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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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nicht als Flirtversuch auffassen konnte.
    Sie lächelte höflich. »Danke.« Schon jetzt mochte sie ihn. Er hatte nicht das leere gute Aussehen von Jake, sondern die Falten und Unvollkommenheit eines Mannes, der das Leben in all seinen Schattierungen kannte.
    »Sie wollen hoffentlich nicht nur englische Künstler.«
    »Ganz und gar nicht. Ich bin überhaupt nicht auf Nationalitäten festgelegt, solange die betreffende Person richtig für die Stelle ist.« Ihr fiel seine silberne Gürtelschnalle mit den eingravierten Initialen R.D.S. auf.
    Er grinste, sodass sich kleine Lachfältchen in seinen Mund- und Augenwinkeln zeigten. »Ein Geschenk von meinem Vater.«
    »Sehr hübsch. Setzen wir uns.«
    Er nahm auf dem Sofa Platz, und Marina sank verträumt in ihren Sessel. Sie hatte Heather vergessen, die wie gelähmt an der Tür stand und ziemlich rote Wangen hatte.
    »Möchten Sie Tee oder Kaffee?«, fragte Marina rasch, nachdem sie sich wieder halbwegs im Griff hatte.
    »Ein Fruchtsaft wäre sehr nett.«
    »Den nehme ich auch. Bring uns bitte frisch gepressten Orangensaft«, sagte sie zu Heather.
    Heather sah erschrocken aus. »Soll ich auch Kekse bringen?«
    »Eine gute Idee, Heather.«
    »Möchten Sie Eis in Ihrem Saft?«
    »Nein danke«, antwortete er.
    Heather wurde noch röter. »Sonst noch etwas?« Sie machte keinerlei Anstalten zu gehen.
    »Nur die Tür, Heather«, sagte Marina. »Schließ sie bitte hinter dir. Also, was verschlägt einen Argentinier nach Devon?«
    »Eine berechtigte Frage. Ich bin weit weg von zu Hause.«
    »Sehr weit.«
    »Ich arbeite für eine Werbeagentur in Buenos Aires, als Künstler und Illustrator. Nachdem mein Vater gestorben war, beschloss ich, ein Sabbatjahr zu machen.«
    »Tut mir leid, das zu hören.«
    »Er war sehr alt. Ich bin das jüngste von fünf Kindern und zwanzig Jahre jünger als das älteste.«
    »Ein Nachzügler, verstehe.«
    »Ja, könnte man sagen. Jedenfalls wollte ich reisen, und so bin ich die letzten paar Monate durch Europa gereist.«
    »Malend?«
    »Ja. Es ist eine gute Art, sich Zeit zu nehmen und Orte richtig zu sehen.«
    »Dann dürften Sie inzwischen eine beachtliche Sammlung haben.«
    »Stimmt. Aber leider kann ich nicht alle Bilder behalten. Es ist unpraktisch, mit zu viel Gepäck zu reisen.«
    »Ja, natürlich. Und was fangen Sie mit den Bildern an, die Sie nicht behalten? Sagen Sie bitte nicht, dass Sie sie wegwerfen.«
    »Nein, das wäre zu schmerzlich. Ich hänge an jedem einzelnen. Ich lasse sie in Hotels, Restaurants … oder verschenke sie.«
    »Wie großzügig.«
    »Eigentlich nicht, denn sie kosten mich ja nichts.« Er zuckte mit den Schultern. »Und sie sind auch nicht viel wert. Ich bin nicht berühmt, nicht einmal bekannt.«
    »Nein, dann wären Sie wohl nicht hier.«
    »Mag sein. Ich kam zufällig nach Devon und finde es hier so wunderbar, dass ich entschieden habe, länger zu bleiben. Und als ich überlegte, wie das am besten ginge, stieß ich auf Ihre Annonce in der Zeitung. Ich würde gerne den Sommer über hierbleiben.«
    »Und danach kehren Sie nach Argentinien zurück?«
    »Ja, zurück nach Buenos Aires.«
    »Ich war noch nie in Argentinien.«
    »Es ist auch sehr schön. Und dem guten Geschmack nach zu urteilen, den Sie bei der Einrichtung dieses Hotels bewiesen haben, denke ich, dass Sie sich sofort in das Land verlieben würden.«
    »Man sagt, es wäre voller Italiener, die Spanisch sprechen und Engländer sein wollen.« Sie lachte und lehnte sich entspannt zurück. Er hatte eine solch gewinnende Ausstrahlung, dass Marina wünschte, dieses Vorstellungsgespräch würde nie enden. Sie wusste bereits, dass Rafa Santoro den Sommer im Polzanze verbringen würde, egal ob er malen konnte oder nicht.
    »Ich nehme an, das ist zutreffend, zumindest was meine Person angeht. Obwohl ich nicht unbedingt Engländer sein möchte. Ich bin recht zufrieden mit dem, was ich bin.«
    Nun ging die Tür auf, und Heather brachte Saft und Kekse auf einem Tablett, gefolgt von Harvey, der sehen wollte, was die ganze Aufregung verursachte. Er hatte dem Quartett in der Halle befohlen, wieder an die Arbeit zu gehen, wohlwissend, dass Marina es hasste, wenn sie tatenlos herumstanden, insbesondere Bertha, die so faul wie eine Sau in der Sonne war.
    »Darf ich Ihnen Harvey vorstellen«, sagte Marina, deren Augen bei seinem Anblick aufleuchteten. Er schüttelte Rafa die Hand und grinste ihn an. Marina erkannte mit Freuden, dass er mit dem Künstler einverstanden war.

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