Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Teufels Novize

Des Teufels Novize

Titel: Des Teufels Novize Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
geduldig.
    »Harald, mein Herr. Ich heiße Harald.« Die große Gestalt gab ein hohles Geräusch von sich, tief und trocken und leise. Er hatte einen Husten, der schmerzhaft seine Rede unterbrach, und einen Namen, der einst einem König gehört hatte, an den sich alte Männer noch erinnern konnten – Männer mit seiner eigenen hellen Haarfarbe.
    »Sage mir, wie du dieses Ding bekommen hast, Harald.
    Denn wie du sicher weißt, ist es die Waffe eines Edelmanns.
    Sieh die Kunst, mit der sie gemacht wordenist, und die kostbaren Steine. Wo hast du dieses Ding gefunden?«
    »Ich hab es nicht gestohlen«, sagte der Elende zitternd. »Ich schwöre, ich hab’s nicht gestohlen! Es wurde fortgeworfen, niemand wollte es haben…«
    »Wo hast du es gefunden?« fragte Hugh etwas schärfer.
    »Im Wald, mein Herr. Dort ist eine Stelle, an der Holzkohle gebrannt wird.« Er beschrieb stammelnd und blinzelnd den Ort, eifrig bedacht, jede Schuld von sich zu weisen. »Da war ein ausgebranntes Feuer, an dem ich mir manchmal Brennstoff holte, doch ich hatte Angst, so nahe an der Straße zu bleiben.
    Das Messer lag in der Asche, verloren oder fortgeworfen.
    Niemand wollte es haben. Und ich brauchte ein Messer…« Er zitterte und beobachtete Hughs unbeteiligtes Gesicht mit erschreckten blauen Augen.»Ich habe es nicht gestohlen… ich hab’ immer nur gestohlen, um am Leben zu bleiben, mein Herr, ich schwöre es.«
    Er war auf keinen Fall ein erfolgreicher Dieb gewesen, denn er hatte kaum Körper und Seele zusammengehalten. Hugh betrachtete ihn mit mäßigem Interesse und ohne besondere Strenge.
    »Wie lange lebst du schon vogelfrei da draußen?«
    »Es müssen vier Monate sein, mein Herr. Doch ich habe nie Gewalt angewandt und nie etwas anderes als Essen gestohlen.
    Ich brauchte ein Messer zum Jagen…«
    Ist schon gut, dachte Hugh. Der König kann es sich leisten, hier und dort einen Hirsch zu verlieren. Der arme Teufel brauchte das Fleisch nötiger als Stephen, und Stephen hätte es ihm in guter Stimmung auch selbst gegeben. Laut sagte er:
    »Ein schweres Leben für einen Mann, wenn der Winter kommt.
    Hier drinnen bei uns, wo du regelmäßig zu essen bekommst, wenn auch nicht gerade Wildbret, bist du eine Weile besser aufgehoben, Harald.« Er wandte sich an den Unterführer, der aufmerksam dabeistand. »Schließe ihn ein. Gib ihm Decken, damit er sich einhüllen kann. Und sorge dafür, daß er zu essen bekommt – nicht zuviel auf einmal, sonst erstickt er daran und stirbt uns noch weg.« Er hatte gesehen, wie es manchen elenden Geschöpfen, die aus den Stürmen in Worcester geflohen waren, so ergangen war; auf der Straße fast verhungert, hatten sie sich zu Tode gegessen, als sie eine sichere Unterkunft erreichten.
    »Und behandelt ihn gut!« sagte Hugh scharf, als der Soldat den Gefangenen hochzerrte. »Er verträgt keine rauhe Behandlung, und ich brauche ihn noch. Verstanden?«
    Der Sergeant verstand es so, daß dies der gesuchte Mörder sei, der leben mußte, um verurteilt und in aller Form gehenkt zu werden. Er grinste und lockerte ein wenig seinen festen Griff um die knochige Schulter. »Ich habe Euch verstanden, mein Herr.«
    Damit gingen Fänger und Gefangener zu einer sicheren Zelle, wo der Gesetzlose Harald, sicher ein mit gutem Grund entlaufener Leibeigener, es wenigstens wärmer hatte als draußen im Wald. Hier bekam er seine Mahlzeiten, so einfach sie auch waren, ohne daß er jagen mußte.
    Hugh beendete seine Alltagsgeschäfte in der Burg und ging hinaus, um Bruder Cadfael aufzusuchen, der in seinem Verschlag gerade einen aromatischen Trank mischte; das Gebräu sollte alternden Kehlen in der ersten Winterkälte Linderung bringen. Hugh setzte sich auf die vertraute Bank an der Holzwand und nahm dankbar einen Becher vom bestem Wein an, den Cadfael seinen guten Bekannten vorbehielt.
    »Nun, wir haben unseren Mörder sicher hinter Schloß und Riegel«, verkündete er mit unbewegtem Gesicht und erzählte, was sich zugetragen hatte. Cadfael lauschte aufmerksam, obwohl er sich ganz auf seinen köchelnden Sirup zu konzentrieren schien.
    »Dummheit!« sagte er schließlich spöttisch. Sein Gebräu blubberte zu heftig, und er mußte es an die Seite der Kohlenschale schieben.
    »Natürlich ist es eine Dummheit«, stimmte Hugh aus vollem Herzen zu. »Ein armer Hund ohne einen Lumpen zum Zudecken und ohne einen Bissen zu essen tötet einen Mann und läßt ihm seine Wertsachen, von den Kleidern ganz zu schweigen? Sie müssen in etwa

Weitere Kostenlose Bücher