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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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aber
handelten
die Regierungen nach diesen geheimen Beschlüssen; man löste die Kammern auf, die sich widerspenstig zeigten, man verweigerte liberalen Beamten den Urlaub, wenn sie als Abgeordnete gewählt wurden, und was dergleichen Chicanen mehr waren. Die freie Stadt Frankfurt aber bekam eine Bundesbesatzung von preußischen und österreichischen Truppen, um das treffliche Bundesinstitut vor neuen Angriffen sicher zu stellen. –
    Leider konnten alle diese Maßregeln neue Studentenverschwörungen nicht verhindern; je schlimmer die Reaction auftrat, um so mehr erhitzten sich die Gemüther und glaubten sie sich zum äußersten Widerstande berechtigt, trotzdem das Schwert des Damokles über allen freigesinnten Häuptern schwebte.
    Einen besonders gehässigen Character nahmen die politischen Processe in Baiern gegen jene Männer an, die bei dem Hambacher Feste, welches man als den Anfang der politischen Aufregungen betrachtete, an der Spitze gestanden. Sie wurden nach und nach Alle in Untersuchung gezogen, Wirth, Siebenpfeiffer, Schüler, sowie auch Behr, Eisenmann und Andere. Ein Theil dieser Männer kamen vor das Schwurgericht der baierischen Pfalz, wo diese Einrichtung noch von den Franzosen her bestand. Sie wurden von den Geschwornen frei gesprochen, aber, gegen alles Recht, Keiner von ihnen entlassen. Siebenpfeiffer gelang es nach Frankreich zu entfliehen,
Wirth
, auf den man es besonders abgesehen, wurde noch einmal vor das Zuchtpolizeigericht gestellt und von diesem dann auch glücklich zu einer entehrenden Strafe von zwei Jahren Zuchthaus verurtheilt. Nach Kaiserslautern abgeführt, um dort seine Strafe zu verbüßen, behandelte man ihn so ganz wie einen Züchtling, daß er, der die Geschichte Deutschland's geschrieben, während seiner Haft 70 Paar wollene Strümpfe stricken mußte. Widmann, Eisenmann und noch Mehreren erging es fast noch schlimmer, denn außer der Freiheitsstrafe, die sie traf, muthete man ihnen – es war ein fast orientalisches Machtgebot – noch zu, vor dem
Bilde
des Königs Abbitte zu thun, weil man annahm, dieser sei durch ihre freiheitlichen Bestrebungen persönlich beleidigt worden. Eisenmann war zu diesem Schritte nicht zu bewegen und so verließ er den Kerker erst nach vielen, vielen Jahren, als ein vollständig gebrochener Mann. –
    In Baden und Hessen waren jetzt natürlich der Reaction auch Thor und Thüre aufgethan; im letzteren Lande namentlich fand das Metternich'sche System unter dem persönlich gutmüthigen, aber unendlich schwachen Großherzog Ludwig II. die entschiedensten Vertreter. Dies trat scharf zu Tage, als in der Kammer, in welcher eine freisinnige Opposition vorwog, im Jahre 1833 durch die Abgeordneten E. E. Hoffmann und Heinrich von Gagern ein Protest gegen die Bundestagsbeschlüsse von 1832 beantragt und die Gelder für ein neues Schloßgebäude, bei dem schlechten finanziellen Stande des Landes und der großen Armuth des Landvolkes, verweigert wurden. Hierbei kam es zum offenen Bruch zwischen Regierung und Kammer, die letztere wurde aufgelöst und alle freisinnigen Beamten, die in der Kammer gegen die Regierungsvorlage gestimmt hatten, wie Jaup, Höpfner, v. Gagern, v. Brandis und Andere ihrer Stellen entsetzt. Diese Vorgänge riefen große Aufregung hervor, welche sich noch vermehrte, da zwei als freisinnig bekannte Männer verhaftet wurden. – der Pfarrer Weidig zu Butzbach und der pensionirte Lieutenant Wilhelm Schulz, dessen Volksschriften ich bereits genannt habe. Letzterer hatte fortgefahren, in populärer Weise das Volk über seine Bedürfnisse und berechtigten Wünsche aufzuklären, jetzt wurde ihm eine neue Schrift zum Verbrechen gemacht, die
theoretisch
darlegte, in welcher Weise dem Bundestage ein deutsches Parlament, welches die Nation vertreten würde, möchte beigegeben werden. Schulz wurde zur Verantwortung gezogen und, obgleich durch seine Pensionirung dem Bürgerstande zurückgegeben, dennoch widerrechtlich vor ein Kriegsgericht gestellt, dem es natürlich nicht schwer wurde, aus seinen Schriften genügende Verstöße gegen die militärische Subordination herauszufinden. – Man verurtheilte ihn zur Kassation, zum Verlust seiner Pension und zu fünf Jahren scharfer Festungshaft auf der Festung
Babenhausen
. Schulz litt nicht lange in seiner Haft – zur Freude aller Freigesinnten gelang es seiner muthigen und geistvollen Gattin, einen so wohl überlegten Fluchtplan einzufädeln, daß er in der stürmischen Neujahrsnacht von 1834 auf 35

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