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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schulter. Erschrocken fuhr der zurück.
    »Na?« sagte Dr. Rölle gemütlich. »Was sehen wir denn? Alles dunkel? Sicherlich Darmverschlingung.«
    »Det is 'n uralter Hut, Dokta! Darüber haben schon Adam und Eva jelacht.« Romanowski hielt Laska kurz an der Trense. Sie hatte eine Abneigung gegen Dr. Rölle und tänzelte nervös herum. »Ick habe da so meene Idee.«
    »Und die wäre?«
    »Ick brauche 'nen jroßen Eimer Milch.«
    »Was?«
    »Milch!« Romanowski war in Erinnerungen versunken. »Meen Jroßvater sagte imma: ›Milch is det einzige Wunder, det man saufen kann.‹ Ick will Laska 'nen Eimer Milch geben.«
    »Von mir aus. Mehr als auskotzen kann sie ihn nicht.« Dr. Rölle hob ratlos beide Arme. »Ich weiß nicht mehr weiter, Pedro. Die haben da ein Schlafmittel gespritzt, das allen Gegengiften widersteht. Morgen kann Laska wieder munter sein, bestimmt ist sie das, aber morgen ist es auch zu spät.«
    Die deutsche Equipe kam noch einmal zur letzten Besprechung zusammen. Horst Hartung ritt ›Fahnenkönig‹, die Chancen der deutschen Reiter standen nicht schlecht, aber auch nicht auf Sieg. Was man im Training beobachtet hatte, wurde zur Gewißheit: Die Italiener traten mit einer Mannschaft an, die nicht zu schlagen war. Die Brüder d'Inzeo ritten Pferde, deren Sprungvermögen und Schnelligkeit sagenhaft waren.
    Für Fallersfeld ging es jetzt nur darum, den ehrenvollen zweiten Platz zu belegen. Das hieß: Vieles wagen, aber nicht zu viel! Kein Vabanquespiel. Auf Sicherheit reiten. Zeitfehler hinnehmen, aber sauber über die Hindernisse.
    Horst Hartung hatte noch einmal versucht, Angela zu erreichen. Als der Chefportier des Hotels wieder mit seinem Satz begann, legte er wortlos auf. Jetzt suchte Hartung mit dem Fernglas die Haupttribüne ab. Irgendwo mußte Angela sitzen, versteckt in der bunten Menge, aber er fand sie nicht.
    Über den Parcours marschierte eine italienische Militärkapelle und spielte flotte Weisen. Eisverkäufer drängten sich schreiend durch die Sitzreihen. Über die Lautsprecher wurde die Mutter eines Kindes Lucia gesucht. Es war bei den Pferden gefunden worden und wußte nur, daß es Lucia hieß und Mama auch im Stadion sei.
    Eine halbe Stunde vor dem Start. Die Pferdeburschen führten die wertvollen Pferde auf dem Abreiteplatz hin und her. Ricardo Bonelli und Stefano Grazioli, in hellgrauen Sommeranzügen vom besten römischen Schneider, besichtigten noch einmal die italienische Equipe, ehe sie zufrieden zu ihrer Loge gingen.
    »Das wird ein Geschäft«, sagte Bonelli zuversichtlich. »Haben Sie gehört? Laska schläft wie ein Bär im Winter. Die Deutschen sind nur noch Außenseiter.«
    »Noch hat das Turnier nicht begonnen.« Grazioli schätzte keine Prophezeiungen. Er war Realist, er glaubte nur, was er sah oder in der Hand hielt. »Erst wenn die italienische Hymne ertönt, drücke ich Ihnen die Hand, Bonelli.«
    Romanowski rannte unterdessen herum und suchte Milch. Drei Milchverkäufer wiesen ihn ab, als er ihren ganzen Wagen kaufen wollte und seinen Eimer schwenkte. Ein vierter rief die Polizei, es war zum Verzweifeln.
    Aufschluchzend lief er Angela entgegen, die plötzlich zwischen den Ställen auftauchte.
    »Ist das wahr?« rief sie schon von weitem. »Laska ist krank?«
    »Vajiftet haben se ihr!« heulte Romanowski. »Jetzt will ick Milch, und keener jibt se mir. Mit Milch krieg ick se wieder hin. Wie jut, det ick an meenen Jroßvater dachte!«
    Milch. Angela nahm den Eimer aus Romanowskis Hand und rannte davon.
    »Die jeben Ihnen nischt!« brüllte Romanowski hinter ihr her. »Die rufen die Polizei, die Idioten!«
    Diesmal gelang es. Angela legte einige große Scheine auf die Theke des Milchwagens, holte sich, unter dem sprachlosen Staunen der Italiener, aus der Kühlbox selbst zwanzig Literbeutel heraus, riß sie auf und schüttete die Milch in den Stalleimer.
    »Un 'pazzo«, stammelte der Milchverkäufer, als Angela mit dem vollen Eimer davonrannte. »Madonna, un 'pazzo!« Er tippte sich an die Stirn und grinste den patrouillierenden Polizisten an.
    Romanowski war außer sich vor Freude, als Angela mit dem überschwappenden Eimer um die Ecke bog. »Milch!« schrie er und zog Laskas Kopf herunter. »Milch, olles Luder! Die wirste jetzt saufen und springen wie 'ne Heuschrecke! Milch!«
    Man weiß bis heute nicht, ob der Großvater Romanowskis mit seiner Therapie ein Allheilmittel entdeckt hatte, ob Laska selbst spürte, daß Milch jetzt genau die richtige Medizin war, oder ob

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