Des Kaisers Gespielin
saß und ich konnte meine Aufregung nur unzureichend verbergen, als ich zustimmte. Der Gedanke, so nahe beim Kaiser zu sitzen, machte mich mehr als nervös. Was wenn er das Wort an mich richten würde? Ich machte mir keine Illusion darüber, dass ich weder so gebildet noch so eloquent war wie meine Tischnachbarin. Die Angst, etwas Dummes zu sagen, ergriff von mir Besitz und ich beschloss nur ab und an geheimnisvoll zu lächeln und ansonsten meinen Blick streng auf mein Gedeck zu richten. Das sollte ihn wirklich davon abhalten, Konversation mit mir betreiben zu wollen. Als Seine Majestät schließlich eintrat kam ich nicht umhin, den überraschten Ausdruck auf seinem Gesicht zu bemerken. Doch erleichtert stellte ich fest, dass dieser beinahe sofort von einem anerkennenden Funkeln verdrängt wurde. Der Gedanke, dass seine Favoritin eine Freundin gefunden hatte, schien ihm zu behagen.
Und überhaupt bemerkte ich während des Mahles, dass der Kaiser Ravenna sehr zugetan war. Höflich und respektvoll sprach er mit ihr und gelegentlich konnte ich sehen wie seine Hand unter Tische sanft ihre Zehen rieb. Es wäre ein sehr angenehmer Abend geworden, säße nicht Hella an der gegenüber liegenden Seite. Hella, die weder Ravenna noch mich jemals aus den Augen ließ, war die einzige im Raum, die ihr offensichtliches Missfallen an meiner Anwesenheit nicht verbarg. An diesem Abend trug sie etwas mehr Stoff auf der Haut, aber ihre Bluse war so locker und tief ausgeschnitten, dass, sobald sie ihre Arme hervor streckte, ihre rot geschminkte Brust in all ihrer verheißenden Fülle zu sehen war. Ich bemerkte, wie Seine Hoheit ab und an einen Blick in ihre Richtung riskierte, nur um sich gleich wieder seiner anderen Tischnachbarin zuzuwenden, ganz als wäre er der Brust durchaus zugeneigt, nicht aber ihrer Trägerin. Wie auch schon am Abend zuvor, zog sich die kleine Gesellschaft nach dem Essen in den Nebenraum zurück und widmete sich der musischen Abendunterhaltung. Einige Mädchen hatten einen Tanz einstudiert, den sie mit sinnlichen weichen Bewegungen zum Besten gaben und für den sie anerkennenden Applaus von der einzig wichtigen Person im Raume erhielten. Anschließend begannen die musikalischen Darbietungen und ich war nicht böse darüber, dass mich niemand zum Singen aufforderte. Ganz im Gegenteil. Ich nutzte die günstige Gelegenheit mich in einer Ecke des Raumes bequem einzurichten und das Treiben um mich herum zu beobachten. Der Kaiser hatte sich auf seiner Liege niedergelassen, den Kopf ganz selbstverständlich in Ravennas Schoß. Sie fuhr ihm geistesabwesend mit den Fingern durchs Haar und zwinkerte mir dabei verschmitzt zu, als wollte sie mich an den heutigen Nachmittag und unser kleines gefährliches Geheimnis erinnern. Alles was mir in den Kopf kam waren ihre Finger in meinem Haar und ihre Lippen auf meinem Gesicht. Unbewusst strich meine Hand über meine Wange und versuchte mir das Kribbeln in Erinnerung zu rufen, dass sich vor wenigen Stunden darauf eingebrannt zu haben schien. Ich konnte es kaum noch fühlen.
Ich lächelte geistesabwesend zurück, spürte aber einen schmerzhaften Stich in mir, als ich denken musste, dass ich selbst gern an seiner Stelle gelegen hätte. Der restliche Abend war kaum mehr als eine Wiederholung des gestrigen. Irgendwann erhob sich Seine Hoheit mit sichtlich müden Augen und verließ mit Ravenna an der Hand den Raum. Alle Anderen begaben sich danach ebenfalls zur Ruhe. Noch lange lag ich in meinem Bett wach und sann darüber nach, welcher Art die Gefühle waren, die Ravenna in mir hervorrief.
Als erstes war da natürlich ein Gefühl der Freundschaft. Außer meiner Schwester hatte ich in meinem Leben nie viel weibliche Gesellschaft gehabt, eine richtig tief empfundene Freundschaft ist mir das Leben schuldig geblieben. Bis heute! Ja, kam ich zu meinem Entschluss, ich wollte Ravennas Freundin sein. Ich wollte meine Zeit mit ihr verbringen, sie zum Lachen bringen, mir ihre Geschichten und Nöte anhören und die meinen mit ihr teilen. Über meine Ängste und Sorgen wollte ich ihr berichten und darauf vertrauen, dass sie diesen mit Verständnis und Mitgefühl begegnen würde.
Aber da war noch mehr in mir. Eine dunklere Seite, die ich vorerst nicht allzu genau überdenken wollte, eine Seite, die Ravenna mit mehr als nur Wohlgefallen betrachtete. Eine Seite, die besitzergreifend war und eifersüchtig und die an nichts anderes denken konnte, als an ihre goldene Haut, an ihr schimmerndes Haar
Weitere Kostenlose Bücher