Des Sieges bittere Tränen
er vorsichtig. Das Zeug schmeckte merkwürdig, aber es rann feurig durch die Speiseröhre in den Magen und wirkte dort wie ein richtiger Schnaps. Romanowski wurde wohl zumute.
»Det verrat nur nich«, sagte er zu Laska, hauchte sie an und beobachtete sie. Bei Schnaps zog sie immer die Nüstern hoch. Diesmal zeigte sie keinerlei Reaktion. »Riecht also nich«, stellte Romanowski zufrieden fest. »Det is jut. Ich kann's mir nich leisten, 'ne Fahne zu hissen.«
Tequila ist ein Teufelszeug, wie schon gesagt. Man gewöhnt sich an ihn, trinkt ihn nachher wie Limonade und fällt dann um, ohne noch einen Mucks zu sagen. Die mexikanischen Indianer behaupten, daß er schöne Träume schenkt. Romanowski bescherte er Blei, das träge durch sein Gehirn floß. Schnarchend lag er neben Laskas Box im Stroh, Arme und Beine von sich gestreckt. Er war eben kein Indianer.
Am Morgen wachte er früh auf. Zehntausend Bienen summten in seinem Kopf, seine Beine waren aus Pudding, im Magen brannte es wie Salzsäure. »O Jott!« sagte Romanowski erschüttert. »Det ick imma der Leidtrajende bin! Zum Jlück bin ick der erste, der uffsteht. Laska, Olle, uff de Beene, der Tag is da!«
Aber Laska rührte sich nicht. Romanowski stemmte sich an der Stallwand hoch, gähnte, machte drei Kniebeugen, um den Pudding in den Beinen zu vertreiben, und stakste dann zur Box.
Es war unmöglich, daß Laska aufstand – denn Laska war nicht mehr da.
Das Aufgebot an Polizei war so umfangreich, als sei ein Staatsmann ermordet worden. Alles drängelte sich vor den Ställen, Wege und Straßen wurden abgesperrt, das Azteken-Stadion durfte niemand betreten, alle, die nachts auf dem Gelände gewesen waren, standen unter Arrest, der Polizeichef von Mexiko City, Señor Juan Socorro, leitete persönlich die Ermittlungen. Es war eine große Schau, ein Aufmarsch von Uniformen, ein Durcheinander aus Worten und Gesten, ein Hin- und Hergerenne, aber es kam nichts dabei heraus. Horst Hartung wußte es bereits, als Polizeichef Socorro schwitzend und mit rollenden Augen aus der Schar seiner Polizisten auftauchte.
»Señor, es ist bedauerlich, aber wir finden keine Spuren«, sagte er. »Die Verbrecher sind raffiniert vorgegangen. Sie haben sogar Ihren Transportwagen benutzt, Señor. Zwei Nachtwächter haben ihn abfahren sehen, aber sie dachten, es seien die Deutschen, und hielten ihn deshalb nicht an. Was sagen Sie nun?«
»Wenig.« Hartung hatte schon vor Stunden festgestellt, was nun die Polizei lauthals bekanntgab: Laska war mit ihrem eigenen Transportwagen weggefahren worden. Wie weit, und ob man sie außerhalb der Stadt umgeladen hatte, war noch nicht bekannt. Polizisten auf Motorrädern jagten über alle Ausfallstraßen und suchten das auffällige Gefährt. Drei Hubschrauber flogen um den Lago Texcoco, in Richtung Yukatan und zur Sierra Madre del Sur.
Romanowski, der jetzt völlig entnervt im Stall hockte und vor sich hinstierte, konnte gar nichts sagen.
»Ick hab jeschlafen«, beteuerte er Hartung, nachdem Laskas Verschwinden den Alarm ausgelöst hatte. »Eenmal muß der Mensch ooch ruhen, bei die dünne Luft!«
Hartung schnupperte. Aber Romanowski roch nach Pfefferminztee. Bevor er Hartung aus dem Bett holte, hatte er eine ganze Kanne davon getrunken, mit Tee gegurgelt und seinen Gaumen ausgespült. Hartung sah Romanowski streng an. Wenn ein Mensch wie er nach Pfefferminz duftete, war das verdächtig, aber beweisen konnte man ihm nichts.
»Det se mitjejangen is, det wundert mir!« sagte Romanowski immer wieder. »Ick habe keene Erklärung nich dafür.«
»Langsam wird es langweilig.« Hartung hörte die Funkmeldungen, die aus den Hubschraubern kamen. Neben Polizeichef Socorro war der Empfänger mit einem Verstärker gekoppelt. »Immer die alte Leier – Laska darf nicht siegen. Es ist doch nur Sport!«
»Für Sie, Señor.« Socorro trocknete sich mit einem großen Taschentuch das Gesicht. »Aber die anderen machen daraus ein Geschäft. 50.000 Dollar Prämie, das lohnt sich. Bei Ihnen ist es nicht üblich, aber hier und drüben in den USA und woanders, da wird gewettet, da wetten sie um alles und für alles, sogar Kamelkämpfe soll es geben. Und wo leicht Geld verdient wird, sind auch die Gangster zur Stelle. Sport! Daß ich nicht lache!«
Aus dem Lautsprecher ertönte eine ferne Stimme. Socorro riß sich die Mütze mit den goldenen Verzierungen vom Kopf.
»Sie haben ihn! Sie haben ihn! Na, sind meine Leute nicht tolle Burschen? Ihr Transportwagen steht
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