Des Kaisers Gespielin
machen.“
Verständnislos blickte ich meine kleine Schwester an und wurde das dunkle Gefühl nicht los, dass sie es genoß, mehr zu wissen als ich. Warum nur war mir dieses Mädchen immer einen Schritt voraus? Aber jetzt, wo sie es angesprochen hatte, gab es keinen Grund mehr für mich, ein Wissen, das es nicht gab, oder gar Desinteresse vorzutäuschen.
„Es macht ihm Spaß? Was ist denn so spaßig daran, sein Bett mit jemandem teilen zu müssen?“
Line weidete sich an meiner Verwunderung und rückte ein Stück näher.
„Pen sagt, man liegt nicht nebeneinander, sondern...“, und jetzt holt sie tief Luft und ließ sich die nächsten Worte genüsslich auf der Zunge zergehen, „...aufeinander! Nackt!“
Ich war entsetzt. Erstens natürlich über diese ungeheure Enthüllung, die alles, was ich je übers Kinderkriegen zu wissen geglaubt hatte in den Schatten stellte, aber mehr noch darüber, dass diese von Line kam.
„Und woher weiß Pen so viel über die intimen Gewohnheiten des Kaisers?“, fragte ich sie forsch, unsicher, ob ich die Antwort denn hören wollte.
Line errötete tief. Nein, ich wollte sie wohl nicht hören.
„Nicht nur des Kaisers, Lila, er sagt alle Männer tun das gerne.“
Alle Männer? Was immer DAS auch sein sollte... Darüber musste ich erst einmal nachdenken. Warum hatte mir das nie jemand gesagt?
Ich erinnerte mich düster an eine Begebenheit vor vielen Jahren, als unser Haushalt vor Dienstboten nur so gestrotzt hatte. Wie so oft hatte ich mich in der Küche herumgedrückt, froh darüber, der gestrengen Mutter und den gelangweilten Hauslehrern entkommen zu sein, als mir in meiner kindlichen Neugier aufgefallen war, dass etwas anders war als sonst. Betretene Stille herrschte vor, wo sonst die Luft vom Lachen und vom Schimpfen erfüllt war und aus der anliegenden Kammer drangen gequälte Laute, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließen. Niemand beantwortete meine Frage, was das denn sei, aber genauso wenig wurde ich weggeschickt. Also saß ich dort, allein und mit fragendem Blick vor der Tür bis die Geräusche endlich verstummten und von etwas anderem abgelöst wurden. Die Waschmagd hatte schließlich ein kleines runzeliges und laut plärrendes Ding geboren und ich wollte gerne wissen, woher es denn gekommen sei. Elli sah mich damals nur komisch an und sagte, ich solle meine Mutter fragen. Auch Mutter schien nicht gewillter meine Frage zu beantworten. Nach einigem Hin und Her erklärte sie nur kurz, dass man Kinder davon bekäme, wenn Mann und Frau im selben Bett schliefen. Ich hatte nicht verstanden, was daran das große Geheimnis sein sollte und es beinahe sofort wieder vergessen, ganz im Gegensatz zu den furchtbaren Lauten der Geburt, die meinen Schlaf noch viele Monate lang begleitet hatten. Nur eine weitere unaufregende Neuigkeit aus der Welt der Erwachsenen. Jedenfalls bis jetzt, als mein drohendes Schicksal eben solche Erinnerungen wieder an die Oberfläche kommen ließ. Kein Wunder, dass damals niemand willens gewesen war, mir die Wahrheit zu sagen.
Man musste also nackt sein. Allein der Gedanke ließ mich erröten. Noch nie hatte mich jemand nackt gesehen, abgesehen vielleicht von Elli, die mir im Allgemeinen mein Bad bereitete, geschweige denn auf mir gelegen.
Vorsichtig fragte ich nach: „Irgendwie verstehe ich das nicht.“
Line schluckte kurz, man konnte förmlich sehen, dass sie sich scheute mehr zu sagen, und sah zu Boden.
„Da ist noch mehr.“
Ich erbleichte. Noch mehr? Was in aller Welt könnte jetzt noch kommen? War es nicht genug der Enthüllungen?
„Die Männer haben da unten so ein Ding.“, flüsterte sie schüchtern.
„Ein Ding? Was für ein Ding?“
Ich war ratlos. Meine fragenden und zweifellos entsetzten Blicke bohrten sich tief in Lines Gesicht.
Sie holte tief Luft und blickte mich an, scheu wie ein Reh, aber erwartungsvoll, als sei sie eben im Begriff ein tiefes und nie gehörtes Geheimnis zu lüften.
„Ich habe es gesehen.“
Sie kicherte.
„Es sieht aus wie eine alte, runzelige Schlange.“
Ich wünschte, ich könnte mit ihr lachen, aber meine Gesichtszüge waren festgefroren. Plötzlich wurde sie wieder ernst.
„Pen sagt, es ist schön, wenn man dort angefasst wird.“
Ich erbleichte noch mehr. Aber die Neugier trieb mich an, weiter zu fragen.
„Hast du es denn angefasst?“
Schüchtern nickte sie.
„Es ist ganz warm und weich, wie feinster Samt.“
Verträumt blickte sie die Wand an und die Erinnerung ließ sie
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