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Des Todes Dunkler Bruder

Des Todes Dunkler Bruder

Titel: Des Todes Dunkler Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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Chemikalien und der kleinen Reihe Sägen und Messer? Sah er mich endlich?
    Oder sah er jene sieben unsauberen kleinen Erhebungen und wer weiß wie viele mehr? Sah er zuletzt sich selbst, unfähig zu schreien, wie er sich in eine Schweinerei wie die im Garten verwandelte? Natürlich würde er das nicht. Seine Vorstellungskraft gestattete ihm nicht, sich selbst als die gleiche Spezies zu betrachten. Und in gewisser Weise hatte er Recht. Er würde sich niemals in die Schweinerei verwandeln, zu der er die Kinder zugerichtet hatte. Ich würde das niemals tun, konnte es nicht zulassen. Ich bin nicht wie Vater Donovan, ich bin kein solches Ungeheuer.
    Ich bin ein sehr sauberes Ungeheuer.
    Sauberkeit kostet natürlich Zeit, aber sie ist es wert. Es lohnt sich, den Dunklen Passagier glücklich zu machen, ihn für eine lange Zeit zu besänftigen. Lohnt sich, es richtig zu machen und ordentlich. Eine Schweinerei aus dieser Welt zu schaffen. Ein paar ordentlich verschnürte Müllsäcke mehr, und meine kleine Ecke der Welt ist ein ordentlicherer und sauberer Ort. Ein besserer Ort.
    Mir blieben etwa acht Stunden, bevor ich verschwunden sein musste. Ich würde sie brauchen, um alles richtig zu machen.
    Ich fesselte den Priester mit Paketband auf den Tisch und schnitt seine Kleidung herunter. Rasch erledigte ich die vorbereitenden Arbeiten; rasieren, schrubben, alles wegschneiden, was unordentlich abstand. Wie immer spürte ich die wundervolle, langsam einsetzende Erlösung durch meinen ganzen Körper strömen. Sie würde mich durchfließen, während ich arbeitete, würde ansteigen und mich mitreißen, bis zum eigentlichen Ende, wenn das Verlangen und der Priester gemeinsam in der verebbenden Flut verschwanden.
    Und in dem Moment, bevor ich mit der ernsthaften Arbeit begann, schlug Vater Donovan die Augen auf und sah mich an. Jetzt gab es keine Furcht mehr; das geschieht manchmal. Er sah direkt zu mir hoch und seine Lippen bewegten sich.
    »Was?«, fragte ich. Ich beugte den Kopf ein wenig hinunter. »Ich kann dich nicht hören.«
    Ich hörte ihn atmen, langsam und friedlich, und dann sagte er es noch einmal, bevor er die Augen schloss.
    »Gern geschehen«, erwiderte ich und fuhr mit der Arbeit fort.

2
    U m halb fünf morgens war der Priester entsorgt.
    Mir ging es viel besser. Das tut es danach immer.
    Morden vermittelt mir ein gutes Gefühl. Es löst die Spannungen in Darling Dexters dunklem Wesen. Es ist eine köstliche Befreiung, ein notwendiges Aufdrehen aller hydraulischen Ventile im Innern. Ich genieße meine Arbeit; tut mir Leid, wenn Sie das stört. Oh, ja, echt, sehr Leid. Aber so ist es. Und natürlich ist es nicht einfach Mord. Es muss auf die richtige Weise erledigt werden, zur rechten Zeit, mit dem richtigen Gefährten – sehr kompliziert, aber sehr notwendig.
    Und immer irgendwie erschöpfend. Deshalb war ich müde, aber die Anspannung der letzten Woche hatte mich verlassen, die kalte Stimme des Dunklen Passagiers war verstummt, und ich konnte wieder ich selbst sein.
    Der schrullige, komische, unbekümmerte, innerlich tote Dexter. Nicht länger Dexter mit dem Messer, Dexter der Rächer. Bis zum nächsten Mal.
    Ich schaffte alle Leichen samt ihrem neuen Nachbarn zurück in den Garten und säuberte das kleine, zusammenfallende Haus, so gut ich konnte. Ich lud meine Sachen in den Wagen des Priesters und fuhr Richtung Süden zu dem kleinen Seitenkanal, wo ich mit meinem Boot angelegt hatte, einem fünf Meter langen Fischerboot mit geringem Tiefgang und starkem Motor. Ich schob den Wagen hinter meinem Boot in den Kanal und kletterte an Bord. Ich sah zu, wie das Auto sank und dann verschwand. Dann warf ich den Außenborder an und steuerte aus dem Kanal in Richtung Norden über die Bucht. Die Sonne ging gerade auf und spiegelte sich im Wasser. Ich setzte meine fröhlichste Miene auf, nur ein weiterer Fischer am frühen Morgen, der von der Arbeit heimkehrte. Schnapper gefällig? Um halb sieben war ich zurück in meiner Wohnung in Coconut Grove. Ich zog den Objektträger aus meiner Tasche, ein einfacher, sauberer Streifen Glas – nun befand sich darauf ein einziger Tropfen vom Blut des Priesters, genau in der Mitte. Sauber und ordentlich, mittlerweile getrocknet, bereit, unter das Mikroskop geschoben zu werden, wenn ich mich erinnern wollte. Ich legte den Träger zu den übrigen, sechsunddreißig saubere und ordentliche, sehr trockene Tropfen Blut.
    Ich duschte extra lang, ließ das heiße, heiße Wasser die letzte

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