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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Herumstehenden mit Zurufen begrüßt, als sich plötzlich dieses friedliche Publikum von dem Militär überfallen und mit Säbelhieben auseinander gejagt sah. Man schob zwar nachträglich die Schuld auf den Polizei-Präsidenten, aber solche Vorgänge mußten doch trotz der befriedigenden Verfassung neue Aufregungen hervorrufen. Sie steigerten sich durch die lächerlichsten Eingriffe des Regenten in persönliche Angelegenheiten; so erlies er unter Anderem ein
Schnurrbartverbot
, was leider zwanzig Jahre später in Hessen-Darmstadt nachgeahmt wurde. Bald aber gerieth der Fürst auch, was ernstere Folgen haben sollte, mit der Kammer in den heftigsten Hader. Hier, wie überall, enthüllte es sich in den dreißiger Jahren von nun an mehr und mehr, wie man das Verfassungswesen nur als einen Köder der Beschwichtigung hingehalten hatte, aber die gesetzlichen Schranken, die nach oben hin daraus hervorgehen sollten und mußten, durchaus nicht anerkennen mochte. Selbst in Baden, welches ich kaum erst rühmend erwähnt, nahm die eine Hand rasch wieder, was die Andre gegeben. – –
    Diesen Anzeigen gegenüber suchte sich nun die freisinnige Opposition gleichfalls fester zu organisiren; um dies zu bewerkstelligen, rüstete man sich in der
baierischen Pfalz
zu einem großen Feste, einer allgemeinen deutschen Volksversammlung, die eine Verbrüderung aller Derer herbeiführen sollte, welche nach der Wiedergeburt des Vaterlandes strebten. Dr.
Siebenpfeiffer
entwarf die Einladung dazu und als Versammlungsort wurde die Maxburg, das sogenannte
Hambacher Schloß
, bei Neustadt a. d. H. bestimmt. Die Einladung, von vierunddreißig Bürgern Neustadts unterzeichnet, führte den Titel:
der Deutschen Mai
, denn am 27., 28. und 29. Mai 1832 sollte die Versammlung stattfinden. Sie wurde anfänglich von der bayerischen Regierung verboten, als aber mehrere Städte, darunter auch Neustadt, dagegen protestirten, ließ man die Demonstration doch ihren Verlauf nehmen, und so fanden sich denn an den genannten Tagen 30–40,000 Menschen auf dem Hambacher Schloße zusammen. Viele Polen, Franzosen und Elsässer befanden sich unter ihnen und zahlreiche Adressen liefen aus Deutschland sowohl, wie aus Frankreich ein. Alle Theilnehmer waren mit schwarzroth-goldnen Kokarden geschmückt, und Fahnen derselben Farben flatterten dem Zuge voran, der sich in geordneten Reihen hinauf auf das Schloß begab. Die Hauptreden während der Versammlung hielten
Siebenpfeiffer
und
Wirth
; sie stellten darin die Wiedergeburt und Einheit Deutschlands als Hauptsache voran, wenn man aber heute diese und andere Reden liest, kann man sich, wie bei jenen auf der Wartburg, wiederum der Wahrnehmung kaum verschließen, wie viel Phrasenhaftes und Declamatorisches dieselben enthalten. Doch lag dies wohl in der Natur der Sache; ein politisch unreifes Volk, dessen Rechtsgefühl aber bis in's Innerste gekränkt und empört ist, sucht sich bei solchen Gelegenheiten wenigstens durch das Pathos der Rede Luft zu machen, da ihm jedes Handeln versagt bleibt. – Sehr wacker und ohne Schen vor den anwesenden Franzosen redete Dr.
Wirth
; er sagte es frei heraus, daß Frankreich's Gelüste nach dem linken Rheinufer noch lange nicht erloschen seien, daß man sich darum in Deutschland wohl zu behüten habe, und den Franzosen auch nicht in Freiheitssachen um seine Hülfe angehen dürfe, weil er sonst unbedingt den vaterländischen Strom als Kampfpreis fordern werde. Dabei deutete er offen darauf hin, wie die Stunde von Deutschland's Wiedergeburt zugleich auch
jene Stunde
sein müsse, da
Elsaß
und
Lothringen
auf's Neue mit dem Mutterlande vereinigt werden müßten. Neben solch' patriotischen Worten machten sich denn leider auch rohe und blutdürstige Reden breit; doch wurde das von den Führern gegebene Versprechen vollkommener Ruhe und Ordnung eingehalten und die drei Tage verliefen ohne jede Störung, wie ohne jeden Exceß. Auch bestimmte Verabredungen wurden auf der Maxburg nicht getroffen; man bezweckte unpractischer Weise nichts, als nur eine revolutionäre Stimmung zu erwecken und zu nähren, statt daß man sich über ein ernstes Vorgehen geeinigt hätte. – Gleichzeitig hatten auch an anderen Orten ähnliche Versammlungen stattgefunden; hie und da wurden Freiheitsbäume aufgepflanzt, was in unangenehmer Weise an die französische Revolution erinnerte. Bei Würzburg, wo eine ähnliche Demonstration stattfand, nahm das Volk den
Bürgermeister Behr
, nach einer von ihm gehaltenen Rede auf die

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