Des Kaisers Gespielin (German Edition)
immer wieder rief sie meinen Namen und ich nahm ihr Gesicht nur noch verschwommen wahr. Plötzlich strauchelte sie. Wie im Traum sah ich, wie ihr Körper sich langsam dem Boden näherte, wie er schließlich aufschlug und in einer Wolke aus Staub aus meiner Sicht verschwand. Ich merkte kaum, dass ich schrie wie von Sinnen, dass ich mit dem Soldaten rang als er versuchte mich daran zu hindern, die Tür in voller Fahrt zu öffnen. Aber ich merkte sehr wohl, wie er mich zurück in meinen Sitz drückte und hilflos meine Hand tätschelte. Ich stieß ihn zurück und kauerte mich zusammen. Da waren sie, meine Tränen, endlich! Und wie befreit schluchzte ich hemmungslos in mich hinein und hätte nicht sagen können, ob ich um mich oder meine Schwester weinte.
Irgendwann versiegte aber auch dieser Strom. Peinlich berührt wegen meines nicht gerade damenhaften Gefühlsausbruchs wagte ich es nicht, die anderen Passagiere anzusehen. Aus den Augenwinkeln nahm ich aber sehr wohl wahr, dass die Sklavinnen ihren Blick immer noch an den Boden hefteten.
Nichts was sie nicht schon einmal erlebt hatten, dachte ich bitter, und fühlte mich einen Moment lang tief verbunden mit all den anderen Mädchen, die vor mir in ebendieser Kutsche gesessen und geweint hatten. Als ich endlich aufblickte, begegnete ich den Augen des Soldaten.
„Ihre Freundin?“, fragte er vorsichtig.
Kein Wort über unseren ungleichen Kampf, nahm ich dankbar wahr. Ich schüttelte den Kopf.
„Schwester!“, stellte ich kaum hörbar klar.
„Das tut mir sehr leid, ich habe auch eine Schwester...“ Seine Stimme klang aufrichtig bewegt und mit einem Stich im Herzen wurde ich seines schmerzverzerrten Ausdrucks bei diesen Worten gewahr. Ob sie...? Er schien weniger abgebrüht als die Sklavinnen. Vielleicht war ich ja die erste Mätresse des Kaisers, welche er die Pflicht hatte zu begleiten. Sah er mich deshalb so an, wenn er glaubte, ich würde es nicht bemerken? Nun da er verträumt aus dem Fenster schaute, völlig in seinen eigenen Gedanken versunken, hatte ich die Gelegenheit ihn eingehend zu betrachten.
Verträumt schien tatsächlich die passende Beschreibung für ihn zu sein und seine weichen Augen, die sich gerade an einem anderen Ort befanden, verstärkten den Eindruck nur. Er war jung, dachte ich überrascht, nicht viel älter als ich, aber die Uniform ließ ihn reifer wirken. Seltsam, dass mir das nicht gleich aufgefallen war. Er hatte ein sanftes Gesicht mit großen brauen Augen und langen dichten Wimpern, die seinen Augen einen gewissen Schwermut verliehen. Weiche braune Locken umrahmten sein feines Gesicht, mit seinen kräftigen langen Fingern strich er sie hin und wieder hinter sein Ohr, wo sie sich standhaft weigerten zu bleiben. Er hatte ein freundliches, ein gütiges Gesicht. Eines, dem man trauen konnte, beschloss ich und lächelte ihn an, auch wenn er es nicht sehen konnte. Mit den Gedanken schien er in einer anderen Welt zu weilen und ich hatte nicht vor, ihn zu stören. Etwas froher gestimmt wandte ich mich wieder dem Ausblick zu und ließ meine Gedanken streifen. Gelegentlich fühlte ich noch den intensiven Blick des Soldaten auf mir ruhen, aber ich blickte nicht zurück. Ich wollte jetzt an nichts denken.
4.
Die Kutsche hatte die Kaiserstadt wie erwartet ohne Zwischenfälle erreicht. Vor den Toren des Palastes angekommen sprang der junge Soldat aus dem Verschlag, reichte mir seinen Arm zum Aussteigen und wünschte mir mit hochrotem Gesicht alles Gute. Er sah mir nach, als ich durch die hohen Tore schritt und ich konnte seinen Blick noch lange unangenehm in meinem Rücken spüren. Ich ließ mich von den beiden Sklavinnen in den Frauenflügel des Palastes führen, wo sie mich ohne weitere Instruktionen in einer großen Halle zurückließen. Ich fühlte mich unwohl, den neugierigen Blicken der anderen Frauen ausgesetzt, aber ich hätte beim besten Willen nicht sagen können, wo genau ich mich befand und wohin ich gehen sollte. Also blieb ich einfach stehen, meine Tasche fest an mich geklammert und nahm meine Umgebung mit staunenden Augen in mich auf.
Die Halle war annähernd rund und wunderschön gestaltet. Boden und Wände waren aus hellem, fast rosafarbenem Marmor und in der Mitte plätscherte ein hübsches Wasserspiel. Alle Ecken und Kanten waren mit goldenen Beschlägen eingefasst und ringsum an den Wänden hingen Teppiche, mit feinsten Stickereien verziert. Von so viel zur Schau gestelltem Überfluss fühlte ich mich benommen. In
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