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Deutschboden

Deutschboden

Titel: Deutschboden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Uslar
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zurück.«
    Auf dem Straßenschild vor dem Lokal klebte klein, halb abgerissen, ein Aufkleber des SC Hansa Rostock.
     
    Im Schröder war um diese Zeit noch etwas los. Hinter den Vorhängen konnte ich eine lange Theke, Tische mit karierten Tischdecken und Spielautomaten sehen. Dazu Jeansjacken, rote Köpfe, Männerrücken, Männerhälse, Männerbäuche, Qualm, Bier.
    Yeah.
    Man hörte draußen auf der Straße jedes Glas, das drinnen in der Kneipe getrunken wurde. Ein Mann mit starken Armen und Bleistift hinterm Ohr reichte volle Biergläser von hinter der Theke nach vorne.
    Gelächter.
    Dann lachte einer richtig laut.
    Wieder die Biergläser.
    Ich konnte sehen, dass es nun etwas zu klären gab. Dann stand es kurz auf der Kippe. Dann gab es wieder was zu lachen. Und der starke Mann zapfte wieder Bier.
    Ich sah die Bierfass-Tür an und wusste, dass ich es an diesem, meinem ersten Abend in Oberhavel noch nicht in dieses Lokal hinein schaffen würde.
    Auf dem Weg zum Auto sah ich dann fast nur noch Asia-Bistros und Nagelstudios, obwohl es dieselbe Straße war, die ich vorhin entlanggelaufen war, nur eben in entgegengesetzter Richtung.
    Es waren drei Asia-Bistros und fünf Nagelstudios. Den Begriff »Asia-Bistro« hatte ich vor Betreten der Kleinstadt weder gehört noch gelesen. Die Asia-Bistros hießen Asia-Bistro Phu Toan, aber auch einfach Asia-Bistro Welcome. Bei jedem der Asia-Bistros und bei drei von fünf Nagelstudios stand das Wort Neueröffnung auf den Fensterscheiben. In einem besonders flott aussehenden Studio las ich in neonbunten Buchstaben: »Fußpflege mit Massage 10 Euro; Maniküre mit Massage 10 Euro; Neumodellage mit komplett 30 Euro; Auffüllen mit komplett 25 Euro«.
    Alles komplett. Das, meine Damen und Herren, waren wohl Spitzenpreise. Man sah, dass es dieses Nagelstudio schon in drei Monaten nicht mehr geben würde.
     
    Hotel Lorenz.
    Dann, nur zwanzig Meter weiter, auf derselben Straßenseite: Haus Heimat. Restaurant, Café, Pension. Inhaber W. Finster. Spandauer Straße Ecke Kopekenstraße.
    Haus Heimat: wahrlich ein abstrakter Hotelname. Ich hatte nicht gewusst, dass es in Deutschland Häuser gab, die Haus Heimat hießen.
    Ein grau-braun-beigelicher Gespensterkasten: oben fünf Fenster, im Erdgeschoss zwei butzenfensterartige Scheiben aus gelbgrünem Glas, dazwischen die von Fliesen eingefasste Gasthaustür. Links am Haus wuchs ein efeuartiges Kraut. Das Licht hinter dem Glaskasten mit der silbergoldenen Schrift »Berliner Kindl Jubiläumspilsener« flackerte.
    Die Speisekarte im dafür vorgesehenen Speisekartenkasten empfahl Topfwurst mit Sauerkraut und Kartoffeln; Leber gebraten mit Kartoffelpürree; Aal grün mit Dillsoße und Kartoffeln.
    Was um Himmels willen war Topfwurst? Hinter Butzenscheiben lief ein Fernseher. Oder war das eine Sicherheitselektronik, die ansprang, sobald Gäste das Haus Heimat betraten?
     
    Zufrieden stellte ich fest, dass die Straßen, die von der Einkaufsstraße abgingen, allesamt so aussahen wie die Straße jenseits der Brücke: niedrig, gräulich, bräunlich. Eine Herrenstraße genannte Seitenstraße war der Länge nach aufgerissen; im Sand hinter den Absperrungen standen die Baumaschinen.
    Insgesamt, so mein Eindruck, war es eine Kleinstadt wie im Westen, bloß ganz anders – grauer, brauner, fieser, härter, geduckter, hinterrückser, zwielichtiger, gemeiner. Ich fand’s gleich so geil hier – komisch, ganz entscheidend geiler als die etwa zwanzig anderen Kleinstädte, die ich in den letzten vier Wochen im Osten besichtigt hatte.
     
    Beim Herauslaufen aus der Kleinstadt merkte ich mir:
    Hotel Lorenz.
    Gaststätte Schröder.
    Zur Alten Eiche.
    Franky’s Place.
    Conny’s Hauswaren (Einkaufen mit Köpfchen).
    Fun Factory (Unsere Preise machen Spaß).
    Orig. Ital. Eis.
    Karin’s Hair Studio (Lifestyle for Everyone).
    Schneideratelier Ljubov Gustrow.
    Süße Präsente an der Probstbrücke.
    Haus Heimat.
    Im Haus Heimat, so viel stand fest, wollte ich wohnen,
    wenn ich das nächste Mal in die Kleinstadt kam.
    Ich guckte noch mal hierhin, dorthin.
    Laufing the streets of Oberhavel.
    Klar war ja auch, dass ich es hier einfach geil finden wollte.
     
    Neben meinen Wagen hatte sich in der Zwischenzeit ein Mann im Rollstuhl, irgendwo zwischen fünfzig und achtzig Jahre alt, mit schwarzem Cowboyhut, Django-Bart und Decke über den Knien, auf den Bürgersteig gestellt. Stand da einfach.
    Guckte nun konzentriert in die andere Richtung, dahin, wo weder ich noch mein

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