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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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also, was meinst du mit ›zu weit hergeholt‹?«
    Er wiegte zweifelnd seinen Kopf. »Nur so eine Idee, nichts Richtiges. – Ich denke an Torquisium.«
    »Torquisium, was soll das sein? Etwas, das einer Halskette ähnelt? Selbst wenn sie nur aus Samt bestünde, müsste man trotzdem Druckstellen sehen.«
    »Nein, ich meine etwas, das in seinen Auswirkungen einer Halskette gleichkommt, die man zu einer Erdrosselung missbraucht hat. – Ein Gift.«
    »Du meinst, man streicht eine Halskette mit einem bestimmten Gift ein, das über die Haut wirkt. Das ist doch Unsinn. Wie soll ein Mönch denn an eine Halskette ... oder warte, meinst du etwa seinen Rosenkranz, den jemand ...«
    »Nein, du bist auf dem falschen Weg. Das ist nur im übertragenen Sinne gemeint. Lass es mich erklären. Es ist ein Gift, das man mit der Nahrung zu sich nehmen muss. Es ist von durchaus angenehmem Geschmack, ähnlich dem portugiesischen Wein, sodass es in aller Regel ein Leichtes ist, es dem Opfer zu verabreichen. Später lähmt es die Atmung und zerstört obendrein das Blut auf eine Weise, dass es von seinen Bahnen nicht mehr gehalten werden kann, sondern sie durchdringt. Es schadet in vielerlei Hinsicht, insgesamt aber auf eine Art, die den Menschen aussehen lässt, als hätte ihm eine unsichtbare Hand die Kehle zugedrückt. Wegen dieser völlig konträren Wirkung – zunächst Wohltat, dann Tod durch Erwürgen – hat man es mit einer Halskette verglichen, die als Geschenk zuerst erfreut, sodann durch ihr gewaltsames Zuziehen ermordet. Daher der Name, eben Torquisium.«
    »Und wie kommt man an dieses Zeug, von dem ich alter Mörder bis heute nie gehört habe?«
    »Genau das ist der Punkt, weswegen ich von ›weit hergeholt‹ sprach. Und das ist durchaus doppeldeutig gemeint. Denn eine unverzichtbare Ingredienz, die Radix Pedis Diaboli, gibt es nur im Land der Mohren. Und die Existenz dieses Giftes ist so wenigen bekannt, dass ich mir nur schwerlich vorstellen kann, dass in dieser Bauerngegend jemand davon Kenntnis haben könnte. Außerdem ist das nur ein Bestandteil von vielen. So gehören zum Beispiel noch drei verschiedene Sorten von Pilzen dazu.«
    »Mein werter Medicus, dir wird gewiss nicht entfallen sein, wie einer meiner ehernsten Grundsätze lautet: Wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschieden worden sind, muss die allein übrig bleibende, mag sie auch noch so abwegig erscheinen, die richtige sein. Und, schließen wir eine Krankheit aus?«
    »Ja; denn sonst hätte Bertram in den letzten Sekunden alles andere getan, als den Fußboden mit seiner kryptischen Botschaft zu bekritzeln.«
    »Und, mein skeptischer und aufgeschlossener Kopf, schließen wir auch den Teufel und seine Dämonen als Täter aus?«
    »Selbstverständlich!«
    »Sollten wir uns dann nicht vielleicht doch auf dein ach so geheimes Gift konzentrieren?«
    »Einverstanden; aber erst, wenn du mir jemanden bringst, der noch eine kleine Probe davon bei sich hat. – In diesem Zusammenhang sollte ich wohl nicht vergessen zu erwähnen, dass dieses Gift ein höchst flüchtiger Stoff ist. Sind alle seine Zutaten erst einmal zusammengebracht, ist es nur eine gute Viertelstunde lang wirksam. Danach zerfällt es und lässt sich mit den uns bislang zu Gebote stehenden Mitteln auch nicht mehr nachweisen. Es bleibt dann lediglich die besondere Art des Todes als Indiz.«
    »Habe ich das recht begriffen, dass alles einheimische Zutaten sind, außer diesem Teufelsfuß?«
    »Die Teufelsfußwurzel. Genau. – Und die ist sehr selten und, wenn sie überhaupt zu haben ist, furchtbar teuer. Ich bin in meinem ganzen Leben bloß zweimal auf sie gestoßen. Sie besitzt, in winzigster Dosierung genossen, die Fähigkeit, vor dem geistigen Auge des Betroffenen ein farbenprächtiges Feuerwerk abzubrennen und zugleich die ihm erscheinenden Dinge in ihr Gegenteil zu verkehren. Reiche Müßiggänger haben sich mit ihr berauscht, bis sie süchtig nach ihr waren, und hernach mit ihrer Gesundheit, teils auch mit ihrem Leben, dafür bezahlt. Die nicht gestorben sind, vegetieren in einem dauerhaften Wahnzustand vor sich hin.«
    »Du hast mich überzeugt. Sollte ich je auf eine Phiole stoßen, die mir verdächtig erscheint, werde ich frühestens eine Viertelstunde später einen Schluck daraus nehmen. – Doch jetzt sollten wir uns endlich das Pergament vornehmen.«
    Also landete der Leuchter wieder auf dem Tisch, und alle Kerzen wurden entzündet.
    Ich kannte die Neugier meines alten Freundes. Deshalb wusste

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