Des Teufels Novize
Schnallen – daran könnte man sich wohl erinnern, wenn man einem so jungen und so prächtig geschmückten Priester begegnet. Zum Beispiel als Gast in Eurem Haus?«
Meriet hob die Augen, die einen Moment grün aufblitzten, und sagte: »Ich verstehe Euch. Vor einigen Wochen, bevor ich ins Kloster ging, kam ein Priester ins Haus meines Vaters und blieb über Nacht. Doch er reiste am nächsten Morgen nach Norden weiter, nicht in diese Richtung. Wie könnte er hierher gekommen sein? Und wie soll ich – oder wie wollt Ihr – den Unterschied zwischen einem Priester und einem anderen feststellen, wenn sie aussehen wie dieser?«
»Und das Kreuz? Der Ring? Wenn Ihr mit Gewißheit sagen könnt, daß dies nicht der Mann ist«, sagte Hugh etwas hinterlistig, »dann würdet Ihr mir einen großen Dienst erweisen.«
»Ich spielte im Hause meines Vaters keine so wichtige Rolle«, sagte Meriet mit kalter Bitterkeit, »als daß ich dem geehrten Gast so nahe gekommen wäre. Ich brachte, wie ich bereits aussagte, sein Pferd in den Stall. Was seinen Schmuck angeht, so könnte ich keinen Eid ablegen.«
»Es gibt andere, die es können«, sagte Hugh grimmig. »Und was das Pferd betrifft, so habe ich gesehen, wie sehr ihr einander schätzt. Ihr sagtet wahrheitsgetreu, daß Ihr gut mit Pferden umgehen könnt. Wenn es ratsam schien, das Tier zwanzig oder mehr Meilen von dem Ort wegzuführen, an dem der Reiter den Tod fand, wer hätte dies besser bewerkstelligen können als Ihr? Geritten oder geführt, das Pferd hätte Euch keine Schwierigkeiten gemacht.«
»Ich hatte das Pferd nur am Abend und am nächsten Morgen in meiner Obhut«, sagte Meriet, »und ich sah es erst wieder, als Ihr es zur Abtei brachtet, mein Herr.« Und obwohl ein plötzlich aufflammender Zorn sein Gesicht bis zur Stirn färbte, blieb seine Stimme bereitwillig und fest und sein Temperament gezügelt.
»Nun, laßt uns zuerst einen Namen für unseren toten Mann finden«, sagte Hugh und wandte sich um, um noch einmal den zerlegten Haufen zu umkreisen und den besudelten Boden nach weiteren Details abzusuchen, die von Bedeutung sein mochten. Er betrachtete die Überreste des Ledergürtels, der bis auf ein Stück vor der Schnalle verbrannt war; der verkohlte Rest hätte einem schlanken Mann höchstens halb um die Hüfte gereicht. »Wer auch immer es war, er war mit einem Schwert oder Dolch bewaffnet. Hier ist die Schlaufe der Scheide, in der die Waffe steckte: Es war ein Dolch, denn sie ist zu leicht und elegant für ein Schwert. Doch keine Spur vom Dolch selbst. Er müßte irgendwo hier im Schutt zu finden sein.«
Sie siebten eine weitere Stunde lang die Trümmer durch, doch sie fanden kein Metall und keine Kleidung mehr. Als er sicher war, daß es nichts mehr zu entdecken gab, zog Hugh seine Truppe zurück. Sie wickelten die geretteten Knochen, den Ring und das Kreuz ehrfurchtsvoll in ein Leinentuch und eine Decke und ritten nach St. Giles zurück. Dort stieg Meriet vom Pferd, doch er blieb schweigend stehen, um zu hören, was der stellvertretende Sheriff mit ihm vorhatte.
»Bleibt Ihr hier im Spital?« fragte Hugh, der ihn unbefangen musterte. »Hat Euer Abt Euch diesen Dienst auferlegt?«
»Ja, mein Herr. Solange ich nicht in die Abtei zurückgerufen werde, bleibe ich hier.« Er stellte nicht einfach eine Tatsache fest, sondern betonte nachdrücklich, daß er sich fühlte, als hätte er die Gelübde bereits abgelegt und bliebe nicht nur aus Pflichtbewußtsein, sondern aus eigenem Willen hier.
»Gut! So wissen wir, wo wir Euch finden können, falls wir Euch brauchen. Sehr gut. Fahrt wie gewohnt mit Eurer Arbeit fort, doch gehorcht dem Willen des Abtes und haltet Euch auch zu meiner Verfügung.«
»Das will ich tun, mein Herr. Das will ich tun.« Meriet machte kühl und würdevoll auf dem Absatz kehrt und marschierte den Abhang zum Tor im geflochtenen Zaun hinauf.
»Und jetzt, glaube ich«, seufzte Hugh, der neben Cadfael zur Klostersiedlung ritt, »seid Ihr mir sicher böse, weil ich so grob mit Eurem Küken umgesprungen bin. Doch ich muß Euch hoch anrechnen, daß Ihr standhaft den Mund gehalten habt.«
»Nein«, sagte Cadfael aufrichtig. »Ein kleiner Rippenstoß ist bei ihm sicher nicht verschwendet. Und es gibt keinen Zweifel: der Verdacht legt sich um ihn wie Spinnweben um ein Gebüsch im Herbst.«
»Es ist der Mann, und er weiß es. Er wußte es schon, als er mit dem Rechen das Schienbein und den Schuh befreite. Das und nicht das bloße Wissen darum,
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