Deus Ex Machina - Teil 1: Thriller
Gefühl einfach nicht unterdrücken, dass Strathaus eine zwielichtige Rolle spielte. In der Regel gestand er seinen Beamten ein hohes Maß an Eigenverantwortung zu und mischte sich nur selten in die laufenden Ermittlungen ein. Diesmal hatte er es getan. Mehrmals sogar. Rensing war überzeugt, dass sein Verhalten nicht allein durch die ungewöhnlichen Begleitumstände des Mordes motiviert war.
„Strathaus verarscht uns, Werner.“
„Verdammt, Martin, was soll das?“ Tillack beugte sich vor. „Er wird sich schon was dabei gedacht haben. Es ehrt dich, dass du einen Fall nicht einfach so zu den Akten legst, aber so langsam mach ich mir Sorgen. Du hast dir im Präsidium eine hervorragende Position erarbeitet. Komm mir jetzt bitte nicht mit Verschwörungstheorien.“
„Ich hab dich nicht um eine Moralpredigt gebeten. Wenn ich wirklich eine hervorragende Position besäße, was ich stark bezweifle, dann gerade weil ich ab und zu mal Gespenster sehe. Solange du dich nicht mit dem Inhalt des Videos auseinandergesetzt hast, kannst du mir mit deinen klugen Ratschlägen gestohlen bleiben.“
Tillack zuckte ob des Angriffs zusammen, doch Rensing war nicht gewillt, die angespannte Atmosphäre abkühlen zu lassen.
„Die Sache stinkt zum Himmel, Werner. Irgendetwas läuft hier nicht so, wie es laufen sollte, und Strathaus hat da seine Finger drin.“
Tillacks Augen verengten sich zu Schlitzen. „Leg dich nicht mit ihm an, Martin. Versprich mir das.“
„Ich will sein Verhalten verstehen. Strathaus hat ein massives Interesse an der Leichensache Pape, und ich will wissen, warum.“ Rensing senkte die Stimme, da auch Hagner und Kruse ihren Saunagang beendet hatten und zu ihnen herüber kamen. „Hast du nachher Zeit, noch auf ein Stündchen mit zu mir zu kommen?“
„Einer muss dir ja wohl deine Paranoia austreiben.“
Angelika Rensing brachte einen zweiten Teller mit Bockwürsten ins Büro im ausgebauten Dachgeschoss und warf ihrem Mann einen verärgerten Seitenblick zu. „Wenn du wenigstens angerufen hättest, hätte ich euch ein anständiges Abendessen gekocht.“
„Mach dir meinetwegen keine Umstände, Angelika.“ Tillack schöpfte sich einen Schlag Kartoffelsalat auf den Teller. „Unseren Kantinenkoch steckst du mit links in die Tasche.“
„Hast du gehört, Martin?“, fragte sie über die Schulter hinweg, als sie das Arbeitszimmer verließ. „Davon könntest du dir eine Scheibe abschneiden.“
Rensing lauschte, wie seine Frau die Treppen hinunterstieg. Dann ließ er sein Besteck geräuschvoll auf den Teller fallen. „Was ist jetzt Sache? Hast du es dir anders überlegt, oder … ?“
Tillack schlang einen letzten Bissen runter und nickte in die Richtung des kleinen Fernsehers in der Ecke.
„Jetzt stell das Video schon an, in Gottes Namen. Ich werde es überleben.“
*
Henning Geerts verließ seine Wohnung in der Karlstraße in Köln-Deutz gegen 22 Uhr 30. Er entschied sich, zu Fuß zu gehen. Als er die Hohenzollernbrücke zur Hälfte überquert hatte, legte er eine Pause ein und beugte sich über das Geländer. Ein Motorboot rauschte über den Rhein. Geerts sah zu, wie die Wellen sich ausbreiteten und schließlich verebbten. Ein böiger Wind pfiff. Der Journalist korrigierte den Sitz seiner Nickelbrille, zog den Reißverschluss der Windjacke zu und setzte seinen Weg in Richtung des gotischen Wahrzeichens der Stadt fort.
Geerts liebte den Anblick des Doms in der Nacht.
Es hatte gut getan, Phil mal wieder zu Gesicht zu bekommen, auch wenn er nur wenig Zeit erübrigen konnte und sich nur kurz über die Pressekonferenz ins Bild setzen ließ. Wenn man den Grund bedachte, war es nur allzu verständlich, dass er im Allwetterzoo so kurz angebunden war. Durch den Selbstmord von Frank Laurenz hatte Phil einen guten Freund verloren. Tragisch, keine Frage. Geerts war drauf und dran gewesen, ihm von seinem heimlichen Treffen mit Laurenz zu erzählen. Von dem brisanten Material, das der junge Student ihm zuspielen wollte. Doch er hatte geschwiegen. Obwohl der Kontakt zwischen ihm und Frank Laurenz wohl nie zustande gekommen wäre, wenn Phil sie nicht kürzlich erst auf einer Vernissage miteinander bekannt gemacht hätte. Geerts versuchte sich sein Schweigen mit Rücksichtnahme schönzureden. Die Wahrheit aber war, dass er es nicht erzählen wollte – und durch die Geheimniskrämerei des mysteriösen Anrufers von heute Morgen, der sich als Mitglied von Deus Ex Machina zu erkennen gegeben hatte,
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