Des Sieges bittere Tränen
wirklich zu lieben. Aber wer erkennt das schon, wenn er glücklich ist? Am allerwenigsten Luisa Gironi.
»Er ist auch in Baden-Baden?« fragte er.
»Aber ja. Dort, am Swimming-pool, steht er. Der mit der rotweißgestreiften Hose. Ist er nicht ein schöner Mann, Horst?«
Hartung sah den schlanken, gutgewachsenen, schwarzlockigen Mann, wie er um das Becken herumspazierte und sich bewundern ließ. Er hatte kräftige Muskeln, breite Schultern und schmale Hüften. Sein Gesicht, etwas länglich, war wie der ganze Körper braungebrannt, fast zu hübsch für einen Mann und hinter der glänzenden Fassade hohl und dümmlich. Wenn er lachte, und er schien viel und über alles zu lachen, blitzten Zahnreihen auf, die Neid erweckten. Jacketkronen, dachte Hartung. Grinsen gehört offensichtlich zu seinem Image.
»Wie gefällt er Ihnen, Horst?« Luisa Gironi legte den Arm um seine Schulter.
»Vorzüglich.« Er log, um Luisa nicht weh zu tun.
»Wir wollen heiraten.«
»Wann?«
»In ein paar Wochen. In Rom. Ich habe dort ein wundervolles Penthouse eingerichtet. Von der Terrasse kann man dem Papst ins Zimmer sehen.«
»Ob das für Piero Camerino der richtige Ausblick ist?«
»Jetzt werden Sie wieder giftig, Horst. Ich hätte Sie genauso geliebt …«
»Luisa!« sagte Hartung warnend.
»Ich weiß. Vorbei, vorbei. Sie springen morgen mit Laska?«
»Ja. Der große Preis von Baden-Baden.«
»Natürlich gewinnen Sie?«
»Das weiß man nie. Die besten Reiter sind hier – d'Oriola, Pessoa, d'Inzeo, Lefèvre, Smith, Schockemöhle, Winkler, Steenken, Kollovoi, ein Russe, den keiner kennt, der aber ein Wunderpferd haben soll.«
»Sie haben Laska.«
Vom Schwimmbecken winkte Piero herüber. Luisa winkte zurück. Sie strahlte vor Glück.
»Jetzt wird er eifersüchtig sein«, sagte Hartung.
»Nein. Er weiß, daß wir uns hier sehen werden, ich hätte es irgendwie arrangiert. Und ich habe ihm alles über Sie erzählt, Horst. Er kennt Sie von Fotos, die ich immer noch mit mir herumtrage.«
Fast eine Stunde lang saßen sie draußen auf der Terrasse, dann verabschiedete sich Hartung von Luisa Gironi mit einem Handkuß. Vom Schwimmbecken kam Piero Camerino herüber; Hartung wollte jetzt nicht stören.
Zu seiner Verwunderung hockte Fallersfeld noch immer in der Halle. Neben ihm saß Angela. Sie hatte sich umgezogen und trug ebenfalls ein leichtes, buntes Hosenkleid. Zwei Welten, dachte Hartung. Luisa und Angela. Himmel und Erde. Der Mensch soll aber auf der Erde bleiben …
»Ausgeflirtet?« fragte Angela. Es klang nicht böse. »Ich erkenne sie wieder. Die arme Frau mit dem verbrannten Gesicht.«
»Luisa Gironi, ja. Sie wird in ein paar Wochen heiraten. Aber der Knabe gefällt mir nicht. Er ist zu hübsch, zu glatt, durch und durch Süßholz.«
»Hartung, unser unterschwellig eifersüchtiger Hahn!« Fallersfeld lachte. »Wir haben Angelas Anstellung durchgesprochen, Horst. Sie tritt in die deutsche Equipe als Assistentin von Dr. Rölle ein. Wie ich eben hörte, hat sie nebenbei einige Semester Tiermedizin studiert. Sie ist genau das, was wir suchten und brauchten.«
»Wie schön. Wie mich das freut.« Hartung lächelte Fallersfeld maliziös an. Du alter Gauner! Du edler Ritter! Du hättest sonst was erfunden, um Angela zu engagieren. Aber balze nicht herum wie ein Auerhahn – ich heirate sie gewiß!
Durch die Halle kamen Luisa Gironi und Piero Camerino. Ein Paar wie aus einem Bilderbuch. Luisa lächelte Hartung zu, Piero hob leicht lässig, ganz der Überlegene, die Hand.
Hallo – zwischen uns liegen Welten.
Hartung griff nach Fallersfelds Kognak und trank ihn aus.
»Verzeihung«, sagte er hinterher. »Ich hatte ihn plötzlich nötig.«
Am Nachmittag begannen die großen Galopprennen, die Rennen mit den mehrstelligen Preisen. Der Aufmarsch der Jockeys und berühmten Pferde war ein Augenschmaus, die Besitzer der Gestüte – die Damen in großen Hüten, die Herren im grauen Zylinder – gingen neben ihren Favoriten her, als präsentierten sie ihre Geliebte. An den Wettschaltern stauten sich die Menschen. Auf Leuchttafeln flimmerten die Kurse.
Erstes Rennen. Zweites Rennen. Drittes Rennen.
Auch Hartung, Fallersfeld und Angela besuchten an diesem Nachmittag die berühmte Galopprennbahn von Baden-Baden. Es war eine Erholung für sie. Morgen kam ihre Stunde. Fallersfeld hatte den fertig aufgebauten Parcours abgeschritten und die Hindernisse genau betrachtet. Ein schwerer Parcours, aufgebaut von Graf Hellwitz, der für seine
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