Des Teufels Wörterbuch
läßt, in der Hoffnung, die Knochen behalten zu dürfen.
Prozession, die – Auflauf chronisch Irrer, die es versäumt haben, einen Sinn für Lächerlichkeit zu entwickeln.
Prüderie, die – Neigung einer Obszönität, sich hinter dem Rücken ihres gesitteten Betragens zu verbergen.
Pünktlichkeit, die – Tugend, die bei Gläubigern abnorm gut entwickelt zu sein scheint.
Puritaner, der – Frommer Mann, der daran glaubt, daß alle Leute tun und lassen sollten, was er will.
Q
Quacksalber, der – Mörder ohne Lizenz.
Qualifikation, die – Verwandtschaft mit dem Schneider des Präsidenten.
Quantität, die – Guter Ersatz für Qualität, wenn man hungrig ist.
Quatsch, der – Wertloses Zeug, wie die Religionen, Philosophien, Literaturen, Künste und Wissenschaften jener Stämme, die die Gegenden südlich des Nordpols unbewohnbar machen.
R
Rache, die – Die Liebesbriefe deiner Freundin an deinen Nebenbuhler schicken, nachdem er sie geheiratet hat.
Rächen, v. – Im modernen Gebrauch: Sich für einen Schaden schadlos halten, indem man den Schädiger betrügt.
Radikalismus, der – Der Konservatismus von morgen, den heutigen Angelegenheiten eingeimpft.
Radium, das – Mineral, das Hitze absondert und jenes Organ reizt, mit dem Wissenschaftler Trottel sind.
Rational, adj. – Frei von allen Verblendungen, außer denen des Beobachtens, der Erfahrung und des Denkens.
Ratschlag, der – Kleinste gängige Münze.
Rätsel, das – Wer wählt unsere Herrschenden?
Ratsherr, der – Einfallsreicher Verbrecher, der seine geheimen Diebstähle durch den Vorwand öffentlichen Marodierens kaschiert.
Raubgier, die – Vorsorge ohne Fleiß. Die Sparsamkeit des Mächtigen.
Räuber, der – Vulgäre Bezeichnung für einen, der sich erfolgreich den Besitz anderer aneignet. – Freimütiger Geschäftsmann.
Über Voltaire wird berichtet, er habe einmal mit einigen Reisegefährten die Nacht in einem Gasthof am Wege verbracht. Angeregt durch die Umgebung kamen sie nach dem Abendmahl überein, abwechselnd Räubergeschichten zu erzählen. Als Voltaire an die Reihe kam, sagte er: »Es war einmal ein Oberster Steuerpächter.« Da er nicht weitersprach, forderten ihn die anderen auf, fortzufahren. »Das«, sagte er, »ist die Geschichte.«
Räucherstäbchen, das – Stöckchen, das Chinesen in ihrer heidnischen Wirrnis verbrennen, in Nachahmung gewisser geheiligter Riten unserer heiligen Religion.
Raupe, die – Der Kapitalist unter den Insekten, ehe er es im Leben zu etwas gebracht hat.
Realismus, der – Kunst, die Natur aus der Froschperspektive abzubilden. Reiz einer Landschaft, die ein Maulwurf gemalt hat.
Rebell, der – Erfolgloser Verfechter einer neuartigen Mißherrschaft.
Rechtmäßig, adj. – Mit dem Willen des zuständigen Richters vereinbar.
Rechtschaffenheit, die – Handfeste Tugend; fand sich einst verbreitet unter den Dudelbützern, die den unteren Teil der Halbinsel Oque bewohnen. Heimkehrende Missionare unternahmen einige schwache Versuche, sie in mehrere europäische Länder einzuführen, doch scheint sie unzulänglich erläutert worden zu sein. Ein Beispiel für solch fehlerhafte Erläuterung findet sich in der einzigen erhaltenen Predigt des gottesfürchtigen Bischofs Rowley, aus der nachstehend ein charakteristischer Passus wiedergegeben sei: »Nun bestehet die Rechtschaffenheit jedoch keineswegs allein aus heiligmäßigem Geisteszustand, noch auch in Ausführung religiöser Gebräuche sowie Gehorsam dem Buchstaben des Gesetzes gegenüber. Es genüget nimmer, daß Einer sei fromm und gerecht: Er schaue auch darauf, daß Andere desgleichen den gleichen Zustand wahren; und zu welchem Behufe Zwang ein geziemend Mittel ist. Denn ebenso wie meine Ungerechtigkeit einem Anderen Schaden zufügen mag, so kann dessen Ungerechtigkeit wiederum einem Anderen Übles bergen; welches zu verhindern ebenso offenkundig meine Pflicht, als abzuwehren meine eigenen Vergehen. Daher obliegt es mir, wenn ich denn rechtschaffen sei, auch meinen Nächsten zu solchem anzuhalten, nötigenfalls durch Gewalt, daß er ablasse von all jenen schädlichen Unterfangen, so ich, dank einer besseren Begabung und mit Hilfe des Himmels, mich zu enthalten nicht anstehe.«
Redekunst, die – Verschwörung zwischen Sprache und Handeln zu dem Zweck, den Verstand zu hintergehen. – Durch Stenographie gemilderte Tyrannei. – Jene Kunst, die darin besteht, einen Trottel mündlich davon zu überzeugen, daß Weiß die Farbe
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