Deutsche Geschichte Von 1815-1870
Schultern und rief: »das ist unser Frankenkönig!« Es waren Kindereien, die aber durchaus nicht als Solche behandelt wurden, denn die Maßregeln der Regierungen ließen nicht lange auf sich warten. Zuerst erließ der
Bund
wieder eine Reihe von Beschlüssen, in denen namentlich den Ständen das Recht der Steuerverweigerung abgesprochen ward, und
deren weitere Befugniß
, die
Bewilligung
derselben, von Bedingungen abhängig gemacht wurde. Ueberhaupt nahm der Bund von nun ab das Recht in Anspruch die Gesetzgebung in den einzelnen Staaten zu überwachen und nöthigenfalls dabei mit Waffengewalt einzuschreiten. Proteste und Adressen gegen diese Beschlüsse, die von überall her einliefen, wurden für
sträfliche Versuche
erklärt, die Regierungen mit dem Bunde zu entzweien. In solcher Weise machte sich der Bund mehr und mehr zum obersten Polizeidiener Deutschland's und kein Mittel war ihm zu schlecht seine Zwecke zu erreichen. Anstatt der Gleichgültigkeit, mit der man ihn bis dahin betrachtet, entwickelte sich jetzt gegen dieses Institut ein bitterer Haß und Hohn. Er erfuhr dies Alles, denn ein Briefgeheimniß gab es für den Bundestag nicht und namentlich wußte sich der Herr von Nagler, der zugleich Generalpostmeister war, mit Hülfe seiner Untergebenen in den Besitz aller Geheimnisse zu setzen. Er rühmte sich selbst, daß ihm der russische Großfürst Constantin, vor der Revolution Polen's Statthalter, die besten Anweisungen dazu gegeben, wie man Briefe auffange und in's Geheim entziffre.
Inzwischen war die demagogische Parthei, im Gegensatz zu der constitutionellen, welche den Weg des Gesetzes, wie schmal er ihr nun auch gezogen war, nicht verlassen wollte, zu dem Entschlusse gekommen, Deutschland zu revolutioniren, und zu diesem Zwecke eine allgemeine Verabredung oder Verschwörung zu Stande zu bringen. Seit 1827 hatten sich neue Verbindungen der Burschenschaft auf den Universitäten geschlossen und alljährlich wurde ein Burschentag abgehalten, zu welchem Abgeordnete von den verschiedenen Hochschulen erschienen, um über die zu nehmenden Maßregeln zu berathen. Eine feste Constituirung empfing die Verbindung, auf dem
Burschentag zu Frankfurt
a/M., wo der Zweck derselben klar dahin ausgesprochen wurde, »es seien Vorbereitungen zu treffen zur Herbeiführung eines frei und gerecht geordneten und in Volkseinheit gesicherten Staatslebens im deutschen Volke, mittelst sittlicher, wissenschaftlicher und körperlicher Ausbildung auf der Hochschule.« Gleichzeitig entwickelte der Preßverein in Frankfurt eine große Thätigkeit; in Gießen und Butzbach bildeten sich politische Vereine und in Ludwigsburg im Würtembergischen mühte sich der Oberlieutenant
Koseritz
das Militär zu bearbeiten. Einverständnisse mit Polen und Franzosen wurden erzielt, namentlich durch Verkehr einzelner Mitglieder mit der Gesellschaft »der Freunde des Volkes«, in Paris, bis endlich in den Weihnachtstagen des Jahres 1832 auf dem Burschentage zu Stuttgart – so erscheint es wenigstens nach den Darstellungen des Bundestages – der definitive Beschluß gefaßt wurde, die Einheit und Freiheit Deutschland's auf dem Wege der Revolution zu erstreben. Für solche und ähnliche Pläne waren die Führer der constitutionellen Opposition nicht zu gewinnen;
Jordan, Rotteck, Welcker
, und Andere gingen auf nichts derartiges ein und ebensowenig fanden die revolutionären Emissäre großen Anklang unter dem geringeren Volke, bei Bauern und Handwerkern. – – Die Hauptschauplätze der inneren Bewegung und der heimlichen Zusammenkünfte waren die
Pfalz, Baden, Würtemberg
und namentlich
Oberhessen
, doch wurde auch im Norden, vorzugsweise in
Göttingen
, gewirkt. Die Hauptführer bereisten verschiedene Gegenden um da die Stimmung zu erkunden, aber die Fäden des Ganzen liefen hauptsächlich in
Frankfurt
und
Butzbach
zusammen. An ersterem Orte waren besonders Dr.
Gärth
, Gustav
Bunsen
und Dr. von
Rauschenplath
thätig; in Oberhessen der Pfarrer
Weidig
, der Apotheker
Trapp
, ein Pfarrer
Flick
und ein Militärarzt
Breidenbach
; in Stuttgart der Buchhändler
Frankh
– es waren Männer aus allen Lebenskreisen, die sich da in gleichem Streben zusammenfanden, und die Verbindung mit den Studenten der verschiedenen Hochschulen unterhielten. Wie weit sich diese Fäden noch höher hinauf spannen, ist jetzt wohl kaum noch zu ermitteln, wie viel man auch seinerzeit darüber gemunkelt hat. Man wollte von einflußreichen Beamten und Staatsmännern wissen, die im
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