Destiny (Beachrats: Teil 7)
zu mir. »Du hast gehört, was passiert ist, oder?«
»Ja, Ma‘am«, antwortete ich. »Ich weiß im Grunde, was passiert ist, aber ich kenne keine Details.«
»Die Polizei hat Josh letzte Nacht auf einem der Baseballplätze gefunden. Er hatte eine Pistole im Mund und den Abzug gedrückt.«
»Oh, mein Gott!«, sagte ich.
»Ja, das ist wirklich schlimm«, sagte sie und ich sah, dass ihre Augen feucht wurden. »Das ist erst der zweite Schüler-Suizid, den wir jemals an dieser Schule hatten und um ehrlich zu sein, kann ich damit nicht besonders gut umgehen.«
»Hat er einen Abschiedsbrief oder so etwas hinterlassen?«, fragte ich.
»Ja, das hat er«, sagte sie und seufzte. »Er war in seiner Tasche und er hat ihn an dich adressiert.«
Mir drehte sich der Magen um und ich wollte am liebsten dort verschwinden. Ich war allerdings froh, dass meine Jungs bei mir waren. David und Justin hatten jeweils eine Hand auf meine Schultern gelegt und das beruhigte mich ein bisschen.
»Darf ich ihn sehen?«, fragte ich.
»Ja, aber lass uns in mein Büro gehen«, schlug sie vor.
Ich nickte und wir folgten ihr.
»Setzt euch, Jungs«, sagte sie, als sie die Tür hinter uns schloss. »Alex, Josh hat dich geliebt und bewundert. Er macht dich dafür natürlich nicht verantwortlich. Das wollte ich nur sagen, falls du das denkst. Er möchte, dass du in seinem Namen sprichst.«
Sie setzte sich hinter ihren Schreibtisch und gab mir den Brief. Es war offensichtlich eine Kopie.
»Auf dem Umschlag stand dein Name«, erklärte Miss Sally. »Der Umschlag und das Original des Briefes sind aber bei der Polizei.«
Ich holte tief Luft, dann faltete ich das Blatt Papier auseinander und las den Brief.
Lieber Alex,
heute Abend habe ich meinen Eltern gesagt, dass ich schwul bin. Sie sind wirklich wütend geworden. Sie haben gesagt, dass ich nicht mehr ihr Sohn bin und dass ich keine Unterstützung von ihnen zu erwarten habe. Ich hatte nicht erwartet, dass sie dermaßen schlecht reagieren würden, aber ich hatte Vorbereitungen getroffen. Nur für den Fall, verstehst du?
Ich habe eine der Pistolen von meinem Dad und ich wusste, wie man sie benutzt. Wenn sie mich nicht mehr haben wollen, dann will ich mich selbst auch nicht mehr. Wenn du das hier liest, weißt du, dass ich es durchgezogen habe.
Ich möchte dich bitten, meinen Eltern und allen Schülern und Lehrern an der Harbor High zu sagen, dass ich ein guter Junge war. Ich habe versucht, mich immer an die Regeln zu halten und ich habe mir so große Mühe gegeben, nicht schwul zu sein. Ich wollte nicht schwul sein, aber ich konnte nichts dagegen tun. Ich habe es wirklich versucht. Bitte glaube mir, Alex.
Jeder weiß, dass du schwul bist und alle mögen dich. Nun, mich mochten sie nicht besonders. Abgesehen von Denny und Chip. Aber das war nicht genug. Du musst es nicht tun, wenn du nicht möchtest, aber ich möchte, dass sie wissen, dass ich ein guter Junge war. Und dass ich mir wirklich Mühe gegeben habe.
Dein Freund,
Josh Stanton
Als ich den Brief zu Ende gelesen hatte, war ich ein nervliches Wrack. Schon als ich den ersten Satz las, fing ich an zu weinen. Als ich am Ende des Briefes angekommen war, flennte ich wie ein kleines Baby. Ich konnte nicht einmal ein Wort reden.
Ja, er war ein guter Junge.
Nein, er war nicht nur ein guter Junge, er war ein wundervoller Mensch. Aber jetzt war er nicht mehr da.
Tot mit 15.
Ich brauchte eine Weile, um mich wieder zu beruhigen.
»Ich möchte das morgen Früh bei den Ankündigungen vorlesen«, brachte ich ohne nachzudenken heraus.
»Ich hatte gehofft, dass du das sagst«, sagte Miss Sally und schenkte mir ein gequältes Lächeln. »Meinst du, das schaffst du?«
»Ja, Ma‘am«, antwortete ich. »Miss Sally, dieser Junge war einer der besten Freunde meines Bruders. Der Denny, von dem Josh in diesem Brief spricht, ist mein Bruder.«
»Oh, mein Gott!«, sagte sie. »Das wusste ich nicht, Alex. Eines der Pflegekinder?«
»Ja, Ma‘am, das ist er. Denny Morgan. Sie waren Partner im Debattier-Team. Chip Rooney ist ihr anderer bester Freund. Weiß Chip Bescheid?«
»Nein. Zumindest glaube ich es nicht. Was würdest du dazu sagen, wenn wir heute Nachmittag deswegen eine Versammlung einberufen?«
»Es wird heute Abend bestimmt in den Nachrichten sein«, sagte ich. »Meinen Sie nicht, dass es besser wäre, wenn sie es zuerst hier erfahren anstatt aus dem Fernsehen?«
»Ja, ich glaube, du hast recht. Die Lehrer werden mich allerdings dafür hassen.
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