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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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verlangten von Kaiser Franz, wieder in ihre Rechte eingesetzt zu werden. Wie konnte dieß geschehen ohne eine vollständige Rückkehr zum Alten? Aber auch vernünftige, treffliche Vorschläge ließen sich hören und ich
betone
, namentlich in Hinblick auf unsere neueste Tagesgeschichte, den Antrag des edlen und freisinnigen
Wessenberg
, des Bischofs von Constanz, auf Bildung einer deutschen, katholischen Kirche, unabhängig von Rom, unter einem
deutschen Primas
. Damit sollte sich eine gesetzliche Ordnung der Verhältnisse zwischen Staat, Kirche und Schule vereinigen. – Kehrte hier doch derselbe Gedanke wieder, der bereits im Mittelalter unsre kräftigsten Kaiser, und namentlich den Hohenstaufen Friedrich I. 2 beschäftigt hatte, der jedoch immer an dem Geist der Zeiten nicht so sehr, als an der Eifersucht der deutschen Fürsten unter einander scheitern sollte. – So langsam reifen oft die Ideen der Geschichte, daß wir erst heute einem vernünftigen Ziele mit Entschiedenheit entgegen zu gehen scheinen.
    Die leitenden Staatsmänner in Wien waren eben durchaus nicht dazu angethan, solchen und ähnlichen Gedanken Sympathie und guten Willen entgegen zu bringen. –
Fürst Metternich
, der glatte, listige Salonmensch, wurde wieder sehr bald der Mittelpunkt aller Verhandlungen und Intriguen, und schnell gesellte sich zu ihm, als verwandtes Element, der Bevollmächtigte Frankreichs,
Talleyrand
. Beide theilten mit einander die Trägheit und Gleichgültigkeit des Herzens gegen alles Große und Wahre; die Oberflächlichkeit, Sittenlosigkeit und Genußsucht der Kreise, in denen sie sich bewegten, nicht weniger auch den Mangel an jeder fruchtbaren politischen Schöpferkraft. –
Kaiser Franz
, durch Metternich vollständig beherrscht, war bekanntlich in allen geistigen Dingen eine Null; denk-und arbeitsfaul und stets nur zu kleinlichen Spielereien aufgelegt. Die zahllosen Audienzen, die er ertheilte, die Möglichkeit, daß Jeder zu ihm gelangen konnte, erwarben ihm das Epitheton: Der gute Kaiser Franz! welches hier schlecht genug angebracht war, denn wenn ihn auch zuweilen das Geschick eines Einzelnen zu rühren vermochte, so konnte er doch mit stumpfer Gleichgültigkeit das Schicksal ganzer Völker preisgeben. Dabei hatte sich in ihm mehr und mehr die Frucht seiner italienischen Erziehung entwickelt;
die Falschheit
, das Mißtrauen, selbst gegen seine eigne Familie –, und so paßte ihm ein Minister, wie Metternich, der in nichts so wohl erfahren war, als in Polizeikünsten aller Art, wie der Handschuh auf die Hand. Alle Zeitgenossen Metternich's stimmen darin überein, daß derselbe im Ganzen ein mittelmäßiger Kopf, von oberflächlichster Bildung gewesen, dagegen ein Meister in allen feinen Formen der Geselligkeit und des Verkehrs, und immer da, wo es sich um tiefer eingehende Fragen handelte, ein »Schweiger«, eine Sorte von Menschen, die, wie wir uns täglich selbst zu überzeugen vermögen, gewöhnlich imponiren, weil man annimmt, sie schwiegen entweder aus überlegner Zurückhaltung oder einem besser unterrichteten Urtheil, die aber nur darum schweigen, weil sie nichts zu sagen wissen. »
Einen lackirten Staub
«, so nannte Metternich zur Wiener Zeit der Schweizer Merian, aber dieser Staub verbrauchte unsinnige Summen, um seiner Verschwendung und Genußsucht Genüge zu leisten, und es war bekannt, in welchem Grade er darum der Bestechung zugänglich war; nicht weniger empfänglich zeigte er sich für die Einflüsterungen schöner Frauen, die nur zu oft durch seinen Einfluß regierten, und gerade auf dem Wiener Congreß interessirte ihn sein Liebesverhältniß zu der reizenden Herzogin von Sagan weit mehr, als die ernsten Fragen des Tages. Ich mußte etwas eingehender bei der Characteristik dieses Mannes verweilen, denn sie ist zugleich der Stempel einer Politik, die sich bald nur zu verhängnißvoll über die deutschen Geschicke lagern sollte – jeder tieferen staatsmännischen Einsicht, jeder sittlichen Anschauung und Erwägung bar. Mit gerechtem Schmerze schrieb damals
Stein
: »Es ist jetzt die Zeit der Kleinheiten, der mittelmäßigen Menschen; Alles das kommt wieder hervor, und nimmt seine alte Stellung ein, und diejenigen, welche Alles auf das Spiel gesetzt haben, werden vergessen und vernachlässigt.«
    So erging es auch ihm, nur als Zuschauer wohnte er dem Congresse bei, und die leitenden preußischen Staatsmänner hatten nicht die Kraft der Strömung zu widerstehen;
Fürst Hardenberg
war ja viel zu

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