Deutsche Geschichte Von 1815-1870
der unternommen ist, und den die Nation ausführen wird.« – Der König antwortete darauf unter Anderem: »Die Einheit Deutschlands liegt mir am Herzen, sie ist ein Erbtheil meiner Mutter!« Worauf Gagern noch einmal erwiderte: »Wir wissen, daß Eure Majestät der Pfleger dieses Gedankens sind.« –
Der König entfernte sich, kam zurück und sagte, daß er sich freue, die Herrn gesehen zu haben, dies sei nothwendig, um gute Freunde zu werden! dann schloß er seine Rede mit den bedeutungsvollen Worten: »Seien Sie überzeugt, daß ich nie vergessen werde, welch ein großes Werk zu gründen Sie berufen sind, wie ich überzeugt bin, Sie werden nicht vergessen, daß es
in Deutschland Fürsten
gibt und ich zu diesen gehöre!« –
Das war deutlich gesprochen, Gagern und die Seinen fingen jetzt an einzusehen, und erfuhren es bald noch mehr, daß die Fürsten nicht daran dachten, die Verfassung, welche aus dem Schooße des Parlaments hervorgehen sollte, ohne Weiteres anzunehmen; sie sahen, Würtemberg ausgenommen, in der Versammlung nicht eine
konstituirende
, sondern nur eine
berathende
, deren Entschlüsse mit den ihrigen vereinbart werden mußten. Es wurde klar, daß man nichts halb thun, daß man die National-Souveränität nicht verkündigen dürfe, wenn man sich scheute, nach den richtigen Mitteln zu greifen, die sie allein zu begründen vermochten. – Um jetzt Zeit zu gewinnen, bis ein einheitlicher Bundesstaat mit preußischer Spitze konnte geschaffen werden, legten
Dahlmann
und Genossen zuerst den Entwurf der
deutschen Grundrechte
vor, und die preußisch gesinnte Parthei war darauf bedacht, daß derselbe möglichst langsam berathen wurde. Dies erschütterte das Ansehen des Parlaments und sehr bald sollte sich der traurige Beweis ergeben, wie wenig man in und außerhalb Deutschlands noch nach ihm fragte, als es sich um die Ordnung der Verhältnisse Schleswig-Holsteins zu Dänemark handelte. –
Wir haben von den ersten dortigen Vorgängen und der Begeisterung der Herzogthümer für Deutschland, die eine gegenseitige war, bereits gehört. Das Jahr 1848 sollte auch dort Entscheidendes bringen; am 21. März war Kopenhagen der Schauplatz einer großen demokratischen Bewegung und der König sah sich gezwungen, aus der demokratischen Parthei ein neues Ministerium zu bilden, mit dem bekannten Orla Lehmann, dem größten Feinde der selbstständigen Herzogthümer, an der Spitze. Wie die aufgeregten Slaven von einem großen Slavenreiche, so träumte man damals im Norden von der Herstellung eines mächtigen skandinavischen Bundes, der Dänemark, Schweden und Norwegen umfassen, und ihnen die Herrschaft über die nördlichen Meere sichern sollte. Auch dieses Element stellte sich feindlich zu Deutschland, welches man erst in zweiter Linie dulden wollte. Es war eben immer wieder der alte Streit und Kampf, wie er schon seit Jahrhunderten gewährt.
Die dänischen Demokraten und ihr eben genannter Führer waren es nun zumeist gewesen, welche die definitive Einverleibung der Herzogthümer, zur größeren Stärkung Dänemarks, mit fanatischem Eifer betrieben. Ihr offen ausgesprochenes Programm lautete:
Dänemark bis zur Eider
! und so mußte nothwendigerweise ihr Sieg in Kopenhagen, ihr Besitzergreifen der Regierung, gleichzeitig für die Herzogthümer das Signal der Empörung werden, um so mehr, als von Seiten des neuen Ministeriums nun
Schleswig
ohne Weiteres durch ein dänisches Manifest, welches aussprach, daß ein Schleswig-Holstein nicht mehr existire, Dänemark einverleibt wurde. Man gestattete
Holstein
, bei dem deutschen Bunde zu bleiben, was ja auch nicht anders sein konnte, sprach aber damit nochmals die ewige Trennung der beiden Bruderstämme aus. Als Antwort auf diese Vorgänge bildete sich am 22. März 1848 eine provisorische Regierung für die Herzogthümer, an deren Spitze der Herzog von Augustenburg, Graf Reventlow und der Advocat Beseler standen. Von der Bevölkerung allgemein anerkannt, mit Ausnahme einiger Distrikte Nord-Schleswigs, wo die dänischen Sympathien vorwogen, stellte diese Regierung als ihre Richtschnur wiederholt die drei Punkte auf, auf welche sich das Recht und das Verlangen der Herzogthümer stützte:
Erstens, die staatliche Selbstständigkeit der Herzogthümer.
Zweitens, die Unzertrennlichkeit Beider.
Drittens, die Erbfolge ihrer Regierung nach dem Mannesstamm.
Haben wir nun schon im Jahre 1846 gesehen, wie groß die Sympathie Deutschlands für den Bruderstamm im Norden gewesen, so
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