Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Meter 90?«
    Acht Sprünge. Achtmal hörte man im Stadion Hartungs Aufschrei, wenn Laska wieder auf den Boden aufsetzte. Die beiden letzten Hindernisse gab es für ihn nicht mehr, er hing kraftlos an Laskas Hals, er spürte keine Schmerzen mehr, er war in einem Dämmerzustand zwischen Leben und Sterben.
    Die Mauer, der letzte Sprung, die Entscheidung, der Sieg.
    Mit einem Gewicht im Sattel, mehr war Hartung nicht mehr, visierte Laska das hochragende Hindernis an. Dann streckte sie sich, kurz vor der Mauer, in einem Augenblick, in dem alle sich einig waren, daß sie mitten durch das Hindernis fegen würde, streckte sich hoch in den Himmel, stieß sich mit den sprunggewaltigen Hinterläufen ab, schnellte mit einem herrlichen Bogen über die Mauerkrone.
    Noch bevor sie aufkam, tobten die Sechzigtausend. Es war ein Schrei wie aus einer Kehle.
    Null Fehler.
    Der Sieg der deutschen Equipe.
    Laska galoppierte aus dem Stadion. An der Barriere standen Dr. Rölle, Angela und Fukujachi. Romanowski warf sich Hartung entgegen, als Laska stehenblieb.
    Langsam, ganz langsam rutschte Hartung seitlich aus dem Sattel und fiel in die Arme von Romanowski. Seine Augen waren geschlossen, sein Atem kaum hörbar. Im Augenblick, als sie aus dem Stadion ritten, hatte er das Bewußtsein verloren.
    Dr. Rölle, Angela, Romanowski und Fukujachi trugen ihn zur Sanitätsstation, während am Siegermast die deutsche Fahne hochgezogen wurde. Und neben ihnen ging Laska, ihre weichen Nüstern strichen zärtlich über Hartungs bleiches, entspanntes Gesicht.
    »Welch ein Pferd«, stammelte Fukujachi ergriffen. »Welch ein Pferd. Wer sagt da noch, ein Tier habe keine Seele?«

50.000 Dollar Lösegeld
    In Mexiko ist alles sehenswert, begeisternd, anfeuernd – nur die Luft nicht. Sie ist dünn, und wer hier, in 2.240 Meter Höhe – denn so hoch liegt Mexiko City –, etwas schneller läuft als normal, wer sogar rennt, rasch Treppen steigt oder schwere Lasten hebt, fängt an zu keuchen und pumpt diese dünne Luft in sich hinein wie ein Maikäfer, bevor er zum Flug ansetzt. Die Mexikaner sind es gewöhnt, ihr Körper, ihr Blut haben sich auf diesen geringen Sauerstoffgehalt eingestellt, ein Mitteleuropäer jedoch, plötzlich in diese Höhe gebracht, wird weich in den Knien, wenn er auch nur einen lebhaften Tanzschritt macht. Und Pferde reagieren wie Menschen, und Springpferde zumal müssen in dieser dünnen Luft Unvorstellbares leisten.
    Es zeigte sich gleich nach dem ersten leichten Konditionstraining. Laska rang nach Luft, ihre schönen Augen quollen aus den Höhlen, sie zitterte am ganzen Körper und stolperte beim Gang zum Stall über die eigenen Beine.
    »Sauerstoffmangel«, stellte Dr. Rölle fest. »Die gleiche Erscheinung wie bei den anderen Pferden. Auch Laska ist hier kein Wundergaul. Nur die Russen haben keine Schwierigkeiten, die haben ihre Pferde vor dem Flug nach Mexiko im Kaukasus gedrillt.«
    Also erhielt Laska eine Sauerstoffmaske. Es war ein merkwürdiges Ding, eine Eigenkonstruktion Dr. Rölles. Ein Trichter aus Kunststoff, groß genug, daß die Nüstern hineinpaßten, zwei Lederbänder, um ihn festzuschnallen, dann ein Gummischlauch, der an eine Sauerstoffflasche angeschlossen war. Hier saß Dr. Rölle vor dem Manometer, regulierte die Luftzufuhr, während Romanowski Laska zuredete, zu atmen und sich an die Maske zu gewöhnen.
    »Nu schluck doch, Olle«, sagte er und klopfte ihr auf den Hals. »Is doch jut, wat? Mußte doch selbst merken. Aba uff'n Parcours mußte dir selbst Luft holen, da kann ick dir nich mit'n Trichter vornewegrennen. Und wenn de Mauer zwei Meter hoch is, dann schnaufste ein und drüber. Haste mir vastanden?«
    Nicht nur die Pferde, auch die Reiter hatten Schwierigkeiten mit der dünnen Luft. Hartung trainierte jeden Tag zweimal im riesigen Stadion von Mexiko City, morgens um sieben und abends um acht. Er rannte in mäßigem Tempo über die rote Laufbahn, assistiert von Angela, die merkwürdigerweise die Höhe besser vertrug als die Männer. Sie lief neben ihm her, und wenn er zu keuchen begann und die Arme empor warf, hielt sie ihm das kleine, tragbare Sauerstoffgerät vor den Mund, zwei, drei tiefe Atemzüge genügten, und Hartung rannte weiter, einmal um das Rund des Azteken-Stadions, auf dessen Rasen die Hindernisse schon aufgebaut wurden. In vier Tagen würde der unerbittliche Kampf losgehen. ›Der große Preis von Mexiko‹ – ein riesiger Silberpokal und 50.000 Dollar Geldprämie. Es wurde keine Nationen-,

Weitere Kostenlose Bücher