Des Teufels Wörterbuch
direkten Weg zum Paradies zu besitzen behauptet und darauf Maut erheben möchte.
Primas, der – Haupt einer Kirche, besonders einer Staatskirche, die von unfreiwilligen Beiträgen unterhalten wird. Primas von England ist der Erzbischof von Canterbury, ein liebenswerter alter Gentleman; er bewohnt den Palast von Lambeth, falls lebendig, und die Abtei von Westminster, falls tot. Gewöhnlich ist er tot.
Primitiv, adj. – Leute, die glauben, ehrlich währe am längsten.
Prinz, der – Junger Gentleman, der seine Zuneigung in der Dichtung einem Bauernmädchen, in der Realität den Frauen seiner Freunde schenkt.
Prinzip, das – Etwas, was zu viele Leute mit Interesse verwechseln.
Privileg, das – Atmen dürfen, ohne zuerst jemanden bestechen zu müssen.
Problem, das – Wenn fünfzig angeekelte Leute in einem Theater ein »begeisterter Erfolg« sind, was ist dann ein Reinfall?
Projektil, das – Stiefelknecht oder Kuß; abhängig davon, ob man auf eine Katze oder ein hübsches Mädchen zielt. – Letztinstanzlicher Richter bei internationalen Streitigkeiten. Früher wurden derlei Dispute durch physischen Kontakt der Disputanten beigelegt, mit den schlichten Argumenten, welche die rudimentäre Logik jener Zeiten zu liefern vermochte – Schwert, Speer usw. Mit zunehmender Vorsicht in militärischen Dingen erfreute sich das Projektil wachsender Beliebtheit und wird heute von den Tapfersten hochgeehrt. Sein größter Mangel ist, daß es persönliche Anwesenheit am Ort des Abschusses verlangt.
Prophezeiung, die – Die Kunst, seine Glaubwürdigkeit jetzt zu verkaufen und später zu liefern.
Prophetisch, adj. – In der Nacht vor der Hochzeit vom Teufel träumen.
Prospekt, der – Tellergericht aus heißen Lügen, gewürzt mit ein paar kalten Tatsachen.
Provinziell, adj. – Eigentümlich.
Provozieren, v. – Einem Mann ins Gesicht sagen, sein Vater sei Politiker gewesen.
Prozeß, der – Maschine, die man als Schwein betritt und als Wurst verläßt. – Förmliche Untersuchung mit dem Ziel, den makellosen Charakter von Richtern, Anwälten und Geschworenen zu beweisen und in den Akten zu verewigen. Hierzu bedarf es einer Kontrastperson in Form eines sogenannten Angeklagten, Gefangenen oder Beschuldigten. Zur Verdeutlichung des Kontrasts hat diese Person so zu leiden, daß jenen tugendhaften Herren ein behagliches Gefühl erwächst, welches nicht nur ihren Wert, sondern auch ihre Immunität betrifft. Heutzutage ist der Angeklagte gewöhnlich ein Mensch oder Sozialist, im Mittelalter jedoch wurde auch Tieren, Fischen, Reptilien und Insekten der Prozeß gemacht. Ein Tier, das einen Menschen getötet oder Hexerei betrieben hatte, wurde ordnungsgemäß verhaftet, angeklagt und im Fall der Verurteilung vom Scharfrichter exekutiert. Insekten, die Kornfelder, Obstgärten oder Weinberge verwüsteten, wurden aufgefordert, sich durch einen Anwalt vor einem Zivilgericht zu verantworten, und wenn sie nach Beweiserhebung, Beratung und Verurteilung in contumaciam verharrten, wurde der Fall vor einen hohen kirchlichen Gerichtshof gebracht, wo man sie feierlich exkommunizierte und verfluchte. Auf einer Straße in Toledo wurden ein paar Schweine, die in der ihnen eigenen Ruchlosigkeit dem Vizekönig zwischen die Beine gelaufen waren und ihn gestürzt hatten, aufgrund eines Haftbefehls arretiert, vor Gericht gestellt und bestraft. In Neapel wurde ein Esel zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt; das Urteil scheint jedoch nicht vollstreckt worden zu sein. Gestützt auf Gerichtsakten berichtet Addosio von zahlreichen Verfahren gegen Schweine, Stiere, Pferde, Hähne, Hunde, Ziegen usw.; man nimmt an, daß diese Prozesse ihnen durchaus zu einer wesentlichen Besserung von Lebenswandel und Moral verhalfen. 1451 wurde gegen die Blutegel, die einige Teiche bei Bern verseuchten, Klage erhoben, und der Bischof von Lausanne, beraten von der zuständigen Fakultät der Universität Heidelberg, gab Anweisung, einige der »aquatischen Würmer« dem örtlichen Gerichtshof vorzuführen. Dies geschah, und den Blutegeln, gleich, ob sie an- oder abwesten, wurde befohlen, binnen dreier Tage die von ihnen verseuchten Orte zu verlassen, bei Strafe, sich »Gottes Fluch« zuzuziehen. In den umfänglichen Aufzeichnungen dieser cause célèbre findet sich kein Hinweis darauf, ob die Delinquenten der Strafandrohung trotzten oder die Reichweite dieser ungastlichen Rechtsprechung alsbald verließen.
Prozessierer, der – Einer, der sich das Fell abziehen
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