Des Todes Liebste Beute
»Wenn es Geld ist, das Sie wollen –«
»Ich bin kein Räuber, Richter Hillman.« Er schob die Seitentür des Lieferwagens auf und sah mit Befriedigung, dass Hillman erbleichte, als er zu ahnen begann, was auf ihn zukommen würde. »Ziehen Sie den Mantel aus.« Als der Richter sich nicht rührte, drückte er ihm die Waffe fester in den Bauch. »Jetzt, wenn es genehm ist.«
Hillman nestelte mit zitternden Fingern an den Knöpfen seines teuren Wollmantels. »Damit kommen Sie nicht durch«, sagte er mit brüchiger Stimme.
Darüber musste er lächeln. »Bei Skinner hat es doch auch funktioniert. Es ist natürlich ein Unglück, dass Carsons Leibwächter anstelle von Carson selbst sterben musste, aber wo gehobelt wird, fallen nun mal Späne. Ich werde also vermutlich auch hiermit durchkommen. Aber selbst, wenn nicht … sterben werden Sie so oder so.«
Hillman wurde noch eine Spur bleicher. »Oh, mein Gott.«
»Ich hoffe aufrichtig, dass Sie tatsächlich bereit sind, Ihrem Schöpfer entgegenzutreten, Richter Hillman, denn es dauert nicht mehr allzu lange. Steigen Sie ein und setzen Sie sich.«
Hillman sah sich panisch um, aber natürlich war niemand zu sehen. Dafür hatte Hillman ja schließlich selbst gesorgt, damit er Woche für Woche seine Ruhe hatte. Ein verlassener Parkplatz und niemand, der ihn dabei ertappen konnte, wie er sich mit seiner Mätresse traf. »Ich schreie«, brachte Hillman hervor.
»Niemand wird Sie hier hören. Ist es nicht eine Schande, dass Sie selbst so auf Einsamkeit bestanden haben, als Sie und Ihre Miss Quincy überlegten, wo man sich am besten trifft?« Er lächelte grausam. »Wenn ich jetzt abdrücke, sind Sie tot.«
»Wenn ich mit Ihnen fahre, bin ich auch tot.«
Er zog die Brauen hoch. »Aber Sie sind ein Feigling und werden bis zum Ende hoffen, dass jemand kommt und Sie rettet. Ich zähle jetzt bis drei, Richter Hillman. Eins, zwei …«
Der Richter stieg in den Wagen, ganz wie er es erwartet hatte. Er griff nach den Handschellen, die Hillman am Wagenboden festhalten würden. Nachdem er beide Handgelenke fixiert hatte, wandte er sich Hillmans Füßen zu. Unerwartet trat der Richter zu, und der Schmerz schoss durch seinen Körper.
»Das werden Sie büßen, Hillman«, zischte er. »So wie Sie all das andere büßen müssen.«
Hillman hatte Schweißperlen auf der Stirn stehen. »Aber was hab ich denn getan?«
Er schnitt ein Stück Klebeband ab. »Leah Broderick.«
In Hillmans Augen war kein Begreifen zu sehen, und das machte ihn noch wütender, als er ohnehin schon war. »Vielleicht erinnern Sie sich nicht mehr an sie, aber das kommt schon noch. Bevor das alles hier vorbei ist, erinnern Sie sich.« Er riss ein Stück Klebeband ab und drückte es Hillman über den Mund. Der Streifen war breit genug, um den dünnen Schnurrbart des Richters ebenfalls zu bedecken, und er freute sich schon darauf, das Klebeband nachher wieder abzureißen. Der Richter würde jedes einzelne Barthaar spüren.
Für die meisten Menschen würde das wahrscheinlich ein unwichtiger Nebeneffekt sein. Er jedoch achtete auf solche Dinge.
Mittwoch, 25. Februar, 18.30 Uhr
Abe hörte das Hämmern, sobald er aus seinem Geländewagen stieg. Er hatte den Wagen auf der Straße geparkt, weil Aidans Camaro in Kristens Einfahrt stand. Abe blieb neben dem Streifenwagen stehen, der wieder am Straßenrand wartete, und McIntyre kurbelte das Fenster herunter.
»Was Neues?«, fragte Abe.
McIntyre zuckte die Achseln. »Es ist niemand mit einer neuen Lieferung gekommen, falls Sie das meinen. Sie hatte Besuch von einem Mann, der zwei Türen weiter wohnt, aber sie hat ihn nicht hineingebeten. Ihr Bruder hat sie vor ein paar Stunden vom Krankenhaus nach Hause gefahren. Ich habe geklingelt, als das Hämmern anfing, aber Ihr Bruder meinte, es wäre alles okay, sie würde nur ein wenig Stress abbauen. Verständlich, denke ich.«
Abe nickte. Spinelli hatte ihnen von den beiden Restaurantbesitzern erzählt, und er konnte nur ahnen, was in ihr vorgehen mochte. »Danke.« Er lief zum Haus hinauf und blieb verdattert am Carport stehen. Hinter dem Mietwagen sah es aus wie auf einem Schrottplatz. Alte Schränke, Bretter und Gerätschaften stapelten sich neben dem uralten Ofen, der ausgeweidet auf der Seite lag. Vorsichtig öffnete Abe die Küchentür und sah Aidan, der schwer atmend einen betagten Kühlschrank über den Boden zerrte. Aidan entdeckte ihn gleichzeitig.
»Blöd, dass das Ding keine Rollen hat«, schnaufte er.
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