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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Viele wurden dort aufgefunden, Andre in den Nachbarstädten, wohin sie flüchteten, verhaftet und wir sehen abermals eine Centraluntersuchungscommission zusammenberufen, die in Frankfurt ihren Sitz nahm und an Verfolgungssucht und Härte mit der früheren Mainzer Commission wetteiferte. Wie Jene, bemühte sie sich eifrigst einen Zusammenhang der Verschwörung mit den oppositionellen Führern der süddeutschen Kammern nachzuweisen, was jedoch nicht gelang, wie sehr man diese Männer auch verdächtigte und anschwärzte. Am schwersten mußte für den bloßen Verdacht der unglückliche
Jordan
, Professor in Marburg, büßen, weil von ihm, jedoch ohne jeglichen Beweis, behauptet wurde, er habe von der Sache gewußt. Viele Jahre lang schmachtete der Unglückliche in der schändlichsten Kerkerhaft. Das Urtheil, welches über ihn erging, lautete: »wegen Beihülfe zu versuchtem Hochverrath durch Nichtverhinderung hochverrätherischer Unternehmungen, mittelst unterlassener Anzeige.« –
    Verhaftungen folgten auf Verhaftungen an allen deutschen Hochschulen; noch nach Jahren wurden junge Männer, die inzwischen schon in bürgerliche Aemter eingetreten waren, in jahrelange Untersuchungshaft gezogen. Ein unvorsichtig hingeworfenes Wort, das Auffinden eines dreifarbigen Bändchens oder Pfeifenkopfes, oder irgend eines Gegenstandes, welcher die französischen Farben oder das burschenschaftliche Schwarz-roth-gold an sich trug, genügten, einen jungen Mann einzukerkern und ihm die härtesten Strafen zuzuziehen.
    Wider alles Recht wurden die jungen Leute, wenn es verlangt wurde, an die betreffenden Staaten, denen sie angehörten, ausgeliefert. Besondere Untersuchungscommissionen waren noch außer der Frankfurter in München und Berlin eingesetzt, wo man die Angeklagten öfter zum Tode verurtheilte und dann zu zwanzig oder dreißigjähriger Festungshaft begnadigte. Sechs bis acht Jahre später, wenn ihre geistige Kraft gebrochen, ihre Existenz im Heimathlande vollständig vernichtet war, und sie sich fremder daheim fühlten, als weit in der Ferne, entließ man sie dann öfter der Haft. Ein hervorragendes Opfer jener schlimmen Tage war der berühmte Schriftsteller
Fritz Reuter
, und in ergreifendster Weise hat er in seinem Buche: Ut mine Festungstid, es geschildert, wie er und seine Genossen zuerst als gemeine Verbrecher behandelt, nach und nach geistig herunterkamen und dann, als die Gefängnißpforte sich vor ihnen wieder aufthat, draußen standen, wie Abgestorbene, die in's Leben plötzlich zurückkehren.
    Auch der Militäraufstand, den Koseritz vorbereitet und der einen Tag zu spät kam, verpuffte, wie der Frankfurter Krawall; Koseritz wurde verhaftet, aber bald danach in aller Stille nach Amerika entlassen, so daß das Gerücht, der König von Würtemberg sei der ganzen Sache nicht fremd gewesen, neue Wahrscheinlichkeit gewann.
    Den Schlußstein der Reaction bildete dann nach diesen Vorgängen die
Wiener Conferenz
, welche dort vom Januar bis zum Juni 1834 statthatte. Es wurden jetzt Bestimmungen getroffen, welche das Verfassungsleben nur noch zum Scheine fortbestehen ließen. Von nun an sollten etwaige Streitigkeiten über Auslegung von Verfassungsvorschriften durch ein Schiedsgericht, das der Bund zu wählen hatte, entschieden, das
Budget
der einzelnen Staaten nicht mehr in specificirten Posten, sondern nur noch ganz allgemein bewilligt werden. Die Censur wurde auf's Aeußerste verschärft und wahrhaft drakonische Bestimmungen gegen die Universitäten beschlossen. Alle Burschenschafter sollten fortan von jedem Staats- und Kirchenamt, von allen academischen Würden, von der Advocatur, ja sogar von der ärztlichen Praxis ausgeschlossen sein. Die schwere Zeit brach an, wo das »
schwarze Buch
« seine berüchtigten Dienste zu leisten begann, und wehe Jedem, dessen Name darin verzeichnet stand; mochte er der geistvollste, gelehrteste, brauchbarste Mann sein, war er dort genannt, so durfte er niemals auf eine Förderung oder Anstellung vom Staate hoffen. Bis zum Jahre 1866 hat dieses Buch bestanden, und als es nach jener Zeit veröffentlicht wurde, mochte Mancher mit Erstaunen seinen eignen, ungefährlichen Namen darin finden. – Indessen hütete man sich wohl die oben genannten Beschlüsse
laut
werden zu lassen; erst 1843 kamen sie in Karlsruhe in einer anonymen Schrift heraus. Nur die Bestimmungen über das Schiedsgericht und die Einschränkungen, welche die Universitäten trafen, wurden veröffentlicht. Um so eifriger

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