Des Teufels Werk
–, aber mir würde es etwas ausmachen.«
Surtees lächelte dünn. »Die Kreativität überlasse ich Ihnen, Mrs. Burns. Ich bin leider ein wenig zu schwerfällig, um Ihren phantasiebeflügelten Sprüngen folgen zu können – wie Sie von einer falschen Auskunft über einen unserer Mitarbeiter zu meiner persönlichen Verantwortlichkeit für die Geschehnisse in Abu Ghraib kommen.«
»Wie schade«, sagte ich leichthin. »Ich hatte gehofft, Sie würden sich wenigstens ein wenig bemühen.« Ich stopfte Stift und Block in meinen Beutel. »MacKenzie ist ein gewalttätiger Mensch. In Sierra Leone war er unfähig, sich zu beherrschen – wie soll er da anderen Selbstdisziplin beibringen? Er hatte damals einen Wachhund, einen rhodesischen Ridgeback, der noch aggressiver war als er. Er hat den Hund zum Töten abgerichtet und ihm Straßenhunde zum Fraß vorgeworfen.«
Surtees stand auf und bot mir die Hand. »Guten Tag«, sagte er liebenswürdig. »Wenn ich noch irgendetwas für Sie tun kann, rufen Sie mich an.«
Ich stand ebenfalls auf und streifte flüchtig die dargebotene Hand. »Dazu habe ich nicht die Zeit«, entgegnete ich ebenso liebenswürdig und warf ihm meine Karte auf den Tisch. »Das ist meine Handynummer, falls Sie
mich
erreichen wollen.«
»Weshalb sollte ich das wollen?«
Ich hielt meinen Beutel auf der Hüfte, um die Riemen zuzuziehen. »MacKenzie hat in Freetown jemandem einen Arm gebrochen. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Er packte den Arm der betreffenden Person mit beiden Händen und brach ihn wie ein Stück dürres Holz über seinem Knie.«
Es blieb einen Moment still, dann sagte Surtees mit einem skeptischen Lächeln: »Ich glaube nicht, dass das möglich ist. Höchstens wenn der Knochen so brüchig war, dass jeder es geschafft hätte.«
»Er wurde nicht belangt«, fuhr ich fort, »weil das Opfer zu große Angst hatte, um ihn anzuzeigen – aber zwei Fallschirmjäger –
Ihr
Regiment – knöpften ihm ein deftiges Schmerzensgeld ab. Knochenbrüche werden in Sierra Leone nicht umsonst behandelt – und man bekommt keine staatliche Unterstützung, wenn man arbeitsunfähig ist.« Ich schüttelte den Kopf. »Der Mann ist ein Sadist, und in Sierra Leone war das überall bekannt. Einen wie ihn würde ich ganz gewiss nicht als Ausbilder auf unerfahrene junge Polizisten in Bagdad loslassen – schon gar nicht in der gegenwärtigen Situation.«
Er musterte mich mit Widerwillen. »Haben Sie denn persönlich etwas gegen ihn? Sie scheinen ja ganz versessen darauf, den Mann fertig zu machen.«
Ich ging zur Tür und drückte die Klinke mit dem Ellbogen herunter. »Nur damit Sie's wissen, MacKenzies Opfer war eine halb verhungerte Prostituierte, die weniger als vierzig Kilo wog – und ich wette, sie hatte brüchige Knochen, denn sämtliche Kühe im Land waren von Rebellen geschlachtet worden, und kalziumhaltige Milch war ein Luxus. Das arme Ding – sie war gerade mal sechzehn – hat versucht, ein bisschen Geld zu verdienen, um ihrem Baby etwas zum Anziehen kaufen zu können. Sie war beschwipst von zwei Bier, die ein anderer Gast in der Bar ihr spendiert hatte, und stieß MacKenzie versehentlich an. Zur Strafe kugelte er ihr den Ellbogen aus und brach ihr den Arm.« Ich zog eine Augenbraue hoch. »Haben Sie dazu vielleicht einen Kommentar?«
Hatte er nicht.
»Einen schönen Tag noch«, sagte ich.
Ich habe den Artikel nie geschrieben. Es gelang mir zwar, ein Interview mit einem Leibwächter von einer anderen Sicherheitsfirma zu bekommen, nur war der erst vor kurzem aus der Armee ausgeschieden und versuchte sich im Irak zum ersten Mal auf eigene Faust. Das reichte nicht, um das Stück zu schreiben, das ich ursprünglich im Sinn gehabt hatte: dass der Bedarf an Söldnern das Angebot weit überstieg und bei der Überprüfung von Bewerbern beide Augen zugedrückt wurden. Aus der Geschichte eines Einzelnen, noch dazu eines Neulings, ließ sich keine Story machen. Außerdem flaute die Lust der Leute an Kriegsgeschichten ab. Man wollte das Schlamassel endlich behoben sehen und nicht ständig daran erinnert werden, dass die USA und ihre Verbündeten die Sache einfach nicht in den Griff bekamen.
Zusammen mit einer Dolmetscherin klapperte ich daraufhin irakische Zeitungsredaktionen ab und machte mich auf die Suche nach Berichten über Verbrechen, bei denen Frauen vergewaltigt und getötet worden waren. Ich durchforstete sämtliche Ausgaben der letzten drei Monate. Salima, meine Dolmetscherin, war von Anfang
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