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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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schlecht geht, bleibst du lieber zu Hause. Vor allem solltest du nicht fahren. Ich rufe Mr Atwood an und sage ihm Bescheid.«
    »Hör auf. Ich hab doch gesagt, dass es mir gut geht.« Clementine wollte nicht so schroff klingen, fühlte sich aber auch zu erschüttert, um sich zu entschuldigen. Sie sah auf ihre Uhr. »Ich muss los.«
    »Du hast kaum was gegessen.«
    »Ich habe keinen Hunger.« Sie stand auf.
    »Nimm das Croissant mit und iss es unterwegs.«
    »Ich hole mir in der Stadt etwas.«
    Marina wollte ihr nicht auf die Nerven gehen, also sagte sie nichts. Sie blickte zu dem angeknabberten Croissant auf dem Tisch und wurde von mütterlicher Sorge gepackt. Es war ungesund, den Tag mit leerem Magen zu beginnen.
    »Bis später dann. Ich wünsche dir einen schönen Tag.«
    Clementine schwieg. Sie verließ den Raum und nahm ihre finstere Stimmung mit. Kurz darauf fiel die Haustür ins Schloss. Ein Windstoß wehte in die Küche, bevor alles ruhig wurde und sich das Haus wieder unbeschwert anfühlte.
    Marina lenkte ihre Gedanken zu Rafa Santoro. Sie freute sich nicht, ihn kennenzulernen. Vielmehr fürchtete sie, wieder enttäuscht zu werden. Könnte doch Paul Lockwood wiederkommen, dann wäre alles bestens. Sie trank ihren Kaffee aus und räumte den Tisch ab. Als sie die Teller stapelte, hörte sie die Tür wieder aufgehen und das laute, typische Stöhnen, mit dem Bertha stets hereinkam.
    »Morgen«, ächzte Bertha. »Wieder ein sonniger Tag im Polzanze.« Sie kam schwerfällig in die Küche geschlurft. Bertha war eine füllige Frau mit fleckigem schweinchenrosa Teint und blassblondem Haar, das sie immer zum Pferdeschwanz gebunden trug. Sie arbeitete im Hotel, putzte aber auch jeden Morgen ein paar Stunden für Marina im umgebauten Stall.
    »Guten Morgen, Bertha. Wie geht es dir heute?«
    »Tja, meine Erkältung klingt langsam ab, aber mein Kreuz. Na ja …« Sie reichte Marina eine Postkarte, sackte auf einen Stuhl und nahm sich Clementines angebissenes Croissant. »Kommt ganz aus Kanada. Hübsche Schrift.«
    »Katherine Bridges«, sagte Marina lächelnd. »Meine alte Lehrerin.«
    »Komisch, sich mit einer Lehrerin von früher zu schreiben.«
    »Sie war mehr als eine Lehrerin. Sie war besonders.«
    Bertha verzog das Gesicht. »Der Doktor sagt, ich soll’s mit den Nadeldingern probieren. Wie heißen die noch?«
    »Akupunktur«, antwortete Marina geistesabwesend, denn sie las die Karte.
    »Hört sich schmerzhaft an, lauter kleine Nadeln reingestochen kriegen. Ich glaub nicht, dass das was für mich ist. Ich hab eine ganz niedrige Schmerzschwelle. Die Entbindungen haben mich schon fast umgebracht. Hätten die mir nicht jedes Mal die Epidurale gegeben, ich wär glatt gestorben.«
    Marina verkrampfte sich. »Ich gehe lieber rüber. Kannst du bitte Clementines Zimmer heute gründlich machen?«
    »Ich hab sie wegfahren gesehen. Sah nicht so klasse aus. Ich hab nicht mal ein Lächeln gekriegt.«
    »Ich auch nicht, Bertha.«
    »Ein Lächeln kostet ja wohl nix.«
    »Oh doch, wenn man übel verkatert ist wie sie. Denk bitte an ihr Zimmer, ja?«
    »Ich tu mein Bestes.« Eine Hand unten in ihren Rücken gestemmt, stand sie auf und humpelte zum Geschirrspüler.
    Marina steckte die Postkarte in ihre Tasche und ging über den Kiesplatz zum Hotel. Bertha vergewisserte sich, dass sie weg war, ehe sie den Kessel anstellte, sich wieder hinsetzte und die Daily Mail aus ihrer Handtasche zog. Dann vertiefte sie sich in einen ergreifenden Artikel über ein Katzenjunges, das im Klo runtergespült wurde und überlebte.
    Jennifer und Rose unterhielten sich am Empfangstresen mit Jake, als Marina hereinkam. Im Gegensatz zu seiner Schwester war Jake ein freundlicher junger Mann, der stets ein Lächeln parat hatte und sehr charmant sein konnte. Er war so groß wie sein Vater und sah mit seinen blauen Augen und der geraden Nase auf klassische Weise gut aus. Was seinen Reiz ein wenig dämpfte, war der Mangel an Charakter in seinem Gesicht. Es hatte jenen seichten Ausdruck, wie ihn viele gut aussehende Engländer besaßen, die in ihrem Leben nichts als Angenehmes erlebt hatten.
    Auf seine joviale Begrüßung hin konnte Marina nicht anders, als sein Lächeln zu erwidern. »Ich sollte dir eigentlich böse sein.«
    »Ich weiß, tut mir leid. Ich hätte dir sagen müssen, dass ich noch in Thurlestone vorbeifahren wollte. Aber ich dachte nicht, dass es so lange dauert.«
    »Und was konntest du über den Einbrecher erfahren?«
    »Außer dass er

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