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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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Nachtzeit zu erwarten. Noch besser gefüllt waren aber die knapp zehn Gäste, was erklärte, dass von ihnen kein größerer Lärm zu uns heraufgedrungen war. Die meisten hockten, über den Tisch gebeugt, auf den Bänken, und brachten nicht einmal mehr die Kraft auf, ihren Becher, wenn sie ihn nicht schon mit fahrigem Gebaren umgeworfen hatten, bis zur Neige zu leeren. Von drei Spielern, die längst in den Schlaf gefallen waren, lag einer auf dem Boden und schnarchte röchelnd mit den anderen um die Wette, die Würfel noch in der Hand.
    Der erschöpfte Wirt konnte sich hinter seiner Theke selber nur noch mühsam aufrecht halten. Man sah ihm an, dass er am liebsten die ganzen Zecher mitsamt dem Tagesschmutz vor die Tür gekehrt und sich zur Ruhe begeben hätte. Aber einem Gast seines Hauses wollte der geschäftstüchtige Mann ein letztes Glas dann doch nicht abschlagen.
    Weil er den Wein extra aus dem Keller hätte holen müssen und wir sein Entgegenkommen nicht ausnutzen wollten, setzten wir uns mit Bier und Korn in eine Ecke, so weit wie möglich von den Schnarchern entfernt. Wie gut die Wahl unseres Platzes war, zeigte sich kurz darauf, als ein unregelmäßiges Furzen der scheintoten Zecher anhob, das den Wirt schließlich dazu zwang, Fenster und Türen aufzureißen.
    Zum Glück saß in unserer Nähe nur ein jüngerer Mann, der, obwohl ebenfalls berauscht und über seinem Humpen nach vorn gesunken, einen sauberen und ordentlichen Eindruck machte.
    Nachdem sich die Luft gebessert hatte und das Bier wieder nach Bier schmeckte, zeigte sich, dass die von mir erhoffte Ablenkung bei Ossenstert nicht lange genug angehalten hatte. Mochte es daran liegen, dass ihm wegen seines beständigen Umgangs mit Leichen die blähenden Innereien einer Legion von Säufern nichts mehr anhaben konnten, mochte es sein, dass Gertrudis ihn stärker beeindruckt hatte, als gut für ihn war. Jedenfalls griff er nach einem tiefen Zug das alte Thema wieder auf.
    »Verrate mir, mein Freund, was für einen Grund es geben könnte, Gertrudis Namen dieser Liste von Verdächtigen hinzuzufügen? Es kann doch nicht sein, dass eine so prächtige Frau etwas mit Bertrams Tod zu tun hat. Getrudis ist ein herrliches Geschöpf, wie du selbst gesehen hast. Sie ist eine hilfsbereite, gebildete ...«
    »... verdorbene Schlampe und elende Metze, die der Teufel holen soll, diese Gertrudis!«
    Diese verblüffende, anbetungsgleiche Lobeshymne wurde vom unverhofft zum Minnesänger gewordenen Trunkenbold am Nebentisch herübergemurmelt, der sich dazu kurz aufgerappelt hatte.
    Obwohl aufgrund meiner Profession etwas anderes von mir erwartet werden könnte, so bin ich doch, meine friedfertigen Zuhörer, in vergleichbaren Situationen überwiegend geneigt, die Sache auf sich beruhen und mich auf derartiges Tavernengeschwätz gar nicht erst einzulassen. Hat die Erfahrung doch oft genug gezeigt, dass sich die forschen Redner nach ihrer Ausnüchterung meistens an ihre eigenen Worte nicht mehr erinnern können oder wollen und ihnen alles selbst höchst peinlich ist. Ich will jedoch an dieser Stelle nicht verhehlen, dass viele anders als ich darauf reagieren und deshalb schon mancher aus seinem Rausch auf dieser Welt nicht mehr erwacht ist. Also halte besser jeder den Mund, der nicht sicher sein kann, dass sein Dolch auch nach dem zwanzigsten Becher noch schneller ist als seine Zunge.
    So umsichtig war unser Tischnachbar offensichtlich nicht, den ein altes Waschweib mit einem nassen Tischtuch hätte von den Beinen hauen können.
    Dies war natürlich auch Ossenstert nicht verborgen geblieben, unserem galanten Kavalier, und mochte den einzigen Grund dafür darstellen, dass mein ansonsten so friedfertiger Freund dem Fremden nicht unverzüglich an die Kehle ging.
    Der musste instinktiv gespürt haben, dass er sich in eine bedrohliche Lage gebracht hatte, denn plötzlich trat ein ernüchterter Blick in seine Augen. Er nahm eine aufrechte Position ein und gab unaufgefordert eine Erläuterung seiner gehässigen Worte ab.
    »Ich bin Karl Brockstett aus Hameln und habe an den Grafen Bücher verkauft, gute Geschäfte gemacht, bis das mit dieser Schlampe passiert ist.«
    Nun, auch für diesen Fall eines plötzlichen Beichtbedürfnisses hatte ich meine Wirtshauserfahrung, und so signalisierte ich dem Wirt, er möge drei neue Becher auffahren.
    Nachdem wir alle drei zusammen angestoßen und so die Anspannung vertrieben hatten, rückte unser neuer Bekannter an unseren Tisch. »Entschuldigt,

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