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Deutsche Geschichte

Deutsche Geschichte

Titel: Deutsche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Mai
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»Mein geheimster Gedanke ist, dass das alte Europa am Anfang seines Endes ist.«

Wieder keine Revolution
    Nach so vielen Umwälzungen, Kämpfen und Kriegen sehnten die Menschen sich nach Ruhe. Die große Mehrheit des Volkes nahm auch die Einschränkungen durch die Karlsbader Beschlüsse widerstandslos hin. Man zog sich von der Politik zurück, und wer es sich leisten konnte, widmete sich dem privaten Glück, das vor allem in einem behaglichen Familienleben bestand. Dazu gehörten Hausmusik und Spiele ebenso wie gemeinsame Spaziergänge und Ausflüge. Die revolutionären Gedanken überließ man wieder ganz den Dichtern, Denkern und Künstlern. Aber auch die besangen jetzt lieber die Natur und romantische Gefühle. Franz Schubert komponierte Am Brunnen vor dem Tore und das Heidenröslein , Eduard Mörike dichtete »Frühling lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte … « und Caspar David Friedrich malte seine Landschaftsbilder. Kurz: »Romantik« war angesagt.
    Der Maler Carl Spitzweg hat das idyllisch-beschauliche Leben der Kleinstädter in vielen Bildern dargestellt. Später wurde diese Zeit etwas spöttisch das »Biedermeier« genannt. Der »deutsche Michel« als das Sinnbild des deutschen Bürgers tauchte hier zum ersten Mal auf: treuherzig, gemütlich, verschlafen und ziemlich naiv tappte er durch Zeitungen und Journale. Die biedermeierliche Idylle währte allerdings nicht lange. Ohnehin war für die meisten Menschen das Leben auch in diesen Friedenszeiten nicht idyllisch. Sie mussten für ihr tägliches Brot schwer arbeiten und hatten kaum Muße für romantische Gefühle.
    Und es gab immer noch Menschen, die nicht nur an ihr privates Glück dachten, sondern von einem Vaterland für alle Deutschen träumten. Als es im Juli 1830 in Paris zu Straßenkämpfen kam, in deren Folge der französische König floh und die Regierung abgesetzt wurde, schwappte die Revolutionswelle schnell über ganz Europa. In Deutschland erhielt die Einheits- und Freiheitsbewegung neuen Auftrieb.
    Aufstände in mehreren deutschen Ländern führten dazu, dass die Fürsten dem Volk Verfassungen und Landtage zugestehen mussten. Die neue Bewegung gipfelte im »Hambacher Fest«, zu dem am 27. Mai 1832 etwa 30000 Menschen kamen. Für damalige Verhältnisse war das eine gewaltige Zahl. Der liberale Publizist Siebenpfeiffer hielt eine flammende Rede: »Leuchtende Strahlen der Hoffnung zucken auf, die Strahlen der Morgenröte deutscher Freiheit, und bald, bald wird ein Deutschland sich erheben, herrlicher, als es jemals gewesen … Ja, es wird kommen der Tag, wo ein gemeinsames deutsches Vaterland sich erhebt, das alle Söhne als Bürger begrüßt und alle Bürger mit gleicher Liebe, mit gleichem Schutz umfasst … Wir selbst wollen, wir müssen vollenden das Werk, und ich ahne, bald, bald muss es geschehen, soll die deutsche, soll die europäische Freiheit nicht erdrosselt werden von den Mörderhänden der Aristokratie.«
    Aber wieder schlugen die Fürsten – immer noch angeführt von Metternich – zurück, die Presse wurde noch mehr geknebelt, Liberale, Demokraten, Patrioten wurden verhaftet und verurteilt. Wieder hatte es in Deutschland nicht zu einer richtigen Revolution gereicht. Das Volk hatte auch diesmal den großen Aufstand gegen die Mächtigen nicht gewagt. Über vereinzelte Barrikadenkämpfe war der Versuch einer Revolution nicht hinausgekommen.
    König Ernst August von Hannover erklärte sogar die neue Verfassung wieder für ungültig. Dagegen wehrten sich gerade mal sieben Göttinger Professoren, unter ihnen die »Märchen-Brüder« Jakob und Wilhelm Grimm. Die »Göttinger Sieben« verloren ihre Ämter und mussten fliehen.
    Noch heute hängt ein Porträt des Königs Ernst August in der Aula der Göttinger Universität. Auch in anderen Städten wurden Fürsten oft großzügig mit Denkmälern bedacht. Dagegen tat und tut man sich in Deutschland stets schwer mit Denkmälern für Freiheitskämpfer und Demokraten.

Die Schlagbäume fallen
    Der Weg zu einem vereinten Deutschland war mühsam: zwei Schritte vor, einer zurück – und manchmal auch umgekehrt. Diesem Schneckentempo in der staatlich-politischen Entwicklung standen wichtige Erfindungen und Entdeckungen der Naturwissenschaftler und Techniker gegenüber. Dampfmaschine, Eisenbahn und Telegraf veränderten in dieser Zeit die Welt rasanter, grundlegender und dauerhafter als die Taten und Untaten von Fürsten, Heerführern und Revolutionären. Etwas zugespitzt

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