpimmelopa!«
    Ich will hier raus.
    Â»Höhö nönö«, sagt Schwochow und wedelt wie jeden Morgen begeistert mit den Armen über so viel Interesse an seinen Witzen, »nönö meine Damen das entscheidet immer noch der Scheffe welchen Witz er erzählt also brav sein und zuhören was der Täuberich seinen Täubchen

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