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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sagt man es vor allem einer Luisa Gironi? Man könnte ebensogut einen Vulkan anstechen.
    Er machte vor den Logen kehrt und ging zu Angela und Fallersfeld zurück. Erst mit ihnen den Fall besprechen, sagte er sich. Verdammt, ich habe tatsächlich Angst, Luisa die grausame Wahrheit zu sagen. Sie war so glücklich!
    Das erste Rennen begann. Die Pferde standen schon in der Startmaschine. Nervös, gegen die Bretter schlagend, wiehernd, voll Temperament. Die Rennleitung schaute auf die Präzisionsuhren, auf die vorrückenden Sekundenzeiger.
    »Noch zwanzig Sekunden«, sagte jemand.
    Der Himmel über Baden-Baden war wie Samt.
    Hinter der weißen, hölzernen Barriere stand Laska und schaute kauend auf die Startmaschine. Romanowski über ihr im Sattel fieberte.
    »Jleich jeht det Ding los«, sagte er und tätschelte Laska den Hals. »Dann schießen die raus, als wenn eener ihnen Pfeffer untern Schwanz bläst. Det sind Renner! Alles jroße Namen. Wenn det – zum Verjleich – Prinzen und Prinzessinnen sind, dann biste dajejen 'ne Küchenmamsell.«
    Laska legte die Ohren an. Das hätte Romanowski warnen müssen. Aber er starrte mit offenem Mund auf die Startmaschine und wartete auf den Pfiff, wenn die Türen aufklappten. Er achtete so gar nicht darauf, daß Laska einige Schritte zurücktänzelte und zwischen sich und die Barriere ein paar Meter Distanz legte.
    »Paß uff!« sagte Romanowski, so gespannt wie die Tausende rund um den Rennplatz. Die Ferngläser wurden bereits gezückt. »Jetzt! Is det ne Wucht!«
    Die Sperre schnellte weg, wie von einem Bogen abgeschossen schnellten die Pferde heraus. Ein gelungener Start. Die Tierleiber streckten sich, sie liefen jetzt um ein Vermögen.
    In diesem Augenblick setzte Laska zum Sprung an. Romanowskis Schrei blieb ihm in der Kehle stecken, er hatte Mühe, sich im Sattel zu halten, zog die Zügel an, aber Laska war stärker, ihr Kopf schnellte vor, mühelos übersprang sie die Barriere und galoppierte quer über den Rasen auf die Bahn. Von den Tribünen erscholl ein einziger, tausendfacher Schrei. Die Glocke bimmelte vom Startturm, aber es nutzte nichts mehr – das Rennen war nicht aufzuhalten, die Pferde rasten bereits in die erste Kurve.
    Laska setzte sich an das Ende des noch geschlossenen Feldes. Sie hob den Kopf, wieherte triumphierend und lief auf der Außenbahn im Schatten von ›Silberpfeil‹. Romanowski riß an den Zügeln, hieb die Absätze seiner Stiefel in Laskas Weichen, tobte und brüllte, und als sie nicht gehorchte, schlug er ihr mit der Faust auf den Kopf.
    Das hätte er nicht tun sollen, anstatt scheu zu werden und auszubrechen, streckte sich Laska und ging mühelos an ›Silberpfeil‹ vorbei. Auf den Tribünen tobten die Menschen. Fallersfeld hatte sich umgedreht und sah nicht mehr hin. Angela lachte Tränen, Hartung ballte die Fäuste.
    »Ich drehe Pedro das Gesicht auf den Rücken!« schrie er. »Warum ist er nicht auf dem Abreiteplatz?«
    »Das fragen Sie noch?« brüllte Fallersfeld. »Ihr Pedro und Ihre Laska sind meine Sargnägel! Diese Blamage! Was glauben Sie, was morgen in den Zeitungen steht? Ich werde mich verkriechen müssen, und Sie auch, Hartung! So ein Mistvieh von Pferd!«
    »Es ist an siebter Stelle«, sagte Angela. Die Tränen liefen ihr über die Wangen, so lachte sie. »Und Pedro reitet wie ein germanischer Gott!«
    »Hören Sie auf, Angela.« Fallersfeld faßte sich ans Herz, als er das tausendstimmige Gelächter hörte. »Davon erhole ich mich nie wieder.«
    Romanowski brüllte und heulte, beugte sich vor zu Laskas Ohren und schrie hinein: »Ick vergifte dir! Bei Jott, ick schlachte dir! Mir det anzutun! Mir, deinem Freund! Laska, hör uff damit, ick flehe dir an!«
    Die Kurve, die Gegengerade. Die halbe Distanz war gelaufen – Laska lag in fünfter Position. Die Jockeys hinter Romanowski, die er überholt hatte, schrien ihm zu. Schimpfworte, die Pedros Kopf anschwellen ließen.
    Als sie in die Gegengerade einbogen, liefen ihm vor Scham die Tränen über die Wangen. Er hatte keine andere Aufgabe mehr, als sich im Sattel zu halten. Mit Laska war nicht mehr zu reden, sie reagierte auf keinen Zügel mehr, auf keinen Schenkeldruck, auf keinen Zuruf. Sie lief auf der Außenbahn, auf der ungünstigsten Position, und überholte doch langsam alle.
    Laska überholte das fünfte Pferd, einen Rappen mit dem schmalen Kopf eines Engländers. Der Jockey auf dem edlen Pferd versuchte, mit seiner Peitsche nach Laska zu schlagen. Sie wich ihm aus, schlug

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