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Deutsche Geschichte

Deutsche Geschichte

Titel: Deutsche Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Mai
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Republik ausgerufen und eine provisorische Regierung eingesetzt. Die Nachricht verbreitete sich rasch in ganz Europa. In fast allen deutschen Ländern kam es im März zu Demonstrationen und Straßenkämpfen. Am 13. März musste der verhasste Staatskanzler Fürst Metternich, der fast 40 Jahre lang die reaktionäre Politik in Deutschland bestimmt hatte, abdanken und aus Wien fliehen. Am 15. März versprach der österreichische Kaiser eine Verfassung und die Abschaffung der Zensur.
    Drei Tage später versammelten sich viele Menschen vor dem Berliner Schloss, um dem preußischen König ihre Forderungen zu überbringen. Plötzlich schoss die Schlosswache zweimal. Das war für die Menschen das Signal zum offenen Aufstand. In den folgenden Straßenkämpfen fielen 254 Aufständische, darunter acht Frauen und drei Kinder. König Friedrich Wilhelm IV. fürchtete eine Ausweitung des Bürgerkrieges und zog seine Truppen zurück. Die Toten wurden vor dem Schloss aufgebahrt und der König musste sich mit entblößtem Haupt vor ihnen verneigen. Noch nie war ein König in Deutschland so gedemütigt worden.
    In einem Aufruf »An mein Volk und an die deutsche Nation« versprach er die Einheit Deutschlands und Verfassungen in allen deutschen Ländern. Wenig später bewilligte er allgemeine Wahlen zu einer preußischen verfassunggebenden Nationalversammlung.
    Auch andere deutsche Fürsten gaben dem Volkswillen nach, beriefen liberale Minister (Märzminister) und versprachen Reformen.
    Aber es gab Leute, die den Versprechungen der Fürsten nicht trauten und die Sache des Volkes lieber selbst in die Hand nehmen wollten. Die trafen sich am 31. März in Frankfurt, um das weitere Vorgehen zu beraten. Die radikalen Kräfte forderten das Ende der Fürstenherrschaft und die Demokratie. Der badische Abgeordnete Friedrich Hecker erklärte: »Ich will die Freiheit, die ganze Freiheit, für alle, gleich viel in welcher Staatsform sie zu erreichen ist. Aber keine Freiheit nur für die Privilegierten oder für die Reichen; ich bin, wenn ich es mit einem Wort benennen soll, Sozialdemokrat.«
    Den Liberalen ging eine soziale Demokratie zu weit. »Ich will keine Pöbelherrschaft, kein Liebäugeln mit dem Pöbel«, hielt Heinrich von Gagern dem Sozialdemokraten Hecker entgegen. So wie er dachte die Mehrheit der in Frankfurt Versammelten; man wollte lieber mit den Regierungen zusammenarbeiten als eine Revolution. Da verließ Hecker Frankfurt und marschierte mit seinen Anhängern nach Konstanz, wo er am 12. April die Republik ausrief und zur bewaffneten Erhebung aufforderte. Schon eine Woche später wurden die badischen Revolutionäre im Südschwarzwald von Bundestruppen vernichtend geschlagen.

Einigkeit und Recht und Freiheit
    Am 18. Mai 1848 traten 586 gewählte Volksvertreter in der Frankfurter Paulskirche zur Deutschen Nationalversammlung zusammen. Die Zusammensetzung dieses ersten gesamtdeutschen Parlaments war jedoch alles andere als repräsentativ: Die Abgeordneten gehörten überwiegend dem akademischen Bildungsbürgertum an. Handwerker waren kaum, die Bauern durch einen Abgeordneten und Arbeiter überhaupt nicht vertreten. Bald sprach man von einem »Honoratioren-« oder »Professorenparlament«. Unabhängig davon bildeten sich allmählich drei politische Hauptrichtungen heraus: Je nachdem, wo die Abgeordneten, vom Präsidenten aus gesehen, saßen, nannte man sie die Rechten, die Mitte oder die Linken. Rechts saßen die »Konservativen«, die möglichst wenig an den bestehenden Verhältnissen ändern wollten; in der Mitte saßen die Liberalen, die eine »konstitutionelle«, in eine Verfassung eingebundene Monarchie mit möglichst viel Freiheiten für die Bürger anstrebten; links saßen die Verfechter einer demokratischen und sozialen Republik.
    In den ersten Monaten wurden die Grundrechte beraten. Danach ging es vor allem um folgende Fragen:
Soll Deutschland eine konstitutionelle Monarchie oder eine Republik werden?
Soll es ein zentralistischer Einheitsstaat oder ein »föderalistischer« Bundesstaat aus selbstständigen Einzelstaaten werden?
Soll es »großdeutsch« mit Österreich oder »kleindeutsch« unter Führung Preußens sein?
Wie soll das Wahlrecht aussehen?
    Nach langen Debatten, bei denen viele kluge Reden gehalten wurden, entschied sich die Mehrheit für die kleindeutsche Lösung mit einer starken Zentralgewalt bei Weiterbestand der Einzelstaaten. An der Spitze des Reiches sollte der preußische König als »Kaiser der Deutschen«

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