Der Zwergenkrieg
nicht einmal erkennen, ob das Feuer noch brannte. Wohl hing der Geruch von Rauch in der Luft, und von oben erklangen ferne Stimmen und das metallische Scharren der Rüstungen.
Vorsichtig schauten sie sich um, die Waffen kampfbereit. In unmittelbarer Nähe schienen sich keine Nordlinge aufzuhalten. Der Zugang zum Tunnel, ein kreisrunder Krater in der Mitte des Arenabodens, war nur als schwarze Fläche zu erkennen. Ob sich dort unten Wächter befanden, war nicht zu sehen, doch Grimma hatte keine Zweifel daran.
»Sieht aus«, raunte sie den anderen zu, »als müssten wir das letzte Stück des Weges im Freien zurücklegen.«
»Alles ist besser als diese Dunkelheit«, meinte Bollis mürrisch. Wie Grimma und Styrmir hatte auch er nie zuvor einen solchen Mangel an Licht erlebt – schließlich waren sie alle im Hohlen Berg aufgewachsen, in dem es keine absolute Dunkelheit gab –, und er war bereit, es lieber mit den Nordlingen aufzunehmen, als sich noch einmal zurück ins Innere der Anlage zu wagen.
Vorsichtig pirschten sie im Schatten gewaltiger Deckentrümmer von Rang zu Rang, langsam und nahezu geräuschlos, bis sie die untere Sitzreihe erreichten. Von hier aus fiel eine Mauer fünf Schritte tief ins Innere der Arena ab; früher hatte es hier ein Geländer gegeben, doch davon kündeten heute nur noch leere Verankerungen im Gestein. Wahrscheinlich hatten die Nordlinge das Metall eingeschmolzen, um daraus Schwerter zu schmieden.
»Wie sollen wir da runterkommen?«, fragte Bollis.
»Springen«, entgegnete Styrmir knapp. »Oder siehst du eine andere Möglichkeit?«
Grimma runzelte die Stirn. »Wir werden uns alle Knochen brechen.«
Styrmir rümpfte höhnisch die Nase, warf seine Axt über die Brüstung, und ehe einer der anderen ihn aufhalten konnte, schwang er sich todesmutig in die Tiefe. Mit einem Stöhnen und einem dumpfen Laut kam er am Boden auf. Grimma schaute besorgt hinterher, sah aber, dass er sich bereits wieder aufrappelte.
»Er ist verrückt«, zischte Bollis.
»Ja«, sagte Grimma, und ihre Stimme war voller Anerkennung. »Genauso verrückt, wie man wohl sein muss, wenn man lebend hier herauskommen will.«
Und damit ließ sie ihre Waffe in die Tiefe fallen, setzte sich auf die Kante und stieß sich mit beiden Händen ab. Vom Fall selbst spürte sie nichts, konnte sich im Nachhinein nicht einmal wirklich daran erinnern. Alles, was sie fühlte, war der Schmerz in ihren Beinen und, als sie sich abrollte, ein Knirschen in ihrem Rücken. Styrmir war sofort bei ihr und begann, sie abzutasten. Sie aber schob seine Hände eilig von sich und knurrte, alles sei in Ordnung. Sie kam schwankend auf die Knie, und diesmal war sie froh, dass Styrmir sie packte, denn sonst wären ihre Beine wohl unter ihr eingeknickt. Ihr war schwindelig, doch einen Moment später stand sie leidlich sicher auf beiden Füßen und hob ihre Axt vom Boden.
Bollis zögerte noch immer, und obwohl er einer der tapfersten Kämpfer war, die Grimma je getroffen hatte, tat er sich mit dem Sprung sichtlich schwer. Schließlich aber schloss er die Augen, verlor erst im Fall die Axt und kam unglücklich mit dem rechten Knie auf. Er keuchte vor Schmerz und humpelte leicht, als er sich wortlos aufmachte, seine Waffe zu suchen.
»Geht’s?«, fragte Styrmir sorgenvoll, doch Bollis murmelte nur etwas Unverständliches, fand seine Axt und gesellte sich ohne einen weiteren Ton zu Grimma.
Von hier aus waren es noch rund dreißig Mannslängen bis zum Rand des Lochs. Der Mond tauchte die freie Fläche in dumpfes Grau. Würden die drei sie jetzt überqueren, waren sie von jedem Punkt der Arena aus deutlich zu sehen. Sie mussten warten, bis der Mond hinter einer Wolke verschwand. Vorausgesetzt, so viel Zeit blieb ihnen noch und ihr Sprung in die Tiefe war nicht bemerkt worden.
Grimma wagte sich einige Schritte weit aus dem Schatten der Mauer und blickte nach oben. Sie konnte das Feuer auf dem Rundweg jetzt deutlich erkennen, sah auch, dass sich mehrere Silhouetten davon abhoben.
»Komm zurück!«, wisperte Styrmir ihr aus dem Schatten zu. »Sie können dich sehen.«
Grimma löste sich vom Anblick der Flammen und trat zu ihren beiden Gefährten ins Dunkel. Bollis starrte ungeduldig zum Mond empor. »Gleich ist es soweit«, raunte er ihnen zu.
Er behielt recht. Wenig später verschwand die Mondsichel hinter einer dunklen Wolkenmasse, und der Schein, der die Arena mit fahlem Dämmerlicht erfüllt hatte, erlosch.
Hastig liefen sie los. Grimma sah mit
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