Des Kaisers Gespielin
das saure Ziehen eines angehenden Muskelkaters. Beifällig beobachtete Ravenna meinen entblößten Körper bevor sie geschäftig durch das Zimmer lief und herumliegende Kleidungsstücke in eine Tasche zu packen begann.
„Die Kutsche wird bald hier sein und unten erwartet uns ein Frühstück. Zieh dir etwas an oder wir kommen niemals rechtzeitig zu deiner Familie.“, fügte sie mit einem frechen Grinsen hinzu.
Betont langsam wand ich meinen nackten Körper aus dem Bett und hüllte ihn in das mitgenommen wirkende Reisekleid von gestern. Unschuldig blickte ich sie dabei aus halb gesenkten Lidern an und erkannte mit einer gewissen Zufriedenheit, dass sie in ihrer Geschäftigkeit nachließ.
„Meine Güte, Lila, du legst es aber auch wirklich darauf an, was?“
Fragend blickte ich sie an: „Ich weiß nicht, was du meinst...“
Aber meine lachenden Augen verrieten mich und nach einem Moment der Stille lachte auch Ravenna.
„Was habe ich nur getan? Noch vor wenigen Wochen hätte sich das kleine Mädchen in Grund und Boden geschämt, sich nackt zu zeigen... Und jetzt ist das kleine Mädchen erwachsen geworden. Wahrscheinlich wirst du meine Hilfe gar nicht benötigen... bei deinem Vorhaben.“
Ravenna wirkte überraschend entspannt bei ihrer Bemerkung und zufrieden über ihre Gelassenheit vervollständigte ich meine Garderobe, nicht ohne ihr dabei dankbar und bewundernd zuzulächeln. Wir machen Fortschritte, dachte ich beruhigt, und in diesem Augenblick sah ich meiner Zukunft erwartungsvoll und ohne Angst entgegen. Im Schankraum wartete schon Henderley, der bei meinem Anblick überrascht aufsprang.
„Einen guten Morgen, die Damen!“, begrüßte er uns höflich. „Ich bin überrascht Euch hier zu sehen, Dame Lila. Ich bin davon ausgegangen, dass Ihr die letzte Nacht in Eurem Elternhaus verbracht habt...“
Ohne ihm in die Augen zu sehen murmelte ich verlegen etwas davon, dass es spät geworden war und ließ es dabei bleiben. Unangenehme Stille breitete sich aus, die nur von gelegentlichem Klappern des Besteckes unterbrochen wurde. Freundlich verabschiedete sich der Soldat in unserem Namen bei der Wirtin und beglich die Rechnung. Mit einer gewissen Genugtuung sah ich sie bei dem Anblick des schmucken Jünglings erröten. Ja, er war ein Mann, dem die Frauen, egal wie alt, zu Füßen lagen. Nur ich nicht, dachte ich seufzend mit einem kleinen Seitenblick auf die unbeteiligt dreinblickende Ravenna, die in ihrem hübschen Gewand und mit schwingendem Rabenhaar hochherrschaftlich nach draußen schritt.
Die kurze Fahrt in mein altes Heim verlief ebenso schweigsam, wie das Morgenmahl. Manchmal spürte ich die prüfenden Blicke Henderleys auf mir, aber ich hielt mein Gesicht zu Boden gesenkt, um ja keine Regung preiszugeben. Am Hof angekommen half uns der junge Soldat aus der Kutsche und nach einem Moment des Zögerns folgte er uns hinein. Mutter und Vater warteten schon, für diese frühe Stunde äußerst fein zurechtgemacht, im Foyer und begrüßten unsere kleine Gesellschaft höflich.
Vom Fuße der Treppe blinzelte uns Line neugierig entgegen und als ihr Blick dem Henderleys begegnete, der ihr aufmunternd zunickte, da schoss ihr die Röte ins Gesicht und ein dümmliches Grinsen breitete sich darauf aus. Line also auch, dachte ich vergnügt und wandte mich wieder unseren Gastgebern zu. Was würde nur Pen dazu sagen?
Ganz Herr der Lage trat Ravenna vor.
„Ich wünsche mit Eurer Tochter Ermeline zu sprechen.“, verlangte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ.
Der Vater wirkte im ersten Moment verblüfft, deutete dann aber einladend auf sein Studierzimmer. Die Mutter sah mich fragend an und ich konnte sehen, wie es in ihrem Kopf arbeitete. Dann legte sich ein lauernder, aber fast auch zufriedener Ausdruck auf ihr Gesicht.
Sie nahm mich zur Seite und flüsterte mir zu: „Ist das dein Werk?“
Ich zuckte mit den Schultern, um anzudeuten, dass ich nicht wusste, was sie meinte.
Aber Mutter zwinkerte mir verschwörerisch zu und raunte kaum hörbar in mein Ohr: „Nicht schlecht, Lila, gute Arbeit! Zwei Mädchen am kaiserlichen Hof sind besser als eins.“
Entsetzt sah ich sie an. Das glaubte sie also? Dass ich meine Beziehungen hatte spielen lassen, um unsere Chancen zu verbessern? Wenn sie das glaubte, dann erwartete sie aber eine nicht unbedeutende Überraschung, dachte ich boshaft, wenn ihre vermeintlich zweite Chance auf den Kaiser den kleinen und in ihren Augen ärmlichen Nachbarjungen
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